Frage: Er hört auf einmal!

Lieber Herr Dr. Posth, unser David, knapp 20 Mon., hat von uns bisher wenig NEIN gehört, schon gar nicht wollten wir bei Kleinigkeiten einen Machtkampf eingehen, sondern ihn lieber durch Ablenken in "unsere Richtung" dirigieren. Für diese Handlungsweise haben wir teilweise nur Kopfschütteln geerntet, weil "man" glaubte, so lerne er uns nicht zu respektieren, so tanze "er uns auf der Nase herum". Seit einigen Wochen nun ist es so, daß ein "Nein, das geht kaputt/ da tust Du Dir weh etc." ausreicht, um ihn von Dingen abzuhalten. Wir sind ganz begeistert, wie zufrieden er darauf eingeht. Ist unser Konzept aufgegangen oder versteht er jetzt einfach nur die Konsequenzen? Vielen Dank für Ihre wie immer interessanten Antworten. Hanna

Mitglied inaktiv - 02.06.2003, 20:49



Antwort auf: Er hört auf einmal!

Liebe Hanna, beides ist richtig. Also sowohl Ihre einfühlsame Art, die sich jetzt auszahlt, als auch das Anwachsen des kognitiven Verständnisses ihres Sohnes. Beides hängt sogar auf diffizile Weise miteinander zusammen. Lesen Sie mal meine älteren Antworten zu "Nein" und Nein-sagen (über Suchlauf ansteuern). Weiterhin viel Erfolg

von Dr. med. Rüdiger Posth am 04.06.2003



Antwort auf: Er hört auf einmal!

Hallo Hanna, auf Deinen Rat hin habe ich mir auch das Buch "Smart Love" zugelegt. Es entspricht, vorallem in den Beispielen aus dem Leben, nicht immer meinem Geschmack und alles kann ich so auch einfach nicht glauben. Aber der Grundgedanke ist sehr einleuchtend und meiner Meinung nach auch sehr leicht umzusetzen. Gesagt getan, und auch unser Alltag mit Hendrik ist schon nach kürzester Zeit viel leichter geworden. Das tolle ist nämlich ganau das, was Du beschreibst. Wir waren am Sonntag auf einer Gartenparty, sieben Stunden. Hendrik ist ständig zusammen mit größeren Kindern von der Terrasse ins Haus und wieder zurück gelaufen. Irgendwann hat mich eine Mutter angesprochen und ganz erstaunt gefragt, warum er nichts anfasst. Bis zu dem Zeitpunkt war es mir noch gar nicht aufgefallen. Er lief über Stunden immer am Geschenketisch und am Fernseher, Telefon, Zeitschriftenständer vorbei und er hat nichts angefasst. Ich habe dann gesagt, und es ist unglaublich, aber scheinbar wahr, dass er nichts anfasst, weil er weiß, dass er es nicht darf und weil er scheinbar auch kein Bedürfnis danach hat. Schon komisch mit 15 Monaten. Wir haben ihn jetzt über Wochen aufgrund der Anleitungen in dem Buch hier mit allem, was wir nicht schnell genug versteckt hatten, spielen lassen. Seine Frustrationen versuchen wir sehr klein zu halten. In dem fremden Haus hätte ich es ihm alles verbieten müssen, es wäre ein riesiger Kampf gewesen. Ich kann mir irgendwie kaum vorstellen, dass er sich einfach unbewusst dieser Frustration nicht aussetzen wollte, aber wie soll ich mir sonst das Verhalten erklären? War sehr schön und stressfrei, aber ich traue dem Frieden noch nicht. Da kommen auch wieder Rückschläge. Aber zumindest einmal habe ich den Beweis dafür liefern können, dass die Methode funktioniert. Ich ernte für den Umgang mit ihm auch eher Unverständnis, vorallem wenn ich ihm auf dem Spielplatz nicht stundenlang erkläre, dass jedes Kind nur mit seinem eigenen Spielzeug spielen darf. Oder dass ich nicht verzweifelt "Nein" schreie, wenn er hier bei uns an der Stereoanlage rumfummelt. Habe schon oft den Begriff "antiautoritär" in meiner Gegenwart über unsere Erziehung gehört. Wir kommen klar, genauso wie ihr. Und scheinbar scheint es ja auch zu fruchten. Und die Fehler, die ich sonst noch so alle mache, die mache ich auch gerne, ich bin ja bei weitem nicht unfehlbar. Vielen Dank nochmal für den Buchtipp! Liebe Grüße Marina

Mitglied inaktiv - 03.06.2003, 09:34



Antwort auf: Er hört auf einmal!

Das hat mich sehr, sehr gefreut, was Du über Deine Erlebnisse mit Hendrik geschrieben hast. Mit den Bsp. in dem Buch....- das sehe ich auch ein bißchen so. Es stammt halt aus Amerika, und nimmt man den kulturbedingten Schmuh (Du weißt schon, was ich meine) weg, kann man es toll anwenden. Mit antiautoritärer Erziehung hat das ja auch nichts zu tun (s. Thema Selbstbestimmung), sondern nur damit, daß die Phasen des Kindes als solche begriffen werden und die Selbstachtung des Kindes nicht beschädigt wird. Jetzt habe ich langsam Hemmungen, hier weiter darüber zu diskutieren, denn bestimmt findet es der Doc nicht so klasse, wenn wir hier sein Experten-Forum mit unseren Gesprächen füllen ?!! Liebe Grüße an Dich und Hendrik Hanna

Mitglied inaktiv - 03.06.2003, 14:35



Antwort auf: Er hört auf einmal!

Hallo Marina, das Buch, von dem du sprichst, kenne ich nicht. Überhaupt habe ich noch nie einen Erziehungsratgeber oder ähnliches gelesen. Was du (und Hanna) schreiben, zeigt mir aber, dass wir wohl intuitiv auf dem richtigen Weg sind, mit unserer "erziehungsmethode". Unser Sohn durfte von Anfang an alles anfassen, was in seiner Reichweite war (alles andere haben wir weggeräumt; zum Glück haben wir Platz im Keller;-)). Wir schimpfen zwar, wenn er z.B. unsere Blumen abreißen will, aber nur ganz kurz und keinesfalls richtig laut und ausladend, wie ich es leider immer wieder bei anderen erlebe. Auch wir lenken ihn dann mit "interessanteren" Sachen ab. Er ist jetzt 15 Monate und wenn er etwas haben will, zeigt er darauf und sagt "da" bekommt er es nicht, wird kurz gemault, dann ist es gut. Überhaupt ist er sehr zufrieden mit sich und der Welt. Und das finde ich so schön, dass ich das jetzt mal schreiben musste. Schön, dass ihr mich mit euren postings in meiner Überzeugung bestätigt habt, denn auch ich ernte natürlich Kopfschütteln mit meiner "laschen" Methode. Grüße Franca

Mitglied inaktiv - 03.06.2003, 14:47



Antwort auf: Er hört auf einmal!

Die "laschen Eltern" haben die allerglücklichsten, zufriedendsten Kinder. Unser David ist so "pflegeleicht", da steh´ich locker über den Sprüchen von den ganz kernigen, durchgreifenden Eltern, stimmt´s nicht? Liebe Grüße Hanna

Mitglied inaktiv - 03.06.2003, 14:52



Antwort auf: Er hört auf einmal!

franca

Mitglied inaktiv - 03.06.2003, 17:40



Antwort auf: Er hört auf einmal!

Hi Hanna! Ich hab mir auch das Buch gekauft :-) und schonmal kurz reingelesen (danke für den Tipp). Zu mehr bin ich noch nicht gekommen. Aber es spiegelt genau das wider, was ich mir unter unserer Erziehung vorstelle. Den Begriff "einfühlsames Lenken" finde ich übrigens klasse!!! Ich hab dieselben Erfahrungen gemacht wie du. Auch Nico ist ein super liebes und zufriedenes Kind, wenn man "richtig" mit ihm umgeht. Und das beste Kompliment hab ich neulich von meiner Schwester gehört: Sie meinte, dass sie gar nicht das Gefühl hätte, wir würden Nico "erziehen" im klassischen Sinn (sie meinte das positiv). Und genau das will ich erreichen!!! *freu* Übrigens durfte ich mir jetzt am Sonntag auch anhören, ich würde mich mehr und mehr zum Sklaven meines Kindes machen... *lach* Aber da stehen wir drüber, oder??? LG Janet P.S. Um nicht das Forum zu sprengen, würde ich mich auch über ne private mail freuen :-)!

Mitglied inaktiv - 03.06.2003, 20:28