Liebes Team
ich habe 2006 eine Tochter per Notkaiserschnitt geboren wegen BEL und Hellpsyndrom
In dieser Schwangerschaft verläuft nun alles bisher ganz gut durch Heparingabe etc.
Nun beschäftigt mich das Thema Geburt.
Wie verläuft ein 2. Kaiserschnitt ist dies komplizierter als der 1.? Kann hier auch der Sanfte Kaiserschnitt gemacht werden oder muss hier geschnitten werden?
Was passiert mit der alten Narbe?
Ich habe Bedenken, dass bei einer natürlichen Geburt es doch zu Komplikationen kommt und dann doch ein Notkaiserschnitt gemacht werden muss oder es zum reißen der Narbe an der Gebärmutter kommen könnte.
Können Sie einen Rat geben welche Geburtsmethode bei meiner Vorgeschichte (wachstumsretardierung, Plazentainsuffienz, Hellp Syndrom etc) in der 1. SS nun die bessere wäre?
Lieber ein geplanter Kaiserschnitt oder eine natürliche Geburt versuchen?
Kann man die Gefahr eines Gebärmutterrisses durch einen Ultraschall in dem man die Narbe innerlich beurteilt vorhersagen?
Vielen Dank im Voraus.
Mitglied inaktiv - 06.08.2009, 10:35
Antwort auf:
2. Kaiserschnitt?!?!
Hallo,
1. die Zahlen der Literatur beziffern das Wiederholungsrisiko für eine Präeklampsie (Gestose) zwischen 19,5 -25,9 Prozent. Es ist also nicht gerade gering.
Nach einer Eklampsie ist das Wiederholungsrisiko etwa bei 21.9Prozent bis 46.8 Prozent. Nach einem HELLP-Syndrom ist das Wiederholungsrisiko zwischen 3-5 Prozent anzusiedeln.
Im Falle eines erneuten Kinderwunsches mit derartiger Vorgeschichte sollte sicher schon im Vorfeld auch der Hausarzt nach internistischen Symptomen, die von Herz-Kreislaufsystem ausgehen können oder auch die Niere betreffen können, schauen, um hier im entsprechende Risiken auszuschließen.
Auch können schon mal Gerinnungsstörungen bei der Frau, die nur mit speziellen Untersuchungen nachweisbar sind, ursächlich sein.
Darüber hinaus sollte die Frau dann während der Schwangerschaft auf eine möglichst gesunde Ernährung unter Wahrung der maximalen Gewichtszunahme, einer ausreichenden Flüssigkeits-, Eiweiß- und Salzaufnahme achten.
Die prophylaktische Einnahme von Magnesium hat sich in wissenschaftlichen Studien eindeutig als vorbeugend erwiesen.
Unter Berücksichtigung der Vorgeschichte sind entsprechende Hinweiszeichen frühzeitig zu beachten.
Auch ist über eine Ultraschall-Doppleruntersuchung zu sprechen, bei der man schon früher, als mit anderen Methoden, Hinweiszeichen für eine Präeklampsie (Gestose) erkennen kann.
2. zu beantworten sind bei der Frage, ob bei einer Folgeschwangerschaft erneut ein Kaiserschnitt erfolgt, die folgenden Fragen:
1.warum wurde der Kaiserschnitt gemacht? Wie war der Geburts- und Wehenverlauf?
2. Gibt es bei der folgenden Schwangerschaft besondere, geburtshilfliche Risiken bei der Frau und während der Schwangerschaft?
3. Wie schwer ist das folgende Kind ungefähr bei Geburt? Dieses sollte um die 36. SSW durch Untersuchung und per Ultraschall abgeschätzt werden.
4. Wie sind die Bedürfnisse der Eltern hinsichtlich des Entbindungsmodus?
5. Was empfehlen Frauenarzt/Ärztin und die Entbindungsklinik den Eltern?
Generell ist es wohl sicher den meisten Fällen möglich, eine vaginale Entbindung (spontan, per Saugglocke oder Zange) auch nach einem Kaiserschnitt durchzuführen, ohne, dass hier Probleme entstehen müssen.
Dieses sollte aber in Absprache mit der Frauenärztin/Frauenarzt und der Entbindungsklinik entschieden werden, wo die Frau sich eigentlich immer vor der Geburt vorstellen sollte und nach einem Kaiserschnitt vielleicht noch mehr, um über die Vor- und Nachteile und auch die möglichen Risiken des ein oder anderen Vorgehens zu sprechen.
3. bei einer Schwangerschaft/Geburt nach einem oder mehreren Kaiserschnitten ergeben sich besondere Risiken im Wesentlichen durch die mögliche Ruptur der Gebärmutter. Dieses kann während der Gravidität (sehr selten) als auch unter der Geburt eintreten.
Man spricht von einer kompletten Ruptur, wenn es zur Zerreißung des Bauchfells über der Gebärmutter (viszerales Peritoneum) mit teilweisem Vorfall fetaler Anteile in die Bauchhöhle kommt. Dies bringt eine akute Gefährdung von Mutter und Kind mit sich. Geht die Naht ein wenig auseinander (Nahtdehiszenz), kann dieses ohne Symptome verlaufen.
Die Ruptur der Gebärmutter noch während der Schwangerschaft bei regelmäßiger Wehentätigkeit ist offensichtlich so selten, dass es hierzu keine Zahlen in der Literatur gibt, auch wenn die Anzahl der Kaiserschnitte deutlich zugenommen hat.
Das Risiko einer Uterusruptur für Frauen nach einem Kaiserschnitt liegt nach Informationen der WHO bei etwa 0,32% (Spong CY et al. Risk of uterine rupture and adverse perinatal outcome at term after cesarean delivery. Obstet Gynecol 2007;110: 801-7). Das Risiko für eine Ruptur nach Kaiserschnitt ist bei der Spontangeburt mit 0,74% am größten verglichen mit einem primären oder sekundären erneuten Kaiserschnitt.
In einer Studie (Stamilio DM et al. Short interpregnancy interval: risk of uterine rupture and complications of vaginal birth after cesarean delivery. Obstet Gynecol 2007; 110:1075-82) zum Einfluss des Zeitintervalls zwischen dem Kaiserschnitt und der darauffolgenden Schwangerschaft auf das Rupturrisiko konnte gezeigt werden, dass alle Zeitintervalle über 6 Monate inklusive des überdurchschnittlich langen Schwangerschaftsintervalls über 60 Monate kein statistisch signifikant erhöhtes Risiko einer Gebärmutterruptur unter der Geburt mit sich bringen
Aus WHO- Bericht WHO geht hervor, dass es für Frauen ohne vorherige Operationen an der Gebärmutter (inklusives Kaiserschnitt) nur einen einzigen Report gibt und der gibt ein extrem geringes Risiko von (0.006%) an.
(Quelle: http://www.who.int/reproductive-health/global_monitoring/articles/uterinerupture.pdf )
Für die Dicke der Gebärmutterwand gibt es keine Daten, da aus ihr alleine keine Rückschlüsse zu ziehen sind.
4. der Ablauf der Operation ist praktisch der gleiche, wie beim ersten Kaiserschnitt. Die alte Naht am Bauch wird hier eröffnet und wegen möglicher Verwachsungen wird das Vorgehen des "sanften Kaiserschnitts" nicht immer möglich sein.
5. bei jedem weiteren Kaiserschnitt gibt es selbstverständlich immer auch mehr Risiken wegen möglicher Verwachsungen.
Bitte sprechen Sie sich aus diesem Grund zum weiteren Vorgehen mit Ihrer behandelnden Frauenärztin/Frauenarzt und der Entbindungsklinik ab.
VB
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 06.08.2009