Liebe Frau Höfel,
ich wende mich an Sie, obwohl meine Frau schon die Entscheidung für einen Kaiserschnitt getroffen hat. Sie ist mitten in Woche 36 und unser Kleiner wiegt bereits ca. 3200g, vielleicht mehr. Ihr Bauch ist sehr groß, als ob es Zwillinge wären. Die Ursache ist ein Zuviel an Fruchtwasser, Zahlen habe ich leider keine.
Drei verschiedene Ärzte in ein und derselben Klinik haben ihr dringend zu einem Kaiserschnitt vor dem Entbindungstermin (Erste Woche im Januar 2018) geraten und halten eine natürliche Geburt für zu risikoreich. Das Kind könnte steckenbleiben, sich strangulieren, etc..
Leider habe ich nicht mehr Informationen, würde aber sehr gerne noch eine weitere Expertenmeinung, insbesondere die einer Hebamme hören.
Wir leben in Moskau und meine Frau wird auch hier entbinden.
Ein Kaiserschnitt wird doch nur im Notfall oder wenn es wirklich nicht anderes geht durchgeführt. Reichen die leider nicht vollständig aufgeführten Anzeichen aus, um einen KS zu rechtfertigen? Was meinen Sie?
Über eine Antworte würde ich mich sehr sehr freuen.
Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen
Tor
von
Tor
am 14.12.2017, 19:27
Antwort auf:
Ist bei einem großen Baby mit Polyhydramnie ein KS zu empfehlen?
Lieber Tor,
die Frage lässt sich so in der Tat nicht schlüssig beantworten.
3200g ist ungefähr 200g der Schwangerschaftswoche voraus. Das ist kein Grund zum jetzigen Zeitpunkt eine Sectio zu initiieren.
Das Wort Polyhydramnion oder Hydramnion bezeichnet die übermäßige Ansammlung von Fruchtwasser um den Fetus herum und ist eine Komplikation, die für gewöhnlich in der mittleren oder späten Schwangerschaftsphase auftritt. Ein Polyhydramnion wird bei weniger als 0,5 % (andere Literatur spricht von 1-5%) aller Schwangeren diagnostiziert.
In den meisten Fällen ist die Ursache dieser Störung zwar unbekannt, jedoch betrifft sie Frauen mit Diabetes mellitus oder Mehrlingsschwangerschaftenhäufiger als andere. Sie tritt auch dann auf, wenn das Baby aufgrund einer kindlichen Fehlbildung nicht richtig schlucken kann. Solche Fehlbildungen gibt es beispielsweise als Verengungen oder Verschlüsse im Verdauungssystem, an der Wirbelsäule, dem Kopf, dem Gehirn oder den Muskeln. In NEUN von zehn Fällen wird sich auch überhaupt KEINE Ursache finden lassen. Je schwerer das Polyhydramnion umso wahrscheinlicher ist eine Fehlbildung.
Wurde bei Ihrer Frau ein Diabetes diagnostiziert? Das ist häufig der Grund für ein großes Kind und viel Fruchtwasser.
Wird solch ein Diabetes nicht behandelt, passiert folgendes im Mutterleib: 75% des mütterlichen Blutzuckerangebotes stehen während der SS auch dem Kind zur Verfügung. Dementsprechend reguliert das Kind seinen Insulinhaushalt.
D.h., bei einem schlecht eingestellten BZ wird Ihr Kind gemästet, wird also groß, aber seine Reife hinkt hinterher! Bei einem gut eingestelltem Diabetes ist alles normal.
Ist der Diabetes schlecht eingestellt, fällt nach der Geburt das hohe Blutzuckerangebot weg, aber das Kind produziert erstmal noch Insulin für diese große Menge. D.h., es verbraucht sehr schnell seinen eigenen Blutzucker. Sinkt dieser zu tief, spricht man von einer Unterzuckerung. Dieses äußert sich durch Zittern und Blasswerden. Die Kinder müssen dann sofort mit Glucose versorgt werden.
Die Therapie des GDM erfolgt nach dem Blutzuckertagesprofil mit Zielwerten von unter 90 mg/dl nüchtern und unter 120 mg/dl zwei Stunden nach dem Essen.
Evtl. kann man noch erwägen das überschüssige Fruchtwasser zu punktieren. Bleibt das Zuviel an Fruchtwasser, dann besteht tatsächlich die Gefahr, dass sich das Kind in der Nabelschnur verheddert.
Unter der Geburt gibt das CTG darüber Aufschluss.
In Russland hat die Geburtshilfe allerdings Ihre eigenen Gesetze. Von daher kann es sein, dass man anders als in Deutschland handelt.
Liebe Grüße
Martina Höfel
von
Martina Höfel
am 16.12.2017