Frage: Nähe und Distanz

S.g. Dr. Posth, ich habe in Ihrem Buch mit großem Interesse das Kapitel über Nähe u. Distanz gelesen.Ich habe mir darüber schon öfter Gedanken gemacht seit unser 9 Mon. alter Sohn auf der Welt ist.Mir ist aufgefallen, dass viele Leute (egal ob fremd,Verwandte,Freunde) Babys kaum Distanz zugestehen, sie möchten sie gleich küssen, knuddeln,anfassen usw. sogar wenn man sagt:Vorsicht, er fremdelt.Uns ist es wichtig, dass er später von sich selbst aus entscheiden kann, von wem er umarmt oder geküsst wird u. dass er das nicht macht, weil er sich dazu gedrängt fühlt oder Angst hat dass wir oder andere Personen sonst sauer auf ihn sind. Finden Sie das gut, wenn wir ihm das gleich von Anfang an so beibringen?(viele finden das ja sehr höflich+goldig wenn ein Kind jeden küsst, ich finde das eher bedenklich)Und haben Sie einen Rat wie man andere dazu bringt, den Wunsch des Kindes zu respektieren?Ich finde das jetzt schon schwierig, viele sind dann pikiert.Ich bin gespannt auf Ihre Antwort!!Danke!!

Mitglied inaktiv - 18.02.2008, 03:54



Antwort auf: Nähe und Distanz

Hallo, Ihre Beobachtung ist vollkommen richtig. In unserer Gesellschaft billigen die Menschen Säuglingen keinerlei Rechte zu, was die Ablehnung von Kontaktnahme angeht. Vielmehr beruft man sich auf eingebildete, eigene Rechte, den Säugling oder das Kind als Objekt zur eigenen Animation zu betrachten. Ist das Bedürfnis befriedigt, überlässt man das Kind dann wieder der Mutter oder der Pflegeperson, weil es plötzlich ja eigene Bedürfnisse oder Ansprüche entwickeln könnte. Das Kind wird gerne als Spaßfaktor zum eigene Vergnügen betrachtet. Oder es werden an ihm eigene Zärtlichkeitsbedürfnisse abreagiert. Dass man es hier mit einem Menschenwesen zu tun, dem mit Respekt und Achtsamkeit zu begegnen ist, wird verdrängt. Aufgrund dessen sind Eltern gehalten und berechtigt, diesen Respekt vor den Bedürfnissen ihres eigenen Kinder einzufordern. Wer deswegen das Gesicht verzieht, versteht nicht genug von Kindern. Es ist also völlig richtig, wie Sie handeln und an der Art wie Sie es tun, erkennt mit der Zeit auch ihr Sohn, was er von anderen Menschen erwarten darf. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 18.02.2008