Frage: Quengeliges Kleinkind

Sehr geehter Herr Dr. Posth! Wieder einmal wende ich mich vertrauensvoll an Sie. Mein Sohn ist nun 1 Jahr alt, er wächst sehr behütet auf, nie schreien gelassen, schnelle Bedürfnisbefriedigung, schläft zuerst bei uns im Zimmer in seinem Bett und wenn er aufwacht nehmen wir ihn in unser Bett, von Anfang an liebevoller Vater. Er war schon immer ein sehr anspruchsvoller Säugling, doch seit einiger Zeit (ca. 2 Wochen) ist er nur mehr am Quengeln. Es ist nahezu unmöglich etwas anderes zu tun als sich mit ihm zu beschäftigen, oft kann ich nicht einmal ein Brot schmieren ohne dass er auf dem Boden quengelt. Es ist sehr anstrengend. Quengeln lassen bringe ich nicht übers Herz und ist auch bestimmt nicht förderlich. Wie soll ich damit umgehen? Kann ein 1-jähriger schon mal für einen kurzen Moment quengeln müssen oder soll ich ihn gleich hochnehmen? Vielen Dank und herzliche Grüße Huhn80

von huhn80 am 03.12.2012, 09:40



Antwort auf: Quengeliges Kleinkind

Hallo, doch, Quengeln, Nörgeln, Meckern ist einem Säugling und Kleinkind bis zu einem gewissen Grad zumutbar. Sicher hat man dann das Problem zu entscheiden, wann man eingreift. Aber mit der Dauer bis man reagiert übt man auch einen erzieherischen Einfluss aus. Quengeln usw. ist zunächst einmal "nur" der Ausdruck Unlust. Und ohne Unlust funktioniert kein Leben. Es hat viel mit dem Temperament und dem sich herausbildenden Charakter eines Kindes zu tun, wann, wie oft und wie stark es quengelt oder meckert. Das heißt, selbst wenn man schnell reagiert und sein Kind ständig ablenkt oder beschäftigt, es wird kaum aufhören weiter viel zu quengeln. Eher macht man die Erfahrung, dass sich die Äußerung von Unlust noch verstärkt, und die Forderung nach Beschäftigung immer weiter ansteigt. Das Gute wird immer häufiger eingefordert. Sie werden das später noch erleben, wenn es um Geschenke oder Süßigkeiten geht. Nur kann man jetzt nicht einfach die Vorzeichen umdrehen und sagen, man trainiert seinem Kind jetzt durch Missachtung das Ertragen von Unlust an. Das ist autoritäre Erziehung. Sie wird auch heute noch häufig praktiziert. Bewährt hat sich ein solches Vorgehen aber noch nie. Man wird also nicht immer "gleich springen müssen", nur weil das Kind mal ein bisschen nörgelt oder jammert. Unlust gehört zum Leben dazu und wird vom Menschen ertragen. Später entwickelt jeder Mensch Mechanismen, sich mit diesen Gefühlen abzufinden und er jammert nicht mehr (meistens). Langeweile ist dann ein großes Problem, aber Langeweile kann auch Kreativität hervorrufen. Viele Grüße und danke für Ihr Lob.

von Dr. med. Rüdiger Posth am 05.12.2012