Frage im Expertenforum Impfen an Prof. Dr. med. Ulrich Heininger:

Antikörper etc.

Prof. Dr. med. Ulrich Heininger

Prof. Dr. med. Ulrich Heininger
Leitender Arzt Infektiologie / Vakzinologie
Stellvertretender Chefarzt

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Frage: Antikörper etc.

Mitglied inaktiv

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Lieber Dr.Heininger, unlängst wurden in einer Diskussion folgende Fragen aufgeworfen: 1. Wie ist es möglich, dass ein Impfstoff, der "nur "hohes Fieber verursacht (zb Ticovac), vom Markt genommen wird, während ein Impfstoff, der mit einigen Todesfällen asoziiert ist (zB Hexavac; aber offenbar auch in Verbindung mit den MenC-Impfstoffen in England), nicht gleich - quasi schon vorsorglich - eingezogen wird, zumal es (jedenfalls beim Hexavac) ja Alternativen gibt? Müsste nicht schon der bloße Verdacht auf einen Zusammenhang zu einer Rücknahme führen? 2. Auf die Frage, ob man nicht vor einer Impfung (insb gegen Meningokokken) eine Antikörperbestimung durchführen lassen könne, erhält man durchwegs die Antwort, dies sei nicht möglich bzw. auch nicht aussagekräftig, weil man trotzdem nicht wisse, ob die Person immun ist oder nicht. Wie ist dann der Erfolg einer solchen Impfung zu messen - da werden doch ebenfalls "nur" die Antikörper im Blut bestimmt, oder? 3. Ist eigentlich bekannt, wieso es ausgerechnet in den USA, wo doch (übertrieben ausgedrückt) gegen alles geimpft wird, keine MenC-Routineimpfung für Kinder gibt? 4. Lösen diese Meningokokken Typ C eher bei Jugendlichen Erkrankungen aus und ist daher die Impfung im Kleinkindalter "weniger wichtig", oder ist das falsch? Für eine Beantwortung dieser Fragen wäre ich Ihnen wirklich sehr dankbar! Und danke für die Mühe und den Zeitaufwand! Tina


Prof. Dr. med. Ulrich Heininger

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Hallo Tina, 1) weil bei Ticovac der Ursache-Wirkungsverhältnis (Fieber) zweifelsfrei war, wohingegen die wenigen (!) Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang zu 6-Fach-Impfstoffen nach bisherigem Kenntnisstand der normalen Erwartungswahrscheinlichkeit entsprachen (sie kennen ja sicherlich den plötzlichen Kindstod und seine Altersverteilung: nämlich weit überwiegend im ersten Lebensjahr, wo auch geimpft wird. Den plötzlichen Kindstod gab es aber auch schon vor Einführung von Impfungen un dinsbesondere vor Einführung der 6-fach-Impfstoffe - und zwar noch häufiger als heute!). 2) das stimmt, der Schutz lässt sich nicht ohne weiteres direkt im Blut bestimmen, da nicht nur Antikörper daran beteiligt sind. Wohl aber gibt es starke Hinweise auf Schutz, sog. Korrelationen. Die besten tests sind wirklich nicht allgemein verfügbar, sondern nur in sehr wneigen spezialisierten Labors. Der Erfolg der Impfung lässt sich vor allem am Rückgang der Erkrankungsraten bei den Geimpften (im Vergleich zu Ungeimpften) feststellen, wie in Grossbritannien eindrucksvoll gezeigt. 3)Weil die Erkrankungshäufigkeit wie auch die Gruppenverteilung der vielen verschiedenen Meningokokken (es gibt nicht nur Gruppe C, sondern auch A, B, W135, Y usw) von Land zu Land sehr unterschiedlich ist. Die USA sind momentan (wie auch Deutschland!) ein Niedrig-Risikoland für MenC-Infektionen, deshalb dort keine allgemeine Impfempfehlung. 4) Für MenC-Infektionen ist das höchste Risiko tatsächlich bei Jugendlichen, gefolgt von Kleinkindern und Säuglingen (relativ landesunabhängig!). Wenn Schutz, dann also möglichst für alle! Ich hoffe, Sie sind durch diese Informationen für zukünftige Diskussionen gerüstet! Alles Gute!


Mitglied inaktiv

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Lieber Dr. Heininger, erstmals ganz herzlichen Dank, dass Sie sich Zeit nehmen, die Fragen so ausführlich zu beantworten. 1. Was die 6fach-Impfung und den plötzlichen Kindstot angeht: Unter den 5 Fällen waren doch auch Kinder, die den ersten Geburtstag längst überschritten hatten, oder? Und findet man bei Kinder mit SIDS typischerweise ein Hirnödem? (War doch so bei diesen Fällen, oder?) 2. Welche Labor machen denn solche Tests? 3. Ist Ö auch ein Niedrig-Risikoland? Ah, und noch was: 4. Wieso wird nicht etwa statt der Polio-Impfung MenC routinemäßig geimpft - da müsste doch die konkrete Gefahr für den Einzelnen höher sein, oder? So, jetzt hab ich Sie aber wirklich genug vollgequasselt. Sorry!!! (Hoffentlich sind Sie wegen der Fragenfülle nicht schon ungehalten.) Unfd nochmals herzlichsten Dank!!! Tina


Prof. Dr. med. Ulrich Heininger

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Pardon - Ihre Zusatzfragen hatte ich nicht bemerkt! Gerne hier die Antworten (kurz, aber hoffentlich prägnant) 1) Stimmt, 2 der Kinder die binnen 24h nach der Impfung starben, waren im 2. Lebensjahr. Plötzliche, unerklärte Todesfälle treten zwar weit überwiegend, aber nicht ausschliesslich im 1. Lebensjahr (=Säuglingsalter) auf. Nein, Hirnödem ist kein obligater oder typischer Befund im Rahmen der Autopsie, aber dennoch bekannt. 2) zB das Nationale Referenzzentrum für Meningokokken an der Univ. Würzburg, Leiter Prof. Frosch 3) Ja! 4) Gute Frage! Sie haben Recht, wer heute bei uns (Deutschland, Schweiz oder Oesterreich) lebt hat sicher ein höheres Risiko an einer Meningokokken-Gruppe C-infektion zu erkrnaken als an Polio ("Kinderlähmung"). ABER: das Fortführen der Polioimpfung hat grosse Bedeutung, da nur so der momentan vorhandene Schutz in der Bevölkerung aufrecht erhalten bleibt. Auch kann nur durch solidarisches Weiterimpfen evtl. eines Tages die Polio als Krankheit völlig zurückgedrängt werden. Und shcliesslich sind die Polioimpfstoffe sehr sehr preiswert und können ohne zusätzlichen Pieks in Kombiimpfstoffen verabreicht werden. Bezüglich Meningokokkenimpfung ist die Diskussion (in Europa) im vollen Gange und ich vermute, dass früher oder später andere Länder den Beispielen Grossbritanniens, der Niederlande und Teilen Spaniens folgen werden und sie einführen.


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