Liebes Uro-Team,
auf Rat von Herrn Dr. Busse platziere ich mein Anliegen mit der Bitte um eine Expertenmeinung bei Ihnen.
Ich bin ein bisschen ratlos. Mein bald 8-jähriger Sohn macht wieder zunehmen nachts ins Bett. Zur Vorgeschichte:
Kurz nach seinem 2. Geburtstag kam mein Sohn von Oma und Opa wieder und war tagsüber trocken. Von einem Tag auf den anderen. Ein paar Monate später dann auch nachts. Vor ca einem Jahr oder eineinhalb Jahren hat es dann angefangen, dass er immer mal wieder ins Bett gemacht hat. Dann auch wieder ein paar Monate nicht. Seit Ende letzten Jahres wird es immer mehr. Mittlerweile kommt es jede Woche vor.
Alles was wir tun können, haben wir auch gemacht denke ich. Ab 18 Uhr bekommt er nichts mehr zu trinken. Wenn, dann nur noch einen Schluck Wasser.
Dann habe ich ihn in den verschiedenen Situationen beobachtet. Es sind meistens sogar Tage, da steht nichts an. Also vielleicht, dass er aufgeregt oder traurig o.ä. ist, nichts. Es ist jetzt schon ein halbes bis 3/4 Jahr so und es sind auch familiär oder in der Schule keine Veränderungen, dass man auf die Psyche schließen könnte.
Ich muss dazu sagen, dass er wirklich tief schläft. Und er sagt selbst, er merkt es nicht, er wacht auf und dann ist es schon passiert.
Beim Kinderarzt war ich auch schon und habe seinen Morgenurin abgegeben, als er zuvor eingenässt hat. Nichts zu finden. Die Werte sind alle super. Der Kinderarzt hat mich auch mit der Bemerkung nach Hause geschickt, dass ich es einfach akzeptieren soll, manche Kinder sind eben davon betroffen. Ich solle es möglichst ignorieren und schnell das Bett machen.
Das habe ich jetzt auch ein paar Wochen gemacht. Mir geht es bei Weitem nicht um die Wäsche, ich kann aber nicht akzeptieren, dass es einfach so sein soll!! Da muss man doch was machen können! Es belastet meinen Sohn ja.
Wären Sie so nett und würden mir Ihre Meinung dazu schreiben?
Ich finde die Aussage von meinem Kinderarzt sehr einfach.
Vielen lieben Dank im Voraus!!!
Steffi
von
Steffi01984
am 23.05.2019, 19:15
Antwort auf:
8-jähriger nässt nachts wieder ein
Hallo Steffi01984
Ich muss zugeben, es ist wirklich ungewöhnlich, dass ein Kind solange (ca. 4,5 bis 5 Jahre) staubtrocken (wirklich staubtrocken???) war und dann erneut einnässt.
Es kann verschiedene Gründe hierfür geben.
Den ersten haben sie schon selbst beschrieben. Ihr Sohnemann ist offensichtlich sehr schwer bis gar nicht erweckbar, also ein sogenannter Tiefschläfer. Das bedeutet, er spürt in der Tat nachts weder den Harndrang noch das Einnässen. Dieses Problem betrifft in seinem Alter noch ca. 6 bis 10 % aller Kinder. Die Frage ist, weshalb hat er solange trocken durchgeschlafen??
Gut möglich ist, dass seine Blasenspeicherfähigkeit nicht altersgemäß entwickelt und zu gering ist. In seinem Alter sollte er frühestens bei 180 ml und spätestens bei ca. 270 ml Harndrang verspüren. Dies kann man gut nachprüfen indem man Blasentagebücher erstellt. An 2 aufeinander folgenden Tagen sollte jede Miktion aufgefangen, abgemessen und dokumentiert werden, ebenso die Trinkmenge, die über den Tag verteilt getrunken wird. Sie können diese Blasentagebücher herunterladen über "www.kontinenzschulung.de" - "Startseite der KgKS" – dann unten links "Download Diagnostik".
Trinkt ihr Sohnemann tags sehr große Mengen, scheidet sehr große Mengen Urin tags und nachts aus, sollte der Kinderarzt weiter Diagnostik in Betracht ziehen, unter anderem einen sogenannten Durstversuch.
Sind die Mengen altersgerecht – könnte eine sogenannte Weckapparattherapie nachts (Klingelhose) zum Erfolg führen.
Sind die Ausscheidungsmengen zu gering, müsste zunächst die Speicherfähigkeit der Blase gesteigert werden. Dies gelingt häufig schon mit einer ausreichend und regelmäßig über den Tag verteilten Trinkmenge. Für ihren Sohn bedeutet dies 7x am Tag ca. alle 2 Stunden 200 ml bis 250 ml trinken (bis mittags 60%, am Nachmittag 40%) und abends ca. 2 Stunden vor dem Schlafen nichts mehr (evtl. ist er mit diesem Trinkverhalten schon häufiger trocken nachts). Den Toilettengang vor dem Einschlafen natürlich nicht vergessen ;-))).
Ein Medikament mit dem Wirkstoff „Propiverin“ hat häufig ebenfalls den Effekt, dass die Speicherfähigkeit der Blase gesteigert werden kann um dann im Anschluss vielleicht eine Weckapparattherapie durchführen zu können.
Diese Therapie ist allerdings sehr anstrengend für alle Beteiligten, so dass die meisten Patienten sich für das „Abwarten“ entscheiden :-))), da jedes organisch gesunde Kind tatsächlich ganz von allein nachts eine gute Blasenkontrolle erwirbt.
In diesem Fall empfehlen wie unseren Patienten das Tragen von Windeln um allen Beteiligten den Leidensdruck zu ersparen.
Ihr Kinderarzt kann sie natürlich auch bei einem unserer urotherapeutischen Kollegen in ihrer Nähe zu einer ausführlichen Diagnostik überweisen: zu finden auf unserer Website unter „Infos zum Thema Einnässen“ „Beratungs- und Schulungszentren/ -Praxen“.
Ich hoffe ihnen damit eine Idee über die Problematik ihres Kleinen gegeben zu haben. Bei Bedarf dürfen sie sich gerne erneut über dieses Forum an uns wenden.
Herzliche Grüße
Conny Ackmann
von
Conny Ackmann
am 23.05.2019