Frage im Expertenforum Impfen an Prof. Dr. med. Ulrich Heininger:

Meningokokkenimpfung

Prof. Dr. med. Ulrich Heininger

Prof. Dr. med. Ulrich Heininger
Leitender Arzt Infektiologie / Vakzinologie
Stellvertretender Chefarzt

zur Vita

Frage: Meningokokkenimpfung

Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Lieber Herr Dr. Heiniger, empfehlen Sie, ein gesunden Kind (nächstes Frühjahr 3 Jahre alt) gegen Meningokokken impfen zu lassen, und wenn ja, mit welchem Impfstoff? (Da gibt es wohl mehrere Hersteller - ich hab mal geleen, dass irgendein Impfstoff besser wirkt, kann mich aber leider nicht an den Namen erinnern.) Soweit ich weiß, gibt es die "babytauglichen" Impfstoffe außerdem"nur" gegen Typ C; macht das in Mitteleuropa Sinn oder soll man lieber gleich den "Reiseimpfstoff" nehmen?? Gibt es da Unterschiede im Hinblick auf Verträglichkeit bzw Nebenwirkungen und/oder Schutzdauer? Und was ist, wenn wir im nächsten oder übernächsten Jahr nach England (da soll es ja gefährlicher sein) fahren - ist da nochmals eine Reiseimpfung nötig, und sollen sich auch die Erwachsenen impfen lassen? Letzte Frage: Stimmt es, dass viele Leute diese Bakterien im Rachen haben, ohne zu erkranken? Was für eine Schutzwirkung hat die Impöfung dann? Und kann ein Geimpfter diese dennoch übertragen? (Bin leicht verwirrt, sorry.) Herzlichen Dank, auch ganz allgemein für Ihre kompetente und dabei auch sehr nette Art, Fragen zu beantworten. Tinette


Prof. Dr. med. Ulrich Heininger

Prof. Dr. med. Ulrich Heininger

Beitrag melden

Liebe Tinette, ich persönlich halte die Impfung gegen Meningokokken für sinnvoll, auch wenn sie bislang nicht allgemein in Deutschland empfohlen ist. Ich halte sie deshalb für sinnvoll, weil sie eine sehr gefährliche (d.h. invasive) Infektionskrankheit (eitrige Hirnhautentzündung, Sepsis=Blutvergifting u.a.) verhindern kann. Leider ist es so, wie Sie gehört haben: der beste Impfstoff (= mit höchster Schutzrate, und schon bei Säuglingen und Kleinkindern sehr effektiv) schützt "nur" vor Infektionen durch Gruppe C Meningokokken (sog. "Konjugatimpfstoff"). Diese sind in Deutschland für etwa 30% der invasiven Meningokokkeninfektionen verantwortlich. Aber: das relativ höchste Erkrankungsrisiko besteht im Säuglings- und Kleinkindesalter (gefolgt von den Jugendlichen) mit etwa 5 (Säuglinge) bzw. 2 (Kleinkinder) Gruppe C-Infektionen pro 100 000 Personen pro Jahr - also nicht gerade sehr häufig, aber wen es trifft, weiss man vorher eben nicht. Welchen der drei in Deutschland zugelassenen MenC-Konjugatimpfstoffe man dafür verwendet (es genügt übrigens eine Dosis nach dem 1. Geburtstag, die Verträglichkeit ist sehr gut, die Schutzdauer ist vermutlich lange, d.h. viele Jahre, möglicherweise sogar Jahrzehnte) ist relativ egal. Es bestehen zwar messbare Unterschiede in der Höhe der erreichbaren Antikörperspiegel bestehen - ob dies aber für den Patienten bedeutsam ist, ist bislang unbekannt. Den "Reiseimpfstoff" würde ich für hiesige (=europäische Verhältnisse) NICHT empfehlen, denn er erweitert den Schutz auf Serogruppen (A, W135 und Y), die es bei uns praktisch nicht gibt. Er ist zudem weniger wirksam als der C-Konjugatimpfstoff und allenfalls für Reisende nach Afrika, Mekka, Südamerika etc. empfehlenswert. Wenn Sie heutzutage nach England reisen, so sind Sie dort sicher weniger dem Risiko einer Meningokokken-Gruppe C Infektion ausgesetzt als wenn Sie zu Hause bleiben. Denn: seit Jahren impft man weite Teile der Bevölkerung dort gegen diese Infektion. Dies hat zu einem dramatischen (im positiven Sinne!) Rückgang dieser Infektionen geführt - auch bei den Kontaktpersonen, die selbst gar nicht geimpft sind. Also: auf nach England! Uebrigens: in den Niederlanden impft man derzeit auch die Kinder gegen Gr. C-Meningokokken, weil dort diese Form der Infektion in letzter Zeit deutlich zugenommen hat. Bei uns ist die Lage bislang eher "stabil", was auch mit ein Grund ist, weshalb in Deutschland bislang noch keine generelle Impfempfehlung besteht. Ja, viele Menschen haben Meningokokken im Nasen-Rachenraum. Aber: meist handelt es sich dabei um unbekapselte (d.h. harmlose) Varianten. Aber, auch die gefährlichen Varianten haben manche Menschen im Nasenrachenraum (ohne es zu wissen), und geben diese auch gelegentlich an Kontaktpersonen weiter. Welche einzelnen Auslösefaktoren es dann bedarf, damit diese "Uebeltäter" die Schleimhautbarriere verlassen und ins blut eindringen, wissen wir nicht immer im Detail (zB Immunschwäche, vorausgehende Virusinfektion u.v.m.). Ich hoffe, Ihre Fragen sind jetzt beantwortet. Wenn nicht, haken Sie bitte nach. Besten Dank auch für das freundliche Kompliment und alles Gute!


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.