Sehr geehrter Herr Dr. Erle- Bischoff
Ich weiß nicht, ob ich hier richtig bin und ob Sie mir, die ein oder andere Frage beantworten können. Ob das überhaupt Ihr Gebiet ist?
Mein Mann und ich haben 2 Kinder, eine Tochter 10 Jahre und einen kleinen Sohn 5 Jahre. Unsere Tochter ist kerngesund, unser Sohn hingegen leider nicht. Er leidet unter der seltenen Erkrankung Morbus Pompe. Erste Symptome zeigten sich als er 2 Jahre alt war und nach unzähligen Untersuchungen etc. stand dann die Diagnose fest. Ein Schock für uns ! Die Erkrankung schreitet schnell voran.
Nun hatte sich Riley vor einigen Wochen eine schwere Erkältung eingefangen. Er musste ins Krankenhaus, da es ihm ziemlich schlecht ging. Für einige Tage lag er auf der Intensivstation, bekam Sauerstoff. Selbstverständlich wurde er während des Aufenhalts nochmal komplett durchgecheckt. Wir hatten dort auch nochmal Gespräche mit den Ärzten und es wurde uns gesagt, dass Riley's Atemmuskulatur bereits betroffen ist. Wir müssten damit rechnen, dass er bald dauerhaft beatmet werden müsste. Das war für mich der nächste große Schock, ich wußte zwar das es soweit kommen kann, doch hatte ich immer gehofft, daran vorbeizukommen. Ich war in diesem Moment selbst total überfordert und habe dem weiteren Gespräch kaum folgen können.
Man erklärte uns, dass man dazu einen Schnitt am Hals machen müsste, um von dort aus den Schlauch in die Luftröhre zu legen. Ich stelle mir das einfach schrecklich vor !!
Jetzt mittlerweile, stelle ich mir immer wieder Fragen, weil mir langsam erst bewußt wird, was auf uns zukommen wird.
Welche Erfahrungen haben Sie mit solchen Operationen gemacht?
Wie lang kann man einen Menschen bzw. ein Kind so am "Leben halten"?
Was kommt auf meinen Mann und mich zu?
Am meisten beschäftigt mich, ob mein Sohn dadurch Schmerzen haben wird? Und ganz wichtig : wird er noch sprechen können ??
Es tut mir leid, dass der Text so lang geworden ist und ich soviele Fragen habe. Aber ich hoffe, Sie können mir das ein oder andere beantworten, darüber wäre ich sehr dankbar !!
Viele liebe Grüße
Familie B. aus Perth (Australien)
von
Homeland
am 08.08.2013, 14:24
Antwort auf:
Wird er danach noch sprechen können?
Hallo Familie B., Sie wissen sicherlich, daß es sich um eine sehr seltene Erkrankung handelt, man kann den Verlauf, so habe ich mich belesen, nur schwer vorher sagen, daher kann ich nicht sagen, wie lange eine Beatmung das Kind "am Leben" hält. -
Die Operation "Luftröhrenschnitt" an sich ist auch bei Kindern gut durchführbar und mit einer entsprechenden Kanüle wäre auch ein Sprechen möglich unter der Voraussetzung, daß die Muskelkraft ausreicht, um gegen die Beatmung zu sprechen. Schmerzen sollten durch den Luftröhrenschnitt und das Tragen der Kanüle nach Abschluß der Heilungsphase nicht mehr auftreten. Auf Sie und Ihren Mann kommt ein größerer Pflegeaufwand zu, die Kanüle muß gelegentlich gewechselt und regelmäßig abgesaugt werden. In Deutschland gibt es dafür spezialisierte Pflegedienste, teilweise sind da im Dreischichtsystem Pfleger rund um die Uhr am Patienten, wie das in Australien ist, weiß ich nicht.-
Ich wünsche Ihnen, daß Sie ausreichend Unterstützung bekommen, und wenn Sie noch Fragen haben, werde ich mich bemühen, Ihnen diese verständlich zu beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Christoph Erle-Bischoff
von
Dr. Christoph Erle-Bischoff
am 09.08.2013
Antwort auf:
Wird er danach noch sprechen können?
Guten Morgen Herr Dr. Erle- Bischoff !
Ich / wir sind Ihnen sehr dankbar für Ihre ausführliche Antwort !
Ja, wir wissen das die Erkrankung unseres Sohnes sehr selten ist und es bisher keine Heilung gibt. Aus diesem Grund ist es uns einfach sehr wichtig, ihm sein vermutlich nur kurzes Leben, so angenehm wie nur irgend möglich zu gestalten. Dazu gehört für uns auch , dass wir nicht möchten das er leidet. Daher ja auch meine Fragen nach Schmerzen und auch nach der Möglichkeit des Sprechens- ich glaube es wäre schrecklich mit anzusehen, wenn unser Kind nicht mehr mit uns kommunizieren könnte und nur noch vor sich hin "vegetieren" würde- geistig ist er ja total fit !
Uns bleibt nichts weiter als abwarten , hoffen und den behandelnden Ärzten zu Vertrauen.
Aber mit Ihrer Antwort kamen wieder weitere Fragen auf.
- Sie schrieben diese Kanüle müsste regelmäßig gewechselt werden. Ist das nicht Unangenehm? Ich stelle mir das grade so vor, als würde ich einen Fisch aufs trockene setzen.
- Auch das die Kanüle regelmäßig abgesaugt werden muss. Kann er dann überhaupt noch schlucken und kann er dann noch normal essen und ich das nicht ein großes Infektionsrisiko ?
Ich hoffe sehr das wir noch etwas zeit haben, bis es soweit ist. Derzeit kommt er noch mit Sauerstoff über Sauerstoffbrille aus.
Es tut mir leid, dass der Text schon wieder solang wurde... Mir fällt es schwer, den Ärzten manchmal zu folgen weil ich die medizinische Fachsprache in englisch nicht immer verstehe.
Viele Grüße nach Deutschland
Familie B.
von
Homeland
am 09.08.2013, 22:35
Antwort auf:
Wird er danach noch sprechen können?
Liebe Familie B.,
ein Kanülenwechsel ist sicherlich für das Kind etwas unangenehm, aber schnell durchgeführt. Wie das mit dem Schlucken und Essen ist, hängt von der Erkrankung ab, je nachdem, ob die Schluckmuskulatur betroffen ist. Die Kanüle hindert das Schlucken nicht und das Infektionsrisiko ist gering gegenüber der mangelnden Luftzufuhr ohne Beatmung- sobald die Ärzte feststellen, daß die Atemmuskulatur zu schwach ist, um die Luftzufuhr sicherzustellen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Christoph Erle-Bischoff
von
Dr. Christoph Erle-Bischoff
am 14.08.2013