Frage im Expertenforum Impfen an Prof. Dr. med. Ulrich Heininger:

impfungen allgemein

Prof. Dr. med. Ulrich Heininger

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Leitender Arzt Infektiologie / Vakzinologie
Stellvertretender Chefarzt

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Frage: impfungen allgemein

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sehr geehrter herr dr heininger, ich hätte noch eine frage allgemein zu impfungen. ich war bisher immer der meinung dass impfen grundstätzlich das immunsystem stärkt, da es ja angeregt wird. der sohn einer freundin wurde aber unmittelbar nach seiner ersten pneumokokkenimpfung ernstlich krank (atemwegsinfekt) und mußte mit antibiotika behandelt werden und war dann zwischen seinem 9. und 12. immer wieder krank (verschiedene infekte, rotter virus, salmonellen etc). meine freundin ist jetzt verunsichert was das impfen angeht, da sie auch von verschiednen seiten (auch medizinischerseits) gehört hat, dass impfen das immunsystem grundsätzlich schwächen kann. ist das denkbar? (auch die aussage, dass impfungen zu allergien beitragen können, hört man immer wieder von "impfgegnern", ist das aus schulmedizinischer theoretisch mögilch?) vielen dank! tanja


Prof. Dr. med. Ulrich Heininger

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Guten Abend Tanja, was dem Sohn Ihrer Freundin widerfahren ist, ist wirklich Pech. Denn: wie Sie richtig gehört haben, Impfungen schwächen das Immunsystem NICHT. Auch Allergien sind kein typisches Problem bei Impfungen. Das Gerücht, dass Impfungen für die zunehmend häufigeren Allergien im Kindesalter verantwortlich seien, hält sich hartnäckig. Es ist unbestritten, dass Allergien im Kindesalter in den letzten 20 bis 30 Jahren stark zugenommen haben. Auch ist unbestritten, dass auch die Zahl der empfohlenen Impfungen im gleichen Zeitraum zugenommen hat. Hier aber einen ursächlichen Zusammenhang herzustellen wäre genauso leichtfertig wie zu behaupten, dass Farbfernsehen Lungenkrebs verursacht, weil in den letzten 30 Jahren die Fälle an Lungenkrebs genauso stark zugenommen haben wie die Anzahl verkaufter Farbfernsehgeräte. Auch eine einfache Situationsbeobachtung zeigt, dass Impfungen nicht für den allgemeinen Trend zur zunehmenden Allergiehäufigkeit verantwortlich sein können: in der ehemaligen DDR bestand eine Impfpflicht, entsprechend hoch war der Anteil vollständig geimpfter Kinder (mehr als 95%). Und doch waren Allergien – im Vergleich zu Westdeutschland – wesentlich seltener. Mit dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung Deutschlands zeichnete sich folgende Entwicklung ab: innerhalb von wenigen Jahren kam es mit dem Wegfall des Impfzwangs in den Ländern der ehemaligen DDR zu einem Rückgang der Impfakzeptanz und damit der Durchimpfungsraten bei Kindern, wohingegen gleichzeitig die Rate an Allergien zunahm. Wenn man also überhaupt einen Zusammenhang zwischen Impfen und Allergien konstruieren möchte, dann müsste man den Impfungen eher einen den Allergien vorbeugenden Effekt zusprechen! Wir wissen aber aus Untersuchungen der letzten Jahre, dass es wohl eher unser allgemeiner Lebensstil ist, der eine Neigung zu Allergien mit sich bringt. Denn wer z.B. auf einem Bauernhof lebt und/oder in den ersten Lebensjahren viel Zeit mit mehreren anderen Kindern verbringt (wie z.B. in Kinderkrippen oder früher in den häufigen Grossfamilien) hat nach wie vor ein relativ geringes Allergierisiko – und dies unabhängig von der Art und Anzahl erhaltener Impfungen! Alles Gute!


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