Leider ist die Mittelohrentzündung (Otitis media) für viele Kinder in den ersten Lebensjahren ein typischer, wenn auch äußerst unliebsamer Begleiter.
Der Grund: Das Mittelohr ist ein luftgefüllter Hohlraum, der nach außen vom Trommelfell begrenzt wird. Zwischen Ohren und Nasen-Rachen-Raum besteht eine Verbindung, ein feiner Kanal, der "Ohrtube" (auch "Eustachische Röhre" oder "Ohrtrompete") heißt. Er sichert die Belüftung des Mittelohrs. Da bei Babys und kleinen Kindern die Ohrtube noch vergleichsweise kurz ist, steigen Krankheitserreger aus Nase und Rachen leichter ins Ohr auf.
Außerdem können durch eine Infektion die Schleimhäute anschwellen und die enge Ohrtube schnell blockieren. Dann ist das Mittelohr verschlossen und es kann zum Stau von Sekret kommen, was wiederum das Wachstum von Bakterien begünstigt.
Eine Mittelohrentzündung äußert sich oft mit heftigen Ohrenschmerzen und einem unangenehmen Druckgefühl auf den Ohren, kann aber auch ganz ohne Symptome verlaufen.
Was verursacht eine Mittelohrentzündung?
Eine Mittelohrentzündung entsteht häufig in der Folge eines Virus-Infekts der Luftwege, wie z.B. einem Schnupfen oder auch einem grippalen Infekt. Sie kann als rein virale Entzündung ablaufen. Möglich ist aber auch, dass sich auf der durch den Virus-Infekt geschädigten Schleimhaut Bakterien breit machen, die aus den Atemwegen über den Verbindungskanal ins Mittelohr gelangen. So entsteht dann eine bakterielle Mittelohrentzündung.
Häufigste bakterielle Erreger sind die sogenannten Pneumokokken, die auch Lungen- und Hirnhautentzündungen hervorrufen können. Die Impfung gegen Pneumokokken ab dem 3. Lebensmonat verkleinert deshalb auch das Risiko deines Kindes, eine bakterielle Mittelohrentzündung zu bekommen.
Woran merke ich, dass mein Kind Ohrenschmerzen hat?
Das ist gerade bei Babys manchmal gar nicht so einfach festzustellen. Welche Symptome Ihr Kind zeigt, ist unter anderem abhängig von der Schwere der Entzündung, welche sehr schmerzhaft sein kann.
Dann weinen die Kinder heftig oder schrecken wegen der stechenden Ohrenschmerzen schreiend aus dem Schlaf auf. Unter Umständen hat Ihr Kind auch Fieber und auffallend wenig Appetit. Vielleicht beobachten Sie, dass Ihr Kind plötzlich bevorzugt auf einer (der schmerzenden) Seite liegen will. Häufig drehen die Kleinen den Kopf unruhig hin und her oder fassen sich ständig ans Ohr. Bei leichteren Formen können das sogar zentrale Anzeichen einer Mittelohrentzündung sein. Mitunter ist auch nur das Hörvermögen gestört, ohne dass das Kind unter Schmerzen leidet.
Besonders wenn Sie solche Symptome im Anschluss an einen Schnupfen oder anderen Infekt beobachten, sollten Sie immer an die Möglichkeit einer Mittelohrentzündung denken. Gehen Sie mit Ihrem Kind möglichst bald zur Kinderärztin/zum Kinderarzt.
Wie wird die Diagnose gestellt?
Die Kinderärztin/der Kinderarzt schaut Ihrem Kind in die Ohren, um das Trommelfell zu sehen. Ein gerötetes, häufig durch Sekret oder Eiter im Mittelohr vorgewölbtes Trommelfell ist das Zeichen der Entzündung. Es können beide Seiten oder nur ein Ohr betroffen sein.
Wie sieht die Behandlung einer Mittelohrentzündung aus?
Bei 80 % aller Kinder ist eine Mittelohrentzündung auch mit starken bis mittelstarken Schmerzen verbunden. Der erste Schritt bei der Behandlung muss also immer eine effektive Schmerzbekämpfung sein. Besonders bewährt haben sich dabei Fieber- und Schmerzsäfte mit dem Wirkstoff Ibuprofen. Sie lindern bereits nach kurzer Zeit den Schmerz und helfen, das Fieber zu senken. Darüber hinaus besitzt Ibuprofen eine entzündungshemmende Wirkung und unterstützt so den Heilungsprozess der Mittelohrentzündung. Viele Mittelohrentzündungen werden alleine von Viren verursacht. Bei sonst gesunden Kindern über 2 Jahren ohne besondere Risikofaktoren reicht deshalb als Erstbehandlung zunächst diese Schmerzbekämpfung aus.
Nur bei jüngeren oder besonders gefährdeten Kindern, oder wenn innerhalb von 1 bis 2 Tagen keine Besserung eintritt, wird der Kinderarzt in der Regel ein Antibiotikum verordnen. Dieses Medikament tötet die Bakterien ab, die sich infolge der Virusinfektion im Mittelohr breit gemacht haben. Bitte geben Sie dem Kleinen Antibiotika unbedingt immer so lange, wie es der Arzt verordnet hat, auch wenn die Schmerzen längst vergangen sind. Sonst werden eventuell nicht alle Keime abgetötet und die Entzündung flackert wieder auf. Außerdem besteht die Gefahr, dass sich resistente Keime bilden, die dann schwerer zu bekämpfen sind. Bei dieser abgestuften Behandlung ist das Risiko von Komplikationen gering. Nur äußerst selten kommt es so zu einer Entzündung der umliegenden Knochen oder schlimmstenfalls zu einem Übergreifen der Infektion auf die Hirnhäute. Wichtig ist immer die engmaschige kinderärztliche Überwachung.
Unterstützend wird die Ärztin/der Arzt möglicherweise auch abschwellende Nasentropfen verordnen. Sie helfen, die Schleimhäute zu beruhigen und so die Belüftung des Ohres zu verbessern.
Wie kann ich meinem Kind sonst noch helfen?
Bieten Sie ihm viel zu trinken an. Das ist erstens wichtig, um einem Flüssigkeitsverlust vorzubeugen, falls Ihr Kind Fieber hat. Zweitens hilft es, zähen Schleim zu lösen, sollte die Nase Ihres Kleinen noch verstopft sein. Ein Zwiebelwickel gilt als bewährtes, schmerzlinderndes Hausmittel bei Ohrenschmerzen. Ob er sich bei Ihrem Kind eignet, sollten Sie aber mit der Ärztin/dem Arzt klären. So geht‘s: Eine mittelgroße Zwiebel klein hacken und in ein Taschentuch einwickeln. Den Wickel auf das schmerzende Ohr legen und mit einem Tuch, Mützchen oder Stirnband fixieren.
Falls Sie Fragen zum Thema Mittelohrentzündung haben, können Sie diese im Forum von Kinderarzt Dr. Busse stellen.