Frage: Familienbett - aus psychologischer Sicht

Sehr geehrter Herr Dr. Posth! Ich habe, nachdem ich einiges übers Familienbett gelesen habe, ein paar Fragen an Sie: Nach der Geburt von unserem ersten kind stellte sich uns die Frage Familienbett ja oder nein. Mein Mann wollte - aber ich hatte Angst er würde es in seinem festen Schlaf erdrücken (nun bereue ich es ein wenig). Wir holten ihn dann nach dem morgendlichen Stillen zum Weiterschlafen zu uns und ich legte mich oft tagsüber nochmal mit ihm hin. Unser Sohn schlief dann bis er so ca. 11 / 12 Monate alt war in seinem Bett (bei uns im Zimmer) und auch meistens alleine ein (bei Krankheit oder Einschlafproblemen schlief er bei uns im Bett oder ich setzte mich so lange zu ihm). Da ich aber im Nachhinein ein schlechtes Gewissen bekam - ihn alleine in seinem Bettchen schlafen zu lassen, nahmen wir ihn immer öfter zu uns ins Bett. Nun schläft er den Mittagsschlaf in seinem Bett (schläft auch alleine ein) und abends legen wir uns mit ihm ins große Bett bis er eingeschlafen ist. Im großen und ganzen stört es uns nicht - es gefällt uns sogar. Meine Mutter meinte jedoch, daß ich den Kleinen ja nur meinetwegen zu uns ins Bett geholt hätte, um mein Gewissen zu beruhigen und mit ihm zu kuscheln - er hätte ja keine großartigen Schlafprobleme... 1.) Da ich nun einen Artikel gelesen habe, wo aufgezeigt wird, daß bei Kindern eine psychologische Fehlentwicklung gefördert wird, indem das Kind z.B. nach einer Scheidung bei der Mutter im Bett schläft um die Rolle des Mannersatzes auszufüllen. Stimmt das wirklich und kann das in unserem Falle auch passieren? 2.) Weiterhin las ich, daß Kinder, die im Elternbett schlafen, im weiteren Leben immer eine Einschlafhilfe benötigen werden - bis ins hohe Alter (sei es Personen, Gegenstände oder Schlaftabletten...) Diese Kinder würden auch durch die Hilfe beim Einschlafen sehr unselbständig. Kann das denn sein? 3.) Wäre es in unserem Fall besser gewesen, ihn weiterhin alleine schlafen zu lassen oder ist das Familienbett in jedem Fall am Besten oder nur bei Schlafproblemen? (Obwohl er und wir es sichtlich genießen) 4.) Haben wir ihm da etwas aufgedrängt und ihm damit seine Fähigkeit alleine einzuschlafen genommen? 5.) Fällt es Kindern, die erst später (wie bei uns) ins Familienbett wechseln - schwerer, aus dem Familienbett auszuziehen als welchen, die von Anfang an bei den Eltern schlafen? 6.) Ein zweites Kind würde dann erstmal in der Wiege neben dem Bett schlafen, da mein Mann einen sehr festen Schlaf hat und ich Angst habe er könnte es erdrücken. Sollte man da das erste Kind schon vorher ausquatieren oder warten bis es von alleine geht - ob nun vor oder nach der Geburt vom zweiten Kind...? Ich würde mich freuen, wenn Sie mir die - doch etwas viel gewordenen - Fragen alle beantworten könnten, da mich das Thema sehr interessiert! Vielen Dank im Voraus Lilli

Mitglied inaktiv - 17.07.2003, 13:52



Antwort auf: Familienbett - aus psychologischer Sicht

Liebe Lilli, also, was Sie da gelesen haben, sollten Sie schleunigst wieder vergessen. Es muß ein Tor sein, der behauptet, ein Kind, das bei den Eltern im Bett geschlafen habe, würde später von Schlaftabletten abhängig werden, etc. Das arme Papier, auf das so ein Unsinn gedruckt wurde. Natürlich ist es nicht so entscheidend, ob der kleine Säugling am Fußende im eigenen Bettchen liegt, oder zwischen den Eltern. Die Mär vom Erdrücken des Säuglings im Schlaf, die etwa alle 2-3 Jahre in den Gazetten auflebt oder von schlechten Studien in Umlauf gebracht wird, gehört längst verbannt. Die einzige Gefahr besteht darin, daß Eltern, die selbst durch Alkohol oder Betäubungsmittel nicht mehr in der Lage sind, ihre Schlafreaktionen wahrzunehmen, tatsächlich einmal, v.a. bei hohem Körpergewicht, ihrem Säugling gefährlich zu werden. Bevor ein Säugling erstickt, regt er sich, zappelt er und schreit! Das muß man natürlich spüren und hören. Es werden aber -und das muß klar gesagt werden- eindeutig mehr Säuglinge von ihren Eltern im Affekt oder in völliger Verzweiflung getötet, als daß sie unter ihren Eltern erstickten. Darüber wird viel weniger geschrieben, auch nicht über die möglichen Ursachen. Es ist selbstverständlich ein berechtigte Frage, ob ein Säugling, der mit seiner Schlafsituation zufrieden ist, unbedingt mit ins Elternbett genommen werden soll. Es geht nicht um irgendeine Befriedigung der Eltern. Es kommt nur darauf an, daß der Säugling zufrieden und sicher schläft. Alle anderen Fragen sind schon beantwortet. Schauen Sie mal im Suchlauf unter geeigneten Stichworten. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 18.07.2003



Antwort auf: Familienbett - aus psychologischer Sicht

... ist es eigentlich sooo wichtig, ob das Baby von Anfang an bei den Eltern im Bett schläft oder am Fußende des Bettes in der Wiege? Ich habe Angst in diesem Punkt bei meinem ersten Kind etwas falsch gemacht zu haben und es bei dem Zweiten besser zu machen - das erste Kind würde ja dann benachteiligt werden bezüglich des Schlafens im Elternbett im ersten Jahr... Ich hoffe das ist jetzt nicht allzu unverständlich... Lilli

Mitglied inaktiv - 17.07.2003, 14:19



Antwort auf: Familienbett - aus psychologischer Sicht

Hallo Lilli, manche haben schon sehr seltsame Ansichten :) Wenn das so wäre, dann müssten viele Völker geschädigt sein, weil sie ihre Kinder bei sich schlafen lassen. Interessanterweise rennen aber scharenweise Erwachsene zu Psychologen, die eben _nicht_ das Bedürfnis nach nächtlicher Nähe der Eltern (Mutter) als Kinder stillen durften. Ich bin keine Fachfrau, sondern Mutter mit Herz und Verstand und denke mir, dass eher die jenigen, die alleine schlafen müssen, später mal dem Risiko ausgesetzt sind anfällig für irgendwelche Neurosen und Tabletten zu werden. Kurz und gut: Benutze beide Ohren - eins für rein und eins für raus - wenn du wieder so einen Krampf übers Familienbett zu hören bekommst. Zwei Buchtipps noch: *Schlafen und Wachen* von William Sears (über www.lalecheliga.de) und *Schlafende Babys - ruhige Nächte* von Sandy Jones.

Mitglied inaktiv - 20.07.2003, 21:38