Sehr geehrte Frau Bader,
mein Leben verlief anders als geplant. Mein Ex-Mann ist inzwischen schwerbehindert und Hilfe mit den beiden Kindern ist nicht mehr möglich. Wir sind geschieden.
Nun sagte mir eine Freundin, dass meine Steuerklasse II und der Unterhaltsvorschuss jederzeit mit unangekündigten Hausbesuchen überprüft werden könne und ich beispielsweise keinerlei fremde Wäsche oder Zahnbürsten im Hause haben dürfte. Sie war richtig besorgt, als sie meine Schrank sah.
Ich arbeite als Ärztin in Normal-, Spät- und Nachtdienst. Ich habe 2 Kinder unter 7 Jahren, eines in der Schule.
Um arbeitsfähig zu bleiben, habe ich Helfer, die die Kinder im Spätdienst (bis 22:30 Uhr) abholen und betreuen sowie nachts während des Nachtdienstes. Hierfür müssen sie die Große auch zur Schule fahren. Es ist sehr schwer. Da es 3mal pro Woche nötig ist, haben sie bei mir Zahnbürste und auch ein paar Sachen im Fach. Es passiert nun einmal, dass sie sich mit den Kindern einsauen. Es sind für die hohe Frequenz schon 5 Leute, niemand übernimmt auf Dauer einfach so an 3 Tagen der Woche beide Kinder. Es ist einfach angenehmer, wenn sie nicht immer mit Reisetasche kommen, was vergessen haben und und und.
Das kann mir jetzt zum Verhängnis werden? Ich bin froh, dass sie es machen und wenn sie den ganzen Tag nach ihrer Arbeit 2 Kinder betreut haben, sage ich auch nicht nein, wenn sie 22:30 Uhr auf der Couch schlafen und von uns aus zur Arbeit fahren. Wenn ich Nachtdienst habe, machen sie es ja auch. Einer der Helfer ist bereits 74, arbeitet zwar nicht mehr, schläft aber meist schon auf dem Sofa, wenn ich 22:30 Uhr heim komme.
Darüber hinaus wasche ich die Wäsche für meinen schwerbehinderten Ex-Mann, weil ihm sonst niemand hilft. Natürlich hole ich sie einmal pro Woche und bringe frische hin. Die Wäsche ist dann nun mal bei mir in der Wohnung.
Ich habe versucht, eine Stelle ohne Dienste zu finden, es ist leider nicht möglich.
Dafür soll ich jetzt auf Unterhaltsvorschuss und Steuerklasse II verzichten? Ich werde also dafür noch bestraft, dass ich versuche, zu arbeiten?
Soll ich jetzt kündigen und Harz IV nehmen, weil ich keine nächtliche Kinderbetreuung habe bzw. dann sofort als nicht mehr alleinerziehend zähle?
von
Cissie
am 18.05.2022, 19:10
Antwort auf:
Ab wann zählt man als alleinerziehend?
Hallo,
Das ist ja erklärbar und nachweisbar.
Ich sehe da kein Problem.
Liebe Grüße
NB
von
Nicola Bader, Rechtsanwältin
am 20.05.2022
Antwort auf:
Ab wann zählt man als alleinerziehend?
Ich denke, dass es im Zweifelsfall ganz schnell dokumentiert ist, dass die Zahnbürsten und sonstiges Zubehör deinen Dienstleistern gehören?
Warum sollst du nicht die Wäsche für den Ex waschen? Dadurch wohnst du nicht mit einem anderen Erwachsenen zusammen. (Allerdings schiene es mir mehr Sinn zu machen, wenn du deinem Ex einen Alltagshelfer vermittelst als seine Wäsche rumchauffieren. Hast du sicher kein Helfersyndrom?)
Du darfst auch Nichtdienstleister bei dir übernachten lassen, z.B. deinen Lover.
Warum kommen dir solche extremen Maßnahmen in den Kopf wie alles hinschmeißen und von Sozialleistungen leben, nur weil jemand dich darauf hinweist, dass im Prüffall Fragen gestellt werden könnten? Hat dir jemand bereits den Unterhaltsvorschuss verweigert? Das ist doch alles rein theoretisch.
Wenn du tatsächlich glaubst, dass so eine Prüfung drohen könnte, dann teile jedem Dienstleister einen namentlich beschrifteten Zahnputzbecher, Kulturbeutel und Übernachtungstasche zu. Damit wär's recht transparent.
von
Pamo
am 18.05.2022, 21:19
Antwort auf:
Ab wann zählt man als alleinerziehend?
Du bist total alleinerziehend. Gratulation zu so einem tollen Netzwerk!
Unterhaltsvorschuss entfällt erst wenn Du neu heiratest.
LSK 2 wenn jemand anderes über 18 bei Dir gemeldet wird.
Ansonsten berührt da in Deinem Leben gar nichts irgendwas.
Bei ALG2 sähe es da vielleicht anders aus. Bekommst Du aber nicht.
von
Sternenschnuppe
am 19.05.2022, 14:06
Antwort auf:
Ab wann zählt man als alleinerziehend?
Hallo,
vielen Dank für eure beruhigenden Antworten.
Die Kinder hatten sehr viel Spaß, an alles Etiketten zu kleben und Oma zu zeigen, dass sie jetzt auch einen Schmetterling an ihrem Fach hat.
Ich hatte das Gefühl, als brächte ich eine Ausrede nach der Anderen, als sie von Kontrollen erzählte.
Das Finanzamt z. B. sträubt sich auch gegen Steuerklasse 2, will Mietverträge, Grundrisse, ständig Erklärungen, dass ich wirklich alles allein nutze. Ich weiß gar nicht, warum. Ich war nie steuerlich auffällig, habe immer brav alles rechtzeitig abgegeben. Die Bürokratie wachst mit über den Kopf.
Ich betreibe diesen ganzen Aufwand, damit wir nicht bei Harzt IV landen. Ich habe so lange gesucht, in der Stadt eine Stelle ohne Dienste zu finden, auch über das Arbeitsamt. Ich habe ständig Angst, dass es allen zu viel wird, weil ich ja wirklich sehr viel von allen nehme.
Aber ja, zur Not bot mir das Arbeitsamt eine Umschulung zur Grundschullehrerin an, Hartz 4 war sehr übertrieben. Nun habe ich aber genau dieses Fach studiert und möchte gern in meinem Beruf bleiben, aber das ist ein anderes Thema.
Der Ex-Mann ist leider inzwischen schwerbehindert und körperlich und psychisch sehr eingeschränkt, hat inzwischen Hartz 4 beantragt (vielleicht kam das in meiner Angst daher) und wartet auf einen Therapieplatz mit Sozialarbeit, der sich dann hoffentlich um alles kümmert.
Da so schon alles zu viel ist habe ich wohl panisch überreagiert, dass mein fragiles Kartenhaus einstürzen könnte.
von
Cissie
am 20.05.2022, 10:16