Frage: meine tochter dreht am rad, rückmeldung (6.9.)

Guten Abend Herr Doktor Posth ! Zunächst noch zu Ihren Fragen: ...da Sie nach dem Stillen fragen: Mona hat 8 Monate voll gestillt, anschließend sehr schnell Geschmack an allem anderen (überwiegend bereits "vom Tisch", aber eben babygerecht) gefunden. Schon mit einem Jahr bestand sie nur noch abends vor dem Schlafengehen auf ihrer Portion Mumi und das ist bislang auch so geblieben (sie ist jetzt 18 Monate). In den letzten zwei Wochen bin ich mir unsicher, ob sie sich nun ganz abstillen will oder ob das nur ein Nebeneffekt zu den anderen Problemen der Selbstfindung ist - ich dränge ihr allerdings nichts auf ! Inwieweit sehen Sie da einen Zusammenhang ? Charakterlich ist sie eigentlich ein "gut zu nehmender" Sonnenschein - allerdings hatte ich Sie vor einiger Zeit schonmal um Rat gebeten, als sie so zornig-wütend-eifersüchtig auf ihre Brüder zu reagieren begann. WENN sie der Zorn packt, erkennt man sie nicht wieder ... So nun die neusten Entwicklungen: Der Rollentausch hatte leider den klassischen Nulleffekt. Als mein Mann sie ins Bett bringen wollte, gab es zunächst vorher beim Zähneputzen und Umziehen genau das gleiche Trara, als sie dann in ihrem Zimmer waren, fing sie an nach MAMA zu brüllen. Eben der Punkt "ich will das, was ich genau jetzt nicht haben kann/soll". Ich war übrigens nicht in Sichtweite. Auf dem Arm (meines Mannes) das gleiche Geschrei wie bei mir mit heftigem Abwehrgestrampel und wildem Deuten zur Tür. Also hat er sie hingelegt bzw. wollte sie hinlegen, sie stand sofort wieder auf, lehnte sich ans Gitter (vom Bett) und brüllte wie irre. Mein Mann hat dann etwas schärfer zu ihr gesagt, sie soll mit dem Theater aufhören, es wäre Zeit zum Schlafen. Immerhin hat sie dann aufgehört zu schreien. Mein Mann hat sich neben ihr Bett gesetzt, um sie nicht allein zu lassen. Er hätte ihr gern auch Körperkontakt angeboten, aber sie hat jedesmal vollkommen zickig reagiert und wieder angefangen zu brüllen, also ließ er sie stehen und er blieb sitzen. Unfaßbar: Moni ist total verbockt im Stehen an´s Gitter gelehnt eingeschlafen. Als er versuchte, sie dann hinzulegen, wurde sie halbwach und fing sofort wieder an zu toben und stellte sich hin, schlief dann so wieder ein. Mein Mann blieb noch dabei, bis sie also von allein langsam herunterrutschte, "traute" sich aber nicht mehr, sie noch irgendwie hinlegen zu wollen, hat sie dann nur zugedeckt. Inzwischen wechseln wir uns ab, einen Abend er, einen Abend ich, aber es ist der reinste Nervenkrieg und mich verunsichert am meisten, warum sie sich so anstellt. Gerade auch, daß man sie so gar nicht anrühren darf - untertags ist sie diesbezüglich völlig normal und kuschelt wie immer. Abends mutiert sie dann zur rasenden Furie. Ich würde denken, irgendwas fehlt ihr doch, aber heute abend gab es dann die große Überraschung: Eine Freundin von mir war hier, die Mona auch kennt - allerdings nicht besonders "nah" - sie sieht sie eben bisweilen mal und kann sie gut leiden. Wir saßen beim Abendessen und mit einem mal legte Mona ihre Gabel weg und streckte die Arme zu meiner Freundin und sagte "Bett". Meine Freundin fragte dann mehr im Spaß, ob sie sie bringen soll. Mein Mann und ich mußten grinsen und meinten "versuch es einfach". Tja. Meine Freundin hat Mona ohne einen einzigen Wut- oder Heulanfall hochgebracht, umgezogen, Zähne geputzt, hingelegt und zugedeckt - wie sie es mit ihren Kindern auch macht, sagte sie Mona gute Nacht, ging aus dem Zimmer und machte die Tür zu. Es dauerte keine 5 Minuten und unsere Tochter war friedlich eingeschlafen. Was soll mir das jetzt sagen ??? Ich kann doch nicht meine Freundin jeden Abend engagieren, um mein Kind ins Bett zu bringen ? - oder war das der Überraschungseffekt ? Völlig ratlose Grüße, Silke

Mitglied inaktiv - 13.09.2004, 00:59



Antwort auf: meine tochter dreht am rad, rückmeldung (6.9.)

Liebe silke, ja, was will uns ein Kind damit sagen? Wahrscheinlich ist unsere Frage falsch, denn unsere Logik erfaßt nicht unbedingt das kindliche Gedankengut. Am leichtesten zu erklären ist die Tatsache, daß Ihre Tochter durchgeschlafen hat. Es liegt ganz einfach daran, daß sie entspannt eingeschlafen ist. Bleibt die Frage, warum sie nur unter Spannung bei ihren Eltern einschläft. Wahrscheinlich ist so eine Art "Bindungsverwirrung" entstanden. Bei Ihnen steht Sie unter Spannung, weil die Brustentwöhnung beim Einschlafen nicht gelingt. Die erschwerte Loslösung, die daurch entsteht, erklärt die aggressiv gefärbten Wutausbrüche. Leider ist sie innerlich aber auch noch nicht so weit, sich in dieser schwierigen Abendsituation ganz auf den Vater als Loslösungsvorbild einzulassen. Also gerät sie auch hier unter Spannung. Die ihr offensichtlich sehr sympathische Bekannte machte sie neugierig auf einen Versuch mit einer dritten, letztlich völlig unbeschwerten Person. Das entschied ihr Wille intuitiv und unter "gelösten" Bedingungen, also nicht aufgezwungen. Und da hat es geklappt. Wie können Sie jetzt weiter verfahren? Auf die Schnelle weiß ich es nicht. Dazu ist die Sache jetzt schon zu verfahren. Aber ich melde mich wieder! Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 13.09.2004



Antwort auf: meine tochter dreht am rad, rückmeldung (6.9.)

... sie hat zum ersten mal seit langer Zeit wieder durchgeschlafen und ist gerade eben (11.30h !! - ins Bett ist sie gestern gegen 19.00h) erst aufgestanden. was will mir mein Kind damit sagen ???

Mitglied inaktiv - 13.09.2004, 12:11



Antwort auf: meine tochter dreht am rad, rückmeldung (6.9.)

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Mitglied inaktiv - 13.09.2004, 16:42



Antwort auf: meine tochter dreht am rad, rückmeldung (6.9.)

Liebe Silke, ob sie`s verbockt haben, weiß ich nicht. Manches ist vielleicht etwas unglücklich verlaufen. Inwieweit das lange abendliche Stillen mit zu der offensichtlich aggressiv unterstützen Loslösung geführt hat, darüber läßt sich nur spekulieren. Ob es schon frühe Rivlitätskonflikte mit den Brüdern(?) gibt, kann ich von hier aus nicht sagen. Wäre aber denkbar. Was geschieht mit den Brüdern anders, als mit Ihrer Tochter? Schlafen die vielleicht zusammen, Ihre Tochter allein? Was wäre, wenn Ihre Tochter eine Zeitlang bei Ihnen im Schlafzimmer in einem eigenen Bettchen schliefe? Also offenkundige Aufwertung. Das Einschlafritual sollte allerdings im wesentlichen so bleiben, d.h. vielleicht wahlweise Vater oder Mutter, weiterhin keine Brust mehr, schöne Alternativen, die auch Nähe bringen, kleine Überraschungseffekte am Abend im Bett (neuer Schlafbegleiter, neue Musikkassette, etc.). D.h. das ganze Abendprogramm incl. Nacht wird attraktiv und "heimelig". Mal sehen, was sich tut. Viele Glück

von Dr. med. Rüdiger Posth am 14.09.2004