Annapas
Lieber Dr.Brügel, In möchte Ihnen, wenn das okay ist, eine ziemlich allgemeine Frage stellen.... Ich arbeite als Lehrerin in einer großen Realschule, insgesamt 800 Schüler und 35 Kollegen. Mein Sohn besucht die erste Klasse einer Grundschule und ist 7 Jahre alt. In der Schule kriecht und fleucht ja alles Mögliche und ich bin ehrlich: ich habe einfach Angst, meinen Sohn mit erwas anzustecken. Ich habe meinen Beruf früher sehr gemocht und war auch sehr engagiert, jetzt überwiegt leider die Angst. Unser Wohnort ist von der Schule 15 im entfernt und mein Mann behauptet immer, dass sich Infektionskrankheiten eh verbreiten, sprich: wenn in " meiner" Schule die Grippewelle wäre, wäre es in der Grundschule meines Sohnes nicht anders. Wie sehen Sie das? Ich möchte soooo gerne meinem Beruf wieder engagiert, ohne Angst nachgehen. Ich bitte um Ihre Einschätzung, danke! Annapas
Hallo Annapas, ich würde jetzt gerne mal ein wenig ausholen, weil Ihre Frage so typisch ist für ein Phänomen, das extrem um sich greift und das ich nicht verstehe: die große Angst vor Ansteckung mit Grippe oder anderen winterlichen Viruserkrankungen. Irgendwie war es doch schon immer so, dass in den Wintermonaten Infektionswellen durchs Land gerollt sind. Meine Familie hatte vor circa 10 Jahren komplett (außer mir, Kinderärzte sind stark durchimmunisiert!) die Schweinegrippe und alle lagen eine Woche flach. Und Menschen die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten waren hier schon immer mehr exponiert als andere und haben sich oftmals in den ersten Berufsjahren viel infiziert und später dann oftmals weniger. Meine Wahrnehmung ist nun seit der Pandemie, dass eine irrationale Angst vor Ansteckungen herrscht und insbesondere bei LehrerInnen und ErzieherInnen es sozusagen ganz dramatisch ist, dass sie durch den vermehrten Kinder/Jugendlichen Kontakt "gefährdeter" sind als andere Berufsgruppen. Und wenn ich ehrlich sein soll, dann finde ich das ein wenig seltsam, da es doch völlig klar ist: wer in gewissen Berufen arbeitet: Schulen, Kindergärten, Pflegeheimen, Krankenhäusern, Arztpraxen, der/die ist schneller mal mit irgendwas infiziert, das ist Teil des Berufs. Und die Krankheitsbilder sind ja nun nicht dramatisch anders geworden. Die Grippe ist so gefährlich oder besser gesagt überwiegend ungefährlich für nicht vorerkrankte, nicht zu alte Menschen wie eh und je und trotzdem scheinen die Sorgen und Ängste der Menschen extrem zu zunehmen. Daher wäre eigentlich meine Antwort: so what? Im schlimmsten Fall sind Sie oder Ihr Sohn eben mal eine Woche krank, aber es drohen doch weder hier noch da irgendwelche existenziell bedrohliche Krankheiten und auch nichts anderes als in der Vor-Pandemiezeit. Herzliche Grüße und ein schönes Wochenende Ralf Brügel