2. Stau auf der Autobahn – er rastet aus Wieder einer dieser Staus, die nicht angesagt werde. Jedenfalls nicht, bevor sie vorbei sind. Der Mann, genetisch noch ganz an die freie Wildbahn gewöhnt, verzweifelt zutiefst. Er sieht sich umgeben von lauter Deppen. Wenn er selbst weiter vorn gefahren wäre, wäre das nicht passier! Und jetzt? „Da können wir ja gleich umkehren und nach Hause fahre,“ Er ohrfeigt das Steuerrad. Orgelt am Radio alle Sender durch. „Die wissen wieder von gar nichts. „Er versucht sich auf dem Standstreifen vorbeizumogeln, vergeblich. Weibliche Aufheiterungs- versuche – „ist doch nicht so schlimm, wir können ja jetzt eh nichts ändern“ – bringen ihn endgültig zum Ausflippen. Zugleich lassen sie ihn die Schuldige orten: „Du musstest ja noch tausend Leute anrufen, im dich zu verabschieden und hast dich festgequatscht. Deshalb ist es so spät geworden!“ Was läuft da ab? Selbstverständlich ein uralt bewährtest Programm. Im Gegensatz zur Frau empfindet ein Mann sich im Straßenverkehr als Wettkämpfer. Auch hier und weil die glorreichen Jahrtausende der Stammeskulturen sich nicht einfach löschen lassen – trägt er die Häuptlingsfrage aus. Er sieht lauter Konkurrenten um sich, und nicht, wie die Frau es empfinden mag, gemeinsame Leidende. Außerdem ist er zielorientiert. Männliche Evolutionsbiologen nennen es auch: Beuteorientiert. Im Stau werden ihm Ziel und Beute böswillig verweigert. Unabänderliches lässt ihn toben. Da kann man nichts machen „Allenfalls nachts fahre. Und mit der Bahn. Die Herrentour, abgeschrieben aus der Süddeutschen Zeitung. (geschrieben von Dietmar Bittrich)
Mitglied inaktiv - 16.09.2004, 09:12