Frage: sofort Verzeihen?

Mein Sohn (2,5 Jahre) ist recht impulsiv, er haut sobald er wuetend ist. Wenn ich nein sage (ist sehr selten und eigentl. nur bei Gefahr oder wenn es unumgaengl. ist), wenn er faellt, zuweilen auch auf dem Spielplatz (die uebl. Rivalitaet). Ich reagiere streng (verbal) und sage ich sei ganz sauer, mache dabei ein ernsthaftes Gesicht. Das mag Elio ueberhaupt nicht. Sobald er merkt, ich bin wirklich sauer, weint er, macht ei ei. Ich schaffe es nicht, dann nachhaltig boese zu sein sondern "verzeihe" sofort. Er wird regelrecht verzweifelt, wenn ich nicht umgehend sage ist ok. Meine Mutter hat tagelang nicht geredet, wenn ich was angestellt habe. Furchtbar, das will ich meinem Sohn nicht mal 5 Minuten antun. Ist ok bei Wiedergutmachung sofort zu verzeihen? Ich weiss, er kann sich das Ausmass seiner "Vergehen" bislang nicht dauerhaft merken, das geht ja erst ab 4, wenn ich sie richtig verstanden habe. Gruss+Danke Christiane

Mitglied inaktiv - 22.05.2006, 11:16



Antwort auf: sofort Verzeihen?

Stichwort Anfänge des Gewissens Liebe Christiane, was Ihr Sohn in diesem "Spiel" von Fehler machen, ausgeschimpft werden, wiedergutmachen und getröstet werden erlebt, formt sich erst ganz langsam zu einem Bewußtseinsbestandteil in ihm, den er dann braucht, um diesen sozialen Vorgang in sich selbst zu verankern und in einen inneren Prozeß zum eigenständigen Vollzug umzuwandeln. Diese Verinnerlichung ist der Einstieg zum Gewissen, das ihn dann in Zukunft von vornherein in seinen Handlungen begrenzt. Insofern ist es schon bedeutsam, wie Mutter oder Vater als Hauptbezugspersonen reagieren, wenn ihr Kleinkind etwas angestellt hat. Im Vordergrund solcher elterlicher Reaktionen steht zunächst die Eindeutigkeit und Konstanz. Es ist immer schlecht und für das Kind verwirrend, wenn man heute -langmütig- so reagiert und morgen -unter Anspannung- völlig anders. Am besten reagiert man als Eltern so, wie man es am häufigsten wiederholen kann. Also besonders herausgekehrte Strenge ist ebenso kritisch zu sehen, wie unangebrachte Nachsicht. Entscheidend für das, was sich beim Kind nachher herausbildet, ist allerdings immer der Nettoeffekt von allen eigenen Reaktionen. Hieraus wird aber klar, wie gefährlich es ist, wenn man sein Kind ständig bestraft, vielleicht sogar körperlich züchtigt oder beschimpft und beschämt. (Das sage ich jetzt nur ganz allgemein). Was dadurch sich im Kind herausbildet, hat ganz schädliche Auswirkungen auf sein späteres Sozialverhalten und mischt einzig die Angst vor Strafe und die Scham über sich selbst in ein an sich prosoziales Konzept. Und daß Angst und Scham schlechte Lehrmeister sind, brauche ich nicht besonders zu betonen. Ein nachaltiges Böse-sein, also nachtragendes Verhalten, ist wie Sie richtig schreiben, auch schlecht für den Induktionsprozeß, denn das Kind fühlt sich dadurch als Person abgelehnt, und schürt in sich selbst, wie schon gesagt, große Schamgefühle. Scham in einem so hohen Maße untergräbt das Selbstbewußtsein. Eindeutiges und konsequentes Verhalten ist aber nicht einem nachtragenden Verhalten gleichzusetzen. Also seien Sie klar in dem, was Sie meinen und zum Ausdruck bringen wollen, nur streng wie nötig, aber nicht zu streng und auch nicht zu schnell nachgiebig, denn das würde ihr Sohn Ihnen wieder als Schwäche auslegen. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 24.05.2006