Liebe Frau Bader,
ich danke für Ihre Mühe!
Folgende Frage beschäftigt uns: An unserer (privaten, staatlich anerkannten, freien) Schule ist geplant, alle Bestandsschüleren, die nicht bis Mitte März 2021 nachweisen können, dass sie gegen Masern vollständig immunisiert sind, auszuschließen, und an eine von der Stadt zugewiesene Schule zu schicken, auf der ungeimpfte Kinder unterrichtet werden sollen, mindestens aber an die zuständige staatliche Grundschule.
Da mir diese Vorgehensweise haarsträubend erscheint, mache ich mir Gedanken. Unser Kind wurde aus gesundheitlichen Gründen ärztlich begleitet bisher nicht geimpft, und wir möchten die Impfung gegen Masern (in Kombination mit Röteln, Mumps ist ungewollt dabei) möglichst spät durchführen lassen. Auch das hat gesundheitliche Gründe. Die Informationen zum Vorgehen in unserer Stadt/Schule sind unter der Hand unterwegs, es gibt bisher keine offizielle Stellungnahme. Da jedoch Neuzugänge aktuell so offiziell informiert werden, erscheint diese Planung mehr als ein Gerücht, sondern tatsächliche Vorgabe zu sein.
Meine Information (Bundesland Niedersachsen) ist so, dass grundsätzlich bis zum 31.7.2021 Zeit ist, Immunität nachzuweisen, wenn das Kind bereits auf die betreffende Schule geht, also nicht neu eingeschult wird oder wechselt.
Ist das geplante Vorgehen hier bei uns rechtlich durchsetzbar?
Ich freue mich auf eine Antwort!
Vielen Dank!
Sileick
von
Schniesenase
am 23.08.2020, 22:56
Antwort auf:
Masernschutzgesetz Fristen
Hallo,
eine private Schule ist grundsätzlich nicht verpflichtet, Kinder anzunehmen. Im Umkehrschluss bedeutet es, dass auch Kinder ausgeschlossen werden können. Ich finde das gar nicht haarsträubend, sondern eine konsequente Durchsetzung der Pflicht für Masern. Ich bin kein Verwaltungsrechtler, vertrete aber hier die Ansicht, dass die Schule an diese Frist in 2021 nicht gebunden ist.
Ich persönlich halte auch die Gründe, warum das Kind nicht gegen Masern geimpft ist, nicht für relevant. Denn wesentlich ist ja, dass dann kein Impfschutz vorliegt.
Liebe Grüße
NB
von
Nicola Bader, Rechtsanwältin
am 24.08.2020
Antwort auf:
Masernschutzgesetz Fristen
Ihr könnt das ja dann mit ärztlichem Schreiben sicher belegen, dass eine Impfung eben aus gesundheitlichen Gründen nicht/noch nicht möglich ist.
Das wird ja nun einige Kinder (und auch Erwachsene) betreffen und darf sicher nicht zu einem Schulausschluss führen.
Letztendlich soll die Impflicht ja auch genau diese Menschen schützen, die aus ges. Gründen nicht geimpft werden können.
von
cube
am 24.08.2020, 09:44
Antwort auf:
Masernschutzgesetz Fristen
Hallo noch einmal,
danke für beide Antworten. Es ist müßig, den Fall hier aufzudröseln.
Natürlich müssen Kinder, die medizinisch begründbar nicht geimpft werden können, nicht geimpft werden. Das bedeutet, sie können - auch bei einer privaten Schule - nicht ausgeschlossen werden, so lange es dazu eine ärztliche Stellungnahme gibt. Leider sind die im Gesetz aufgezählten Gründe, weshalb eine Impfung medizinisch abzulehnen ist, nicht umfassend. Ärzte machen sich strafbar, wenn sie Atteste ausschreiben, die sich nicht im Rahmen der im Gesetz vorgesehenen Ausnahmen befinden.
Die ethische Diskussion zur Aussonderung von Menschen, die sich gegen eine Impfung entscheiden, wird überall geführt, wir können sie uns hier sparen. Das Thema ist extrem angstbesetzt und äußerst emotional diskutiert, mit allen Konsequenzen, die das für eine in moralisch-ethischer Weise möglichst entwickelte Gesellschaft hat. Gerade zu Coronazeiten kommt denn was als nächstes? Menschen, die sich nicht genügend duschen und waschen? Menschen, die schlecht riechen? (Weil sie eher Keime übertragen?) Menschen, die bestimmte Medikamente nicht nehmen wollen? Weil sie dann ggf. ansteckender sein könnten?
Ich habe mit der stellvertretenden Schulleiterin gesprochen. Sie war entsetzt, welche Aussagen von Seiten der die neu angenommenen Eltern beratenden Mitglieder getroffen wurden und distanzierte sich davon. Ihre Aussage deckt sich mit meiner Kenntnis der Gesetzeslage: Die Pflicht, die Immunität nachzuweisen, liegt bei den Eltern, die Pflicht, dies bis zum 31.7.2021 zu kontrollieren, liegt bei den Schulleitungen. Diese haben ebenfalls die Verpflichtung, nicht immune Kinder an die Gesundheitsämter zu melden, welche sich dann - coronamäßig früher oder später - darum kümmern werden, diese Eltern anzusprechen. Es wird auch niemand von der Schule verwiesen, sondern die Gesundheitsämter übernehmen die weiteren Schritte. Möglicherweise plant die Stadt hier, Schulen festzulegen, auf die dann Impfverweigererkinder gehen sollen, was ich immer noch erstaunlich und als einen gewaltigen Rückschritt unserer freiheitlich demokraktischen Gesellschaft empfinde. Wir werden abwarten...
Insofern ist für uns alles im grünen Bereich. Wir können im Sommer impfen, wenn Allergien und Krankheiten allgemein weniger auftreten, und rechtzeitig den Nachweis erbringen. Bis dahin ist das Kind fast ein Jahr älter und weiter gekräftigt und entwickelt.
Angst ist kein guter Berater. Nie gewesen! Ich bleibe dabei, dass solche Auswüchse ganz unglaublich sind.
Das musste ich noch mal schreiben, ohne jetzt eine wilde Impfdiskussion anzufeuern, um die es mir hier gar nicht geht und für die dieses Forum der vollkommen falsche Platz ist.
Vielen Dank noch einmal, dass Sie sich/Du Dir die Zeit für eine Einschätzung genommen haben/hast!
Viele Grüße
Sileick
von
Schniesenase
am 24.08.2020, 22:54