Viele Eltern, die in meinem Forum anfragen, sind ganz verzweifelt: Kaum hat sich ihr Kind einen grippalen Infekt eingefangen, geht es auch schon wieder mit den Ohren los.
Bei der Untersuchung zeigt sich dann: Das Trommelfell ist hochrot und dahinter breitet sich ein entzündlicher Erguss aus. Die Mittelohrentzündung ist nicht zu übersehen. Manche Kinder trifft das nur einmal im Leben, andere bei jeder Erkältung wieder. Wie kommt es dazu?
So entsteht eine Mittelohrentzündung
Das Mittelohr hat einen Verbindungsgang zum Nasen-Rachen-Raum, über den das Ohr belüftet wird, und der für den Druckausgleich z.B. beim Fliegen oder Bergbahnfahren sorgt. Durch die Schwellung der Schleimhaut bei einer Erkältung wird diese Belüftung behindert, sodass das entzündliche Sekret nicht mehr richtig abfließen kann. Die Schmerzen bei einer Mittelohrentzündung entstehen also nicht nur durch die Entzündung selbst, sondern auch durch den Überdruck, der im Mittelohr entsteht. Das Trommelfell kann sich nicht mehr frei bewegen und das Kind hört plötzlich deutlich schlechter.
Manchmal ist Schwerhörigkeit das einzige Symptom, manchmal wird die Entzündung aber auch von starken Schmerzen begleitet. Oft beginnt es mit einer unruhigen Nacht, das Kind ist unleidlich, trinkt schlecht und bekommt Fieber. Dass gerade Kleinkinder - und manche sehr oft - eine Mittelohrentzündung bekommen, liegt an den engen anatomischen Verhältnissen im Nasen-Rachen-Raum.
Schmerzen lindern - Belüftung verbessern - Bakterien bekämpfen
Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Kind Ohrenschmerzen hat, dann dürfen und sollen Sie immer direkt ein Schmerzmittel geben, am besten Ibuprofen oder auch Paracetamol, beides erhältlich als Zäpfchen oder Saft. Als ideales Hausmittel wirken warme Zwiebelwickel aufs Ohr gelegt ebenfalls schmerzlindernd und entzündungshemmend. So lässt sich auch die Nacht besser überstehen und am nächsten Morgen kann Ihr Kinderarzt nachsehen.
Liegt eine einfache Mittelohrentzündung vor ohne eitrigen Erguss, wird er in der Regel abschwellende Nasentropfen verordnen, die die Belüftung des Mittelohrs und seine Selbstheilung verbessern. Hat Ihr Kind anhaltend hohes Fieber oder ist bereits eine eitrige Entzündung zu erkennen, führt häufig kein Weg an einer antibiotischen Behandlung vorbei - umso eher, je jünger Ihr Kind ist. Denn sonst besteht das Risiko, dass sich Bakterien vom Mittelohr aus in Richtung umgebenden Knochen und hin zum Gehirn ausbreiten können.
Kontrolle des Gehörs nach einer Mittelohrentzündung
Manche Kinder trifft es alle 4 Wochen und leider bleibt auch nicht selten nach einer akuten Mittelohrentzündung chronisch Flüssigkeit im Mittelohr, die zumindest vorübergehend Hören und damit die Sprachentwicklung des Kindes erheblich beeinträchtigen kann. Im Zweifelsfall sollte deshalb nach einer Mittelohrentzündung das Gehör des Kindes untersucht werden. Schuld an einer Beeinträchtigung sind oft die anhaltend vergrößerten Rachenmandeln, gemeinhin meist "Polypen" genannt. Das Kind atmet nur noch durch den Mund und schnarcht in der Nacht "wie ein Alter".
Wenn sich spätestens nach Ende der „Infektsaison“ keine Besserung abzeichnet, sollten Kinderarzt und HNO-Arzt gemeinsam entscheiden, ob man etwas unternehmen muss. Als erste Maßnahme kommt die Behandlung mit einem Corticoid-Nasenspray über einige Wochen in Frage. Sollte das nicht zum Erfolg führen, muss überlegt werden, ob die „Polypen“ entfernt werden müssen.
Falls die Flüssigkeit im Mittelohr sehr zäh ist, muss die Belüftung vorübergehend von außen durch das Einlegen von kleinen Kunststoff- oder Metall-Röhrchen, sogenannten Paukenröhrchen, sichergestellt werden. Dies ist ein kleiner Eingriff in Narkose, der aber meist ambulant gemacht wird, ohne dass das Kind im Krankenhaus bleiben muss.
Vorbeugen - ist das möglich?
Gegen die häufigen Atemwegsinfekte ist kein Kraut gewachsen und ständiges Mützen-Tragen bringt gar nichts. Besser ist es, das Immunsystem generell zu stärken und bei jedem Wetter an die frische Luft zu gehen und viel draußen zu toben. Ganz wichtig ist hier auch, schon die Babys so früh wie möglich mit der Impfung gegen Pneumokokken zu schützen. Denn diese Bakterien können nicht nur schwerste Krankheiten wie Hirnhautentzündung, Lungenentzündung und Blutvergiftung verursachen. Pneumokokken sind auch häufige Verursacher der eitrigen Mittelohrentzündung. Seit 2007 wird die allgemeine Impfung dagegen empfohlen, daher müssen immer weniger Kinder mit einer eitrigen Mittelohrentzündung behandelt werden.
Zusätzlich ist es sinnvoll, bei einer Erkältung die Schleimhäute mit Kochsalz- oder Meersalznasentropfen anzufeuchten und rechtzeitig abschwellende Nasentropfen zu geben. Ältere Kinder können mit einem speziellen Ansatzstück Luftballons mit der Nase aufblasen, um die Belüftung des Mittelohrs zu verbessern. Wenn eine Allergie zu ständiger Schwellung der Schleimhäute führt, muss die natürlich behandelt werden.
Ein kleiner Trost: Letztendlich arbeitet die Zeit für Ihr Kind. Mit zunehmendem Alter werden die Infekte weniger und im Nasen-Rachen-Raum wird alles weiter, sodass im Schulalter dann nur noch selten das Ohr weh tut.