Frage: Fein- und Grobmotorik

Sehr geehrte Herr Dr. Posth, Laut Aussage des KiA und der Kindergärtnerinnen ist unser Sohn (2 J 10M) mit seiner Entwicklung seinem Alter voraus und dies sowohl motorisch wie auch psychisch. Wenn ich ihn mit Gleichaltringen vergleiche, scheint es wirklich so zu sein. Er spricht drei Sprachen in Sätzen und ohne zu mischen, lernt Lieder/Gedichte auswendig, die „warum und was wäre wenn“ – Fragen stellt er bereits seit einem Jahr etc. Auch im „grobmotorischen“ ist er tatsächlich sehr weit – fing an zu laufen, als er 11 Monate alt war, schlug Purzelbäume bevor er 2 war, springt alleine ins tiefe Wasser (tiefer als seine Höhe, ich bin selbstverständlich dabei) ohne Angst zu haben, konnte Fahrradpedalen mit 1,5 bedienen, fährt Trotinette etc. Er ist bei all diesen Tätigkeiten sehr geschickt, auch wenn ein wenig übermutig. Was aber im Vergleich zu dieser Entwicklung sehr weit hinten steht, sind seine feinmotorischen Fähigkeiten. Sachen wie Knöpfe (sehr grosse Löcher und grosse Nadel) einzufädeln, eine Linie oder eine Form zu malen, Papier durchzuschneiden etc. klappt sehr schlecht und irritiert ihn nach sehr kurzer Zeit. Sogar eine Form so zu drehen, dass sie in ein Loch passt (die passenden Löcher/Formen erkennt er sofort) klappt nur sehr schwer. Diese Beobachtung machten auch die Kindergärtnerinnen – sobald es zu „Bastelspielen“ kommt, wird er unruhig, läuft meistens davon und geht Fahrradfahren oder Klettern o.ä. Er kann sich auch überhaupt nicht anziehen (ich meine einfachste Dinger wie z.B. Unterhose), Schuhe ausziehen (Halbschuhe mit Klettverschlüssen) schafft er mit grösster Mühe und ist sofort gereizt. Auch das Essen mit Gabel/Löffel klappt nur eine Zeit lang – danach wirft er das „Werkzeug“ irritiert weg und fängt an, mit Fingern zu essen. Was ich auch beobachtet habe, ist dass er sich nicht entscheiden kann, welche Hand die „führende“ ist. Noch vor einigen Monaten schien er mir Linkshändler zu sein (wir haben es nie korrigiert), mittlerweile nimmt er ein Stift oder die Gabel mal in die linke mal in die rechte Hand. Auf Anraten von Kindergärtnerinnen habe ich dann Schere, Malzeug, Perlen zum Einfädeln etc gekauft und versuche ihn zu solchen Spielen zu animieren. Und je mehr ich es versuche, desto mehr mein Eindruck, dass er sich „rückwärts“ entwickelt und noch weniger Interesse an solchen Tätigkeiten zeigt. Seine Irritation schlägt nicht in Agression um – er geht einfach, macht wie eine kurze „Bewegungspause“ indem er sich beim Springen oder Laufen austobt und nimmt dann seine Bücher oder Bauklötze etc. und spielt was anderes. Weitere Versuche meinerseits, „zurück zu dem Malblock“ zu kehren ignoriert er völlig, wirkt aber wie verlegen. An Konzentrationsfähigkeiten scheint es nicht zu liegen, da wir z.B. eine Stunde lang Bücher schauen können, ohne dass er unruhig wird. Soll ich wirklich weiterhin versuchen, ihn feinmotorisch zu fördern oder soll ich ihn lassen, bis er von selbst Interesse zeigt (und dann auch im KiGa sagen, dass sie ihn nicht „quälen“ sollen)? Und liegt diese Entwicklung noch im normalen Bereich, oder gibt es bereits Grund zur Sorge? Danke für Ihre Antwort, Hanna

Mitglied inaktiv - 03.11.2003, 16:32



Antwort auf: Fein- und Grobmotorik

Liebe Hanna, es ist sogar häufig so, daß nicht alle Fähigkeiten und Fertigkeiten sich in gleicher Weise entwickeln. Daher kann es durchaus sein, daß der feinmotorische Bereich und die Handlungsplanung relativ zurück erscheinen, in Wirklichkeit aber einen normalen Verlauf nehmen. Wenn Sie das jetzt mit Ihrem Sohn durch Üben ausgleichen oder besser angleichen wollen, wird er sich widersetzen, denn er fühlt sich überfordert. Lassen Sie ihm erst einmal etwas Zeit, er ist ja noch nicht einmal 3 Jahre. Viele Grüße.

von Dr. med. Rüdiger Posth am 04.11.2003



Antwort auf: Fein- und Grobmotorik

Hallo! Dein Sohn ist im Kopf einfach weiter als es seine Hände mitmachen - das frustiert natürlich und er hat keinen richtigen Spaß an solchen Sachen (siehe das Weggehen im Kindergarten). Dräng ihm das Einfädeln und dergleichen nicht auf, wenn es ihm keinen Spaß macht, es gibt auch andere Möglichkeiten. Baut er denn gerne mit Bauklötzen? Ist doch Prima, denn zum Bauen von Türmen etc. ist auch eine gewisse Feinmotorik notwendig. Schenke ihm doch zu Weihnachten richtigs Lego (also nicht Duplolego, oder Lego Explore wie es jetzt heißt), da kann er auch eine Menge Fingerarbeit beim Bauen leisten. Begabte Kinder sind nicht immer in sämtlichen Bereichen weiter, in vielen Dingen können sie auch hintendran sein (wie z.B. in der Motorik). mein Sohn ist 2 Monate jünger und malt auch nicht so gerne, nur ab und zu "überkommt" es ihn und in solchen Momenten hat er mir schon ein richtiges Segelboot gemalt. Ein andremal schiebt er mir einen Zettel hin auf dem er lauter Versuche gestartet hat Buchstaben zu malen und wieder ein andermal krakelt er mit dem Stift nur hin und her. Wie gesagt: mach dir keine Sorgen wegen seiner Feinmotorik, das wird schon. Werde immer seinem Entwicklungsstand gerecht udn biete ihm Spiele an, die seinen Möglichkeiten entsprechen, so kannst du vermeiden ihn zu über- oder unterfordern.

Mitglied inaktiv - 03.11.2003, 19:05



Antwort auf: Fein- und Grobmotorik

Zur Links-/rechtshändigkeit: In demAlter istes noch normal, wenn die Kinder noch zwischenbeiden Händen wechseln. Aber aufpassen: Manche linkshändige Kinder schulen sich selbst auf die rechte Hand um, weil sie es bei Eltern usw. so beobachten und nachahmen. Später kann das Folgen haben (Unaufmerksamkeit usw.) Deshalb als Tipp: Lege beim Tischdecken Löffel/Gabel nie auf die rchte oder linke seite, sondern ober- oder unterhalb des Tellerrands, so kann er sich selbst entscheiden welche Hand er nimmt. Irgendwann wird er sich dann auf eine hand festgelegt haben..

Mitglied inaktiv - 03.11.2003, 19:14