Frage: Wie soll ich reagieren?

Lieber Dr.Posth, meine Tochter ist 14 Monate alt und manchmal wirft sie sich auf den Boden, strampelt so doll dass ich sie kaum halten kann, wenn ich ihr z.B. etwas wegnehme. Ich weiß, dass ist noch nicht der "eigentliche" Trotz. Man soll ja solche Situationen vermeiden, doch manchmal ist das unmöglich. Wie reagiere ich dann? Ich versuche es mit Ablenken, manchmal klappt das aber nicht. Vor allem wenn sie müde ist (oder sie Zahnungsschmerzen hat-bekommt gerade 10 Stück!!!) kann man sie kaum noch beruhigen oder ablenken. Ich lese überall man solle das Kind ignorieren oder Schimpfen, da sie sonst lernen, dass sie sonst etwas erreichen mit ihrem Verhalten. Mir widerstrebt das aber! Wenn sie sich dann beruhigt hat, darf man sie dann nicht trösten? Vielleicht können Sie mir noch einmal erklären, was es mit diesem Drang auf sich hat, damit ich mein Kind besser verstehen kann. (ich höre nur bockig, zickig usw.-ich würde das aber nicht so nennen) Liebe Grüße und vielen Dank

Mitglied inaktiv - 26.11.2007, 09:14



Antwort auf: Wie soll ich reagieren?

Stichwort: erster Wille Hallo, in meinen Langtexten, link oben links, und in meinem Buch versuche ich, die insgesamt nicht ganz leicht zu verstehenden Zusammenhänge bei den frühkindlichen affektiv-emotionalen Reaktionen zu erklären. Die Interpretationen der "Vulgärpsychologie" sind mit natürlich bekannt, aber genau dagegen versuche ich ja anzureden. Die Vulgärpsychologie unterstellt dem Kind von Geburt an einen Hang zum Bösen und zur Anmaßung. Man kann das kulturgeschichtlich ableiten und erklären, aber das wäre ein ganzes Buch wert. Aus diesem Grund kommen dann solche Urteile über das kindliche Verhalten zustande. In Wahrheit erlebt sich das Kind in einem Konfliktgeschehen und ist aufgrund noch nicht reifer Willenentwicklung in der Lage a) Entscheidungen zu treffen, was es eigentlich möchte und beabsichtigt und b) den emotional erregten Handlungsimpuls in sich im Zaum zu halten. Dabei erlebt es nun, dass es mit den Bezugspersonen und der Umwelt kollidiert und versteht nicht, warum nicht wenigstens diese Bezugspersonen in der Lage sind, die Situation zu seinen Gunsten zu entscheiden und damit zu beherrschen. Das erregt den Zorn und der Wutausbruch ist - je nach Impulsivität des Kindes unterschiedlich stark - vorgprogrammiert. Das passiert nun millionenfach jeden Tag auf der Welt und ist der Anfang von dem, was wir als Interaktion zwischen den Menschen verstehen. Wer ist nun aber der Hauptauslöser der Eskalation des wütender widerstandes des Kindes? Das noch unreife Kind oder der reife (?) Erwachsene? Anders gesagt: soll tatsächlich der Schwächere nachgeben oder gilt immer noch das (aufklärerische) Wort: der Stärkere (Klügere) gibt nach? Wie Sie fühlen und reagieren, ist völlig richtig, und wenn Vermeidung, Beruhigung und Ablenkung nicht mehr helfen, dann heißt es, das wütende Kind vor Schaden zu schützen, es innerlich auskämpfen lassen und danach trösten und ihm wieder die volle Zuwendung schenken. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 28.11.2007