Frage: Herumreichen des Babys

Sehr geehrter Herr Dr. Posth, viele aus unserer Familie möchten gern unseren 3 Monate alten Sohn tragen und knuddeln. Ich mag dieses Herumreichen nicht sehr, mache es aber trotzdem, weil ich niemanden vor den Kopf stoßen möchte. Sobald unser Sohn anfängt zu weinen (meist nach spätestens 3min, er mag es also gar nicht, bei anderen zu sein), nehme ich ihn sofort wieder zu mir und er beruhigt sich schnell. Danach ärgere ich mich jedes Mal, weil er gar nicht geweint hätte, wenn ich ihn nicht fortgegeben hätte. Gefährdet dieses Herumreichen den Aufbau einer sicheren Bindung? Wie begründe ich kurz und freundlich, dass ich unseren Sohn jemandem nicht geben möchte? Herzlichen Dank schon einmal für Ihre Antwort und viele Grüße! Zhara

von Zhara am 09.09.2013, 07:43



Antwort auf: Herumreichen des Babys

Liebe Zhara, ganz am Anfang der Säuglingszeit realisiert ein Kind noch nicht so genau, was um es herum passiert, und wer es gerade hält oder trägt, weil die Wahrnehmung noch ganz extrem auf die Körpereigenwahrnehmung gerichtet ist. Erst mit 3 bis 4 Monaten werden die Außenwelt und die Menschen drumherum immer wichtiger. Dann fangen auch die ersten Säuglinge an zu fremdeln. Dennoch spürt der Säugling sehr genau, wer seine Mutter ist und wer nicht. Die Mutter vermittelt ihm Geborgenheit, Sicherheit und Beruhigung, die fremde Person über kurz oder lang Beunruhigung und Besorgnis um seine Sicherheit. Ängstlich veranlagte Kinder fremdeln eher früh und stark und zeigen ein nervöses und empfindsames Temperament. Andere Säuglinge sind aber geduldiger, toleranter und genügsamer. Man kann also nicht den einen mit dem anderen so ohne Weiteres vergleichen. Wenn Sie bei Ihrem Sohn Unbehagen auf dem Arm einer fremden Person spüren, dann nehmen Sie ihn wieder schnell zu sich und beruhigen ihn; warten Sie erst gar nicht, bis er richtig schreit, denn dann ist das Beruhigen viel schwieriger und dauert sehr viel länger. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 11.09.2013