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Waldorfschule

Thema: Waldorfschule

Hallo zusammen, Meine Kleine geht in einen Waldorfkindergarten und fühlt sich sehr wohl. Nun steht langsam die Entscheidung an, ob wir sie auch in der Waldorfschule anmelden wollen. Ich finde die praxisorientierte und bildhafte Lehrmethode toll, die Fächer, die Bewertung ohne Ziffern-Noten, wir haben auch 2 Schulen mit gutem Ruf in der Umgebung. Das einzige, was mich zögern lässt, ist die Esotherik und die Anthroposophische Weltanschauung...und vor allem diese Schubladen, in die die Kinder gesteckt werden, diese 4 Charaktere usw. Da kann man Glück oder Pech haben, je nach Klassenlehrer. Hat jemand hier Erfahrung?

von Pinguini am 30.03.2024, 19:20



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Hallo, meine Tante ist Waldorflehrerin (Eurhythmie) und mein Cousin daher selbst auf die Waldorfschule gegangen. Ich muss sagen, vieles finde ich dort sehr gut, manches aber stößt mir auf. Was ich gut fand, waren die tollen Projekte, die die Klasse (oft über Jahre hinweg) verfolg hat, wie z.B. den Bau eines Boots. Auch die Kreativität und die Förderung der Persönlichkeit fand ich sehr gut. Und auch der fehlende Leistungsdruck ist sicher seelisch gesünder als das, was die Regelschule fordert. Trotzdem haben mein Mann und ich uns bei unseren eigenen Kindern gegen die Waldorfschule entschieden. Was ich nicht so gut fand, ist die fest eingeplante Elternhilfe (festgelegte Stundenzahl gärtnern und handwerkern pro Halbjahr). Auch die esoterische Weltanschauung mit ihren guten und bösen Engeln, den Typenlehre usw. fand ich bedenklich. Teilweise reicht die Ideologie bis in die Familie hinein (Fernsehen, PC, bestimmte Sportarten wie Ballett werden ungern gesehen), auch das war mir too much. Ich würde es tatsächlich von den Personen abhängig machen, also schauen, ob man die Lehrer (den anstehenden Klassenlehrer) mal kennenlernen kann. Es gibt lockere und fantatischere… LG

von Bonnie am 01.04.2024, 13:08



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Danke für deine Einschätzung, ich sehe das ähnlich. Die Waldorfschulen hier sind so groß, da wird es schwer sich vorab über Lehrer zu informieren...und mit dem Klassenlehrer steht und fällt alles, der ist 8 Kahre lang für eine Klasse verantwortlich. Noch versteht meine Kleine ja nichts, was im Waldorfkindergarten passiert. Aber in der Schule wird das ja anders. Vor allem die Typenlehre geht gar nicht. Und die ändern ja nichts, Rudolf Steiner zählt, ohne zu bedenken aus welcher Zeit der stammte.

von Pinguini am 01.04.2024, 22:40



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Ich würde es davon abhängig machen, ob sie dort einen Schulabschluss erwerben können oder nicht. Das geht nicht an allen Waldorfschulen. Waldorfschulen beschulen streng nach Alter, nicht nach individuellen Bedürfnissen. Die Klassen können groß werden - größer als Regelschule. Die Töchter einer Freundin besuchten eine Waldorfschule. Die Große ist gleichaltrig mit meiner. Meine macht jetzt mit G8 Abi. Ihre hat zur 11 auf eine Gesamtschule (G9) gewechselt und musste dafür eine Klasse wiederholen. Sie wird also mindestens 2 Jahre länger zur Schule gehen müssen! Grund für den Wechselwunsch war, dass die angebotenen Leistungskurse an der Waldorfschule sehr begrenzt waren. Physik gab es nicht... Dafür viel Russisch und Sport. Die Kleine hat dort enge Freundschaften und wird wohl bleiben. Wenn du nicht mit Esoterik und Anthrosophie kannst, dann lass es besser sein. Dann wirst du irre - du musst viel Zeit dort verbringen.

von Pamo am 01.04.2024, 17:32



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Nach meinem Eindruck kommt es sehr auf die einzelne Schule an, auf die Schulleitung, auf den Lehrkörper und auf die Zusammensetzung der Elternschaft. Meine Geschwister waren alle auf einer Waldorfschule und zwar auf einer, bei der weder der Leiter noch das Gros der Lehrer besonders "esoterisch drauf" waren, ich denke nicht, dass es da irgendwelche Probleme mit Eltern, die keine Anthroposophie-Anhänger waren, gab. Aber prinzipiell sollte man für die Art und Weise, nach welchem Menschenbild an Waldorfschulen gelebt und gelehrt wird, natürlich offen sein. Die Nachteile, die die Waldorfschule, die meine Geschwister besucht haben, nach meinem Eindruck hatte, waren insbesondere eine recht hohe Fluktuation im Lehrkörper, was die Fachlehrer anbetraf; meine Geschwister hatten teilweise ganze Schuljahre lang keinen Englisch-Unterricht, weil kein entsprechender Fachlehrer da war (finde ich persönlich ein absolutes Unding), außerdem schreiben sich die Waldorfschulen zwar alle auf die Fahnen, dass sie ihren Schülern ja jeden Abschluss ermöglichen würden, aber tatsächlich wurde jedenfalls an der Waldorfschule meiner Geschwister eigentlich nicht aufs Abitur hin gearbeitet. Der "Standard" war, dass die Schüler bis zur 12. Klasse blieben und dann mit dem Hauptschul- oder Realschulabschluss abgingen; wer dann noch Abitur machen wollte und dafür noch ein Schuljahr dranhängen wollte, war, so schien es mir, ein absoluter "Exot" dort. Das habe ich auch von Schülern anderer Waldorfschulen so schon gehört. Viele Schüler, die Abitur machen wollten/sollten, sind gar nicht bis zum Schluss in der Waldorfschule geblieben, sondern schon deutlich früher auf ein Gymnasium gewechselt. Unser Sohn ist auch in einen Waldorfkindergarten gegangen, es war dort (wenn man mal vom permanenten Personalmangel und allem, was da dran hängt, absieht) auch wirklich schön für ihn. Eine Waldorfschule konnte aber vor allem ich mir nach dem, was ich bei meinen Geschwistern so mitbekommen hatte, nicht für ihn vorstellen. Er geht jetzt in die örtliche Grundschule, ist ein prima Schüler und fühlt sich wohl. Ich wüsste nicht, was an einer Waldorfschule besser für ihn laufen könnte.

von Mörchen17 am 01.04.2024, 21:04



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Danke für deinen Erfahrungsbericht! Ja bei uns konnte man bislang in Klasse 11 Realschulabschluss machen, ab diesem Jahr erst nach der 12. Klasse. Ich hatte mich auch gewundert, wie man nach nach nur einem Jahr länger sein Abi hinbekommen soll! Das mit dem Unterrichtsausfall ist bei uns an den staatlichen Schulen leider auch so schlimm..Keine Ahnung, wie das an den Waldorschulen ist, dringt ja wenig Informationen nach außen. Tja ich bin etwas traurig, weil ich Schule ohne Noten und Druck und mit Freude am Lernen und Handwerk echt toll finde, aber ich nunmal eine sehr weltliche Weltanschauung und meine Kleine auch.. Sie erklärt heute schon ihrer Kindergärtnerin, dass es weder Gnome, noch Zwerge und Riesen gibt ...

von Pinguini am 01.04.2024, 22:46



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Wir hatten bei unseren Kindern auch über die Waldorfschule nachgedacht, weil es da wirklich gute Aspekte gibt. Was mich aber zum Beispiel gestört hat, waren die riesigen Klassen. Die Schule war einzügig (was oft so ist), es gab also keine Parallelklassen. Die Klassenstärke lag deshalb bei über 40 Kindern. Das finde ich viel zu viel. Was uns auch nachdenklich machte war, dass wir in der Verwandtschaft und im Bekanntenkreis zwei Jugendliche haben, die die Waldorfschule ohne Schulabschluss verlassen und beruflich irgendwie kein Bein auf die Erde bekommen haben. Sie haben sämtliche Ausbildungen abgebrochen, weil sie das Lernen nach dem Lust-Prinzip gewohnt waren, das aber in der Ausbildung nicht akzeptiert wird. Ich glaube, dass die Anthroposophen eine Art heile Blase schaffen, in der die Kinder so lange zurechtkommen, wie sie noch nicht in der realen Welt klarkommen müssen. Und dass der Erstkontakt mit der Wirklichkeit nach Ende der Schulzeit für manche sehr schwierig ausfallen kann. Auf einmal zählen Disziplin, Pünktlichkeit, konsequentes Lernen, auch wenn man mal keine Lust hat usw. Dass ein Teen danach Schwierigkeiten hat, muss aber sicher nicht so sein, es hängt wohl auch etwas von der Schule und vom Typ des Kindes ab. Es gab auch an den Regelschulen meiner Kinder vieles, was mich sehr gestört hat und was ich mir anders („waldorfmäßiger“) gewünscht hätte. Es ist schade, dass die Regelschule nicht manche der Prinzipien des, sagen wir, seelenfreundlichen Lernens übernimmt. Eine Art Mittelweg wäre schön. LG

von Hexhex am 02.04.2024, 08:51



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Erfahrung habe ich keine, aber ich habe vor einer Weile diese Reportage (swr wissen) gesehen: https://www.youtube.com/watch?v=QFUgL3JeYd4 Die ist ganz gut gemacht und versucht, nicht zu werten. Jetzt war mein erster Treffer das hier: https://www.youtube.com/watch?v=MaYdgxXmM4s Da ist nicht ein bisschen Esoterik dabei, die Anthroposophie wird absichtlich nicht gelehrt, ist aber die Grundlage der Waldorfpädagogik. Insgesamt wäre es mir zu verschwurbelt und auch in Teilaspekten zu rechtslastig. Für mich selbst käme Waldorf nicht infrage. Grüße, Jomol

von Jomol am 02.04.2024, 15:36



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Waldorfschulen sind auch für offensichtliche und verkappte Rassisten sowie Sozialdarwinisten sehr anziehend. Wenn du damit keine Probleme hast, wäre das vielleicht ein zusätzlicher Pluspunkt. Ansonsten würde ich mir die zur Auswahl stehende Schule sehr genau anschauen. Wir hatten für unsere Tochter kurzfristig ebenfalls mal mit diesem Lehrkonzept geliebäugelt und ich hatte mich in eine Schule verliebt, die leider zu weit weg war. Die nähergelegende Waldorfschule war uns zu „blond“ und dogmatisch, während die von uns favorisierte Schule auf Selbstermächtigung Diskurs und Diversität stand. Auffällig war ein wahnsinnig sympathisches und engagiertes Lehrerteam.

von Maca am 05.04.2024, 13:43



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Ich selbst habe keine Erfahrungen mit Waldorfschulen, sondern nur von Eltern und einer Schulsekretärin ein bisschen darüber gehört (was nicht so klang, dass ich mein Kind da hätte hinschicken wollen). Weswegen ich hier schreibe, ist, weil ich letztens bei Quarks Science Cops eine Podcast-Folge über Steiners Lehre und eine über Waldorf-Schulen gehört habe. Bei der Folge über die Schulen haben sie mit einem Experten gesprochen, der Waldorf-Schulen zwar kritisch sieht, aber auch (wenige) gute Seiten an ihnen anerkennt. Das Interview fand ich ziemlich informativ. https://www.quarks.de/podcast/science-cops-folge-74-was-ist-anthroposophie/ https://www.quarks.de/podcast/quarks-science-cops-der-fall-waldorfschule/

von kea2 am 08.04.2024, 09:16



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... wegen der zugrunde liegenden Ideologie, und auch in der Praxis gibt es da wohl einige Probleme... Viele denken ja, Waldorf sei irgendwie "sanft", antiautoritär-alternativ - aber das stimmt gar nicht! Ich war vor Jahren mal auf das Buch "Wege zur Versteinerung" gestossen, wo Eltern ihre negativen Erfahrungen beschreiben... https://www.amazon.de/Waldorf-Erziehung-Wege-Versteinerung-Charlotte-Rudolph/dp/3472617276

von MM am 16.04.2024, 11:46



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Ja, habe dort Erfahrung gesammelt. Kinder werden dort in Schubladen gesteckt, Waldorfpädagogen bzw. Schulen sind i.d.R. sehr ideologisch und haben ihre ganz eigenen Ideen. Wenn dein Kind in ihr Muster passt wunderbar, wenn nicht, nimm die Beine in die Hand, denn sie werden nie die mögliche Ursache bei sich selbst in Betracht ziehen. Waldorfschulen nehmen in der Regel ein hohes Schulgeld, gestaffelt nach Einkommen. Von diesen Geldern, am liebsten ist ihnen der Höchstsatz, lebt die Schule hauptsächlich. Natürlich werden auch ein paar wenige "Alibi"Kinder genommen, aus Elternhäusern mit nicht so viel Geld. Man will sich ja schließlich nicht nachsagen lassen dass man ausschließlich eine elitäre Schule für Kinder aus reichem Elternhaus sei. Doch genau dies ist diese Schule, elitär, man bleibt sehr gern unter sich und da werden die "ärmeren" Kinder gern stiefmütterlich behandelt, weil man sie nicht braucht, und sie einem nichts nützen. Eine furchtbare Schule, und eine schreckliche, sektenartige Pädagogik, man hält sich da oftmals für was besseres, sowohl von der Schule ausgehend als auch von Schülern/Eltern. Aber wenn du zur erlauchten und gewünschten Klientel gehörst, und dein Kind in eine entsprechende Schublade passt, kann es dort 13 Jahre in Watte gepackt in der lila Waldorfwelt glücklich durchkommen. Ich rate ab- Ansonsten: viel Glück!

von Betty02 am 12.04.2024, 21:52



Antwort auf Beitrag von Betty02

Ich bin ganz sicher kein Fan der Waldorfpädagogik, aber was du hier schreibst, lässt sich auch auf jedes "bessere" Gymnasium einer Großstadt sagen. Dort werden die Kinder auch in Schubladen gesteckt, aussortiert, etc. Man muss nicht denken, dass hier alleine das Leistungsprinzip zählen würde. Freie Schulen werden vom Staat nur wenig bezuschusst und wenn man eine reformpädagogische Schule möchte, dann muss man eben zahlen. Das ist jetzt nicht die Schuld der Waldorfschulen. Dennoch würde ich auch abraten. Vor allem aber, weil ich die esoterischen Grundsätze der Waldorfpädagogik problematisch finde.

von pflaumenbaum am 15.04.2024, 12:55



Antwort auf Beitrag von pflaumenbaum

Der Staat zahlt 80% der Kosten des Schulplatzes an der Waldorfschule und läßt trotzdem zu, dass über Atlantis (ohne Einordnung zwischen Realität und Phantasie) und Engel unterrichtet wird. Das ist schon ziemlich großzügig. Im "besseren" Gymnasium der Großstadt hat Kind schon in der 5. Klasse verschiedene Lehrer, es gibt eine Schulleitung und in Notfall eine Schulaufsicht. Bei Waldorfs gibt es den "alleinherrschenden" Klassenlehrer bis Klasse 8. Das System ist völlig undurchsichtig. Grüße, Jomol

von Jomol am 15.04.2024, 19:31



Antwort auf Beitrag von Jomol

In Niedersachsen zahlt der Staat 80% des Gehaltes der Lehrkräfte. Alles andere muss selbst finanziert werden.

von pflaumenbaum am 23.04.2024, 01:54