Frage: "sinnlose" Forderungen

Habe vor einigen Monaten schon mal geschrieben, wegen der sehr starken Anhänglichkeit meiner Tochter zu mir und ihrer scheinbaren Ablehnung gegenüber dem Papa. Ich habe mein bestes versucht etwas zu ändern, aber mein Mann nimmt sich nach wie vor nicht viel Zeit. Emilia ist nun 1 1/2 Jahre und an der Situation hat sich kaum was geändert. Hinzu kommt nun, dass seit neuestem total gebieterisch ist und auf ihrem Willen besteht bis jeder alles genau so macht, wie sie es will (z.B. will sie ihr Essen auf der Couch essen, ich soll mich auf den Boden setzen, und das Kissen muss auf den Tisch). Das klingt jetzt vielleich amüsant, ist es aber nicht, denn das geht den ganzen Tag so, und wehe es wird nicht so gemacht, dann fängt sie an zu schreien und hört nicht mehr auf. Bisher habe ich immer versucht so gut wie möglich auf ihre Wünsche einzugehen und nur dann etwas verboten, wenn es wirklich nicht anders ging. Wie soll ich jedoch nun mit dieser Form von scheinbar sinnlosen Forderungen umgehen?

Mitglied inaktiv - 06.06.2005, 22:10



Antwort auf: "sinnlose" Forderungen

Hallo, zunächst einmal muß man verstehen, was hier vor sich geht. Ihre Tochter gelnagt jetzt vom Widerstand in den Trotz, der ihr dazu dient, erste Selbstanteile im Empfinden (jetzt ist die Zeit der Entdeckung des eigenen Selbst!) zu behaupten und durchzusetzen. Ginge die Loslösung gut voran, könnte sie diesen Drang nach Selbstbehauptung kräftemäßig in Expansion ihres Selbst ausleben. Da hapert es aber, und sie fühlt sich rückgebunden an die primäre Bezugsperson, sprich die Mutter. Auf diese richten sich nun erneute Anhänglichkeit und zunehmende Aggression. Ihr Wille wird dabei nicht "gelöst" und frei, sondern verharrt auf seiner(Vor-)Stufe des Drangs. Und den entfaltet sie in solchen Aktionen, um ihre inneren ambivalenten Gefühle umzusetzen. Machen Sie bei der einen Sache nicht mit und verbieten ihr das, fängt sie dasselbe Spiel mit einer anderen Sache an. Zu einer glücklicheren Lösung kommt sie dabei nicht, und zwar solange, als bis die Loslösung wieder weiter geht und das Selbst erstarkt. Der Trotz, der auch dann folgt ist natürlich unvermeidlich, aber er fällt moderater aus. So jedenfalls steuern sie auf ein heftiges Trotzen zu. Was tun? Dem Vater muß das alles klar sein, damit er seine wichtige Aufgabe erkennen kann. An ihm liegt im Moment das meiste. Sie selbst können bei dem Spiel mitmachen, solange es kein sinnlosen Regeln zementiert. Aus Ihrem Mitmachen bezieht Ihre Tochter einen gewissen Ersatz für den Loslösungsmangel. Daher tut sie es so verbissen. In den Momenten, in denen die Dinge zu weit gehen und aus dem Ruder zu laufen drohen, können sie aber auch gegen den Protest Ihrer Tochter abbrechen. Beschimpfungen und Bestrafungen sollten aber tunlichst unterbleiben. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 10.06.2005