Mitglied inaktiv
Hallo Dr. Heininger! Mein Mann und ich leben derzeit in der Türkei, unser Sohn Lukas ist im Mai hier zur Welt gekommen. Die türkischen Impfempfehlungen sehen folgendermaßen aus: Gleich nach der Geburt und noch einmal 4 Wochen später: Hepatitis B Nach 2 Monaten: Diphterie/Keuchhusten/Tetanus/Polio/Hib (5fach-Impfung) Nach 3 Monaten: BCG-Tuberkulose Nach 4 Monaten: Diphterie/Keuchhusten/Tetanus/Polio/ Hib Nach 6 Monaten: Diphterie/Keuchhusten/Tetanus/Polio/ Hib Nach 9 Monaten: Masern Nach 13 Monaten: Windpocken Nach 15 Monaten: MMR Nach 18 Monaten: Diphterie/Keuchhusten/Tetanus/Polio/Haemophilus Influenza B Nach 2 Jahren: Hepatitis A Nach 3 Jahren: Hepatitis A 4.-6. Lebensjahr: Diphterie/Tetanus/Polio, MMR und Tuberkulose 11.-12. Lebensjahr: Diphterie/Tetanus oder nur Tetanus Da der Plan von den deutschen Empfehlungen z.T. sehr abweicht, habe ich folgende Fragen: 1. Sind die Impfzeiten / -abstände o.k.? Welche Mindest- bzw. Maximalabstände sollten unbedingt eingehalten werden? 2. Windpocken-Impfung nach 13 Monaten o.k.? Ich habe gehört, dass man ruhig impfen sollte, da die Krankheit heftig verlaufen kann. Wann kann die Impfung frühestens durchgeführt werden und welche Abstände zu anderen Impfungen sind dann zu beachten (ich frage das deshalb, falls wir vor dem 13. Monat nach Deutschland zurückkehren und die Impfung evtl. noch hier machen lassen wollen) 3. Warum gibt es hier eine Extra-Impfung für Masern, wenn dann noch 2 MMR-Kombi-Impfungen folgen? Ist das sinnvoll? 4. Ist die Tuberkulose-Impfung in der Türkei wirklich notwendig?? Wie hoch ist das Risiko einer Ansteckung? Ist der Übertragungsweg generell nur über Tröpfchen-Infektion von Mensch zu Mensch? Reicht ein kurzzeitiger Kontakt mit einem Fremden schon aus, um sich anzustecken? Da ich gelesen habe, dass diese Impfung keinen Schutz vor einer Ansteckung birgt und recht viele unschöne Nebenwirkungen hat und darüber hinaus die Wirksamkeit der Impfung nicht einmal bewiesen ist, bin ich mir sehr unsicher, ob ich meinem Sohn das „antun“ soll! Wozu würden Sie raten?? Wie kann man sein Kind auf Tuberkulose testen lassen, gibt es da einen bestimmten Test und wie wird der durchgeführt (Blutabnahme??). Dieser Test wird doch sicher auch in der Türkei zu machen sein? Ist es nicht sinnvoller, Lukas in regelmäßigen Abständen (welche Abstände wären da angebracht?) zu testen als ihn zu impfen?? 5. Müssen wir nach Rückkehr nach Deutschland darauf achten, dass bei Folgeimpfungen ein bestimmter Impfstoff verwendet wird oder sind die international gleich, so dass hier keine Probleme auftreten? Vielen Dank für die Beantwortung meiner zahlreichen Fragen und schöne Grüße aus der sonnigen Türkei!! Anja
Hallo Anja, ja, der türkische Impfplan weicht vom deutschen ab - aber nicht so sehr, wie man auf den ersten Blick meinen möchte. 1) Alle Abstände sind Mindestabstände, es gibt keine Maximalabstände. Jede Impfung zählt! 2)Ja, die Impfung gegen Windpocken ist im Alter von 13 Monaten sinnvoll, da bis dahin der mütterliche Nestschutz abgebaut ist. Abstand ist dann nur zur 1. MMR-Impfung einzuhalten, nämlich mindestens 4 Wochen (Grund: beides sind sog. Lebendimpfstoffe, die sich sonst in der Entfaltung ihrer Wirksamkeit behindern könnten). 3)Das entspricht der WHO-Empfehlung für Länder, mit hoher Rate an Masernerkrankungen. Hier soll man schon sehr früh - frühestens ab 6 Monaten oder mit 9 Monaten, wie in der Türkei - gegen Masern impfen. Da der Impfschutz in diesem jungen Alter aber noch nicht optimal ist, folgen zwei weitere MMR-IMpfungen (jetzt als Kombination) nach dem 1. Gweburtstag, wo auch die Wirksamkeit gewährleistet ist. Der frühe Masernschutz ist vergleichsweise (zu Mumps und Röteln) sehr wichtig, daher die frühe Einzelimpfung (meine Interpretation). 4)Die Impfung gegen Tuberkulose (BCG) ist aus den von Ihnen genannten Gründen sehr umstritten. Sie schützt insbesondere (zu etwa 80%) vor den sehr schweren Verlaufsformen (Meningitis), weniger bis gar nicht vor der Lungentuberkulose. Für unbedingt notwendig halte ich sie deshalb nicht, auch nicht in einem Land wie der Türkei, insbesondere, wenn eine gute medizinische Versorgung besteht. Ja, die Uebertragung erfolgt mittels Tröpfchen von Mensch zu Mensch. Eine stattgehabte Infektion lässt sich durch einen Hauttest (Tuberkulinprobe) nachweisen. Eine Ueberprüfung von Zeit zu Zeit ist nur sinnvoll in Làndern, in denen ein hohes Infektionsrisiko besteht. Die Türkei gehört dazu, auch ist der Test universell erhältlich. In welchen Abständen das wirklich sinnvoll ist, darüber lässt sich streiten (alle paar Jahre?). 5) Das ist unbedenklich. Vor allem für die Auffrischimpfungen (ab dem 1. Geburtstag) ist man nicht mehr darauf angewiesen, möglichst beim gleichen Impfstoff zu bleiben. Lediglich im Säuglingsalter sollte wenn möglich für die sogenannte Grundimmunisierung der Impfstoff wenn möglich (!) nicht gewechselt werden. Ich hoffe, Ihre Fragen damit beantwortet zu haben und grüsse Sie aus dem ebenfalls zur Zeit sehr sonnigen Basel (heute immerhin 38°C)! Alles Gute!