Liebe Frau Bader,
Ich frage für eine Freundin, deren Kind (9 Jahre) ich auch in der Kita betreut habe. Ich kenne nur ihre Version, der Vater ist mir jedoch aus der Kita bekannt.
Die Eltern sind seit der Geburt getrennt, nach 3 Jahren wollte der Vater jedoch Kontakt und Umgang, der heute gerichtlich festgelegt ist auf jedes zweite Wochenende. Der Junge wollte am Anfang nicht zum Vater. Dieser erpresste den Jungen jedoch ( geheime Spielzeugkiste, Kätzchen, Computerspiele...), bis er zustimmte.
Es stand auch schon sexueller Missbrauch im Raum und der Junge äußert regelmäßig, dass es Geheimnisse mit Papa gibt, die er nicht sagen darf, doch darauf wurde offiziell nicht weiter eingegangen, was die Mutter stark belastet. Sie nimmt ganz viel Beratung an, besucht auch das SPZ usw., der Vater jedoch droht immer wieder mit Gericht statt an Gesprächen teilzunehmen.
Nun wurde es die letzten Monate wieder schlimmer, dass der Junge nicht mehr zum Vater will. Er weint und schreit, wenn er dort hin muss und die Mutter weiß nicht, was sie tun soll. Auch er selbst fragt, warum er nicht entscheiden darf, ob er zum Vater geht oder nicht. Trotz der vielen fragwürdigen Privilegien, die er beim Vater genießt (Gruselfilme, YouTube Kanal, "Ballerspiele") möchte er dort einfach nicht mehr sein.
Mir bricht es das Herz ihn und seine Mutter in dieser Situation zu wissen und frage, was sie noch tun können, damit das Kind gehört wird oder müssen sie bis zu einem bestimmten Alter durchhalten? Geht es nicht um das Kindeswohl, statt um die Rechte des Vaters?
Vielen Dank für Ihre Antwort
von
angi159
am 03.03.2022, 20:25
Antwort auf:
Wann darf ein Kind entscheiden?
Hallo,
Umgang wird auf jeden Fall stattfinden. Das kann das Kind nicht entscheiden. Erst mit so 15 - 16. Wenn der Verdacht im Raum steht, muss dem off. nachgegangen werden. IdR mit einem Gutachten. Grds. kann dann betreuter Umgang stattfinden.
"Der Vater droht mit Gericht". Ja, ist doch super. Ich nehme das nicht als Drohung, sondern als gute Idee wahr.
Liebe Grüße
NB
von
Nicola Bader, Rechtsanwältin
am 04.03.2022
Antwort auf:
Wann darf ein Kind entscheiden?
Verdacht auf sexuelle Mißbrauch - ist dieser angezeigt worden oder hat die Mutter/Freundin dass nur dir gegenüber geäußert? Normalerweise zeigt man so etwas doch an.
Wie du selber sagst - du kennst die Version des Vaters nicht.
Ein 9 Jahre altes Kind würde vom JA oder einem Richter auch befragt werden - entscheiden dürfte es wohl aber nicht alleine. Nur mal so: kann es nicht auch sein, dass die Mutter da sehr gegen den Vater agiert u das Kind beeinflusst? Ich verstehe es so, dass der mutmaßliche Mißbrauch nicht angezeigt wurde - das macht mich stutzig. Oder aber dr Verdacht wurde entkräftet? Auch dann würde ich mich fragen, warum dieser in den Raum gestellt wurde. Ich kenne sehr wohl einen Fall, in dem der Vater so agiert wie hier beschrieben- aber eben auch Fälle, in denen die Mutter alles tun würde, um eine Bindung zum Vater unmöglich zu machen.
von
cube
am 03.03.2022, 22:24
Antwort auf:
Wann darf ein Kind entscheiden?
Genau das ist das Problem, ihr wird vom Vater vorgeworfen das Kind zu manipulieren. Ich kenne Sie schon sehr lange und kann es mir nicht vorstellen. Sie versucht ihrem Sohn immer gut zuzureden und wollte von Anfang an, dass es eine gute Beziehung zum Vater gibt. Ich glaube ihr einfach und ich kenne auch den Jungen und den Vater aus der Kitazeit. Ich habe die Manipulationen ("wenn du öfter zu mir kommst, dann mache ich die Spielzeugkiste mit ganz viel Lego auf"/"dann holen wir ein Kätzchen") und die negativen Kommentare über die Mutter selbst mitbekommen.
Zum Missbrauch: der Junge hatte der Mutter gegenüber geäußert, dass er nicht vom Papa gewaschen werden will. Kurze Zeit später ging mitten in der Nacht eine Mail vom Vater! zum JA, in dem der Vater die Mutter beschuldigte, den Sohn zu missbrauchen, er habe selber Erfahrungen damit und kenne die Symptome. Daraufhin reagierte das JA sofort und untersagte jedoch dem Vater den Kontakt (wir haben entsprechende Unterlagen direkt in die Kita bekommen, die Geschichte stimmt also)
Dann fanden nur noch begleitete Kontakte statt, bis es schließlich doch wieder zum Umgang kam. Dann lief es einige Zeit ganz gut bis der Junge einmal äußerte, der Vater habe etwas auf dem Handy gesehen und dann "darauf gepullert". Die Mutter hat das nicht weiter mit dem Sohn besprochen, um ihn nicht zu irgendeiner Aussage zu drängen, sondern bespricht alles mit einer Beraterin, die das auch alles kritisch sieht. Aber es gibt keine klaren Beweise und deshalb wurde nichts unternommen und der Umgang bleibt bestehen.
Als der Vater eine Freundin hatte, war der Umgang wohl am entspanntesten. Diese pflegte vernünftigen Kontakt zur Mutter und der Junge ging auch lieber hin.
Natürlich kann man nie genau wissen, wie es wirklich ist. Aber ich glaube dem Jungen, dass er da nicht hin möchte, egal aus welchem Grund und ich frage mich, warum ein Neunjähriger das nicht selbst entscheiden darf.
Der gerichtliche Vertreter? des Jungen ergreift ganz arg Partei für den Vater. Wir hatten damals einige Gespräche mit ihm in der Kita und er zeigte sich sehr frauenfeindlich und nahm unsere Einschätzung zum Verhalten des Jungen zu der Zeit (plötzlich introvertiert, dann wieder Geschlechtsteil präsentiert etc...) überhaupt nicht ernst.
von
angi159
am 04.03.2022, 09:02
Antwort auf:
Wann darf ein Kind entscheiden?
Ich habe da definitiv andere Erfahrungen als Frau Bader hier schreibt. Meine Kinder haben vom Jugendamt begleiteten Umgang und niemand zwingt sie dazu. Beide sind unter 10 und eins möchte eigentlich nie mit.
von
Btby
am 04.03.2022, 12:07