Frage im Expertenforum Geburt an Dr. med. Stefan Kniesburges:

Selbstbestimmungsrecht bei der Geburt

Dr. med. Stefan Kniesburges

Dr. med. Stefan Kniesburges
Chefarzt und Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Frage: Selbstbestimmungsrecht bei der Geburt

Mitglied inaktiv

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Hallo St. Anna-Team, ich würde gerne wissen, welche Rechte ich während der Geburt in einer Klinik habe. Müssen Hebamme und Ärztin mich über geplante Eingriffe (z.B. Dammschnitt) informieren und begründen, warum sie notwendig sind? Müssen Hebamme und  Ärztin meine Einwilligung einholen oder dürfen Eingriffe auch gegen meinen Willen erfolgen? Gelte ich während der Austreibungsphase als "beschränkt geschäftsfähig" oder "geschäftsunfähig"? Vielen Dank im voraus für die Beantwortung meiner Fragen und viele Grüße Patti


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Hallo, prinzipiell müssen Sie für jeden Eingriff, der bei der Geburt gemacht wird, einwilligen. Damit Sie dies tun können, müssen Sie in einem Aufklärungsgespräch über Art, Risiken und mögliche Folgen des Eingriffes oder seiner Unterlassung sowie über mögliche Alternativen informiert werden. Soviel zur Theorie. Das alles kann man vor der Geburt in einem Gespräch durchführen. Unter der Geburt ist das aber ein recht schwieriges Unterfangen und man hat oft weder die Zeit für derartige Aufklärungen, noch hat frau in diesem Moment den Sinn danach. Deswegen wird es in der Austreibungsphase oft nicht möglich sein über Vor- und Nachteile eines Dammschnittes zu diskutieren, man sollte das vor der Geburt bereits tun. Die letzte Frage müsste ein Jurist beantworten. Meiner Ansicht nach sind Frauen unter der Geburt voll geschäftsfähig. Dr. S. Kniesburges, St. Anna Hospital


Mitglied inaktiv

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Hallo Herr Dr. Kniesburges, in meinem Fall war es so, daß ich vor der Geburt meiner Beleghebamme bei einer der Vorsorgeuntersuchungen gesagt hatte, dass ich lieber einen Dammriss als einen -schnitt in Kauf nehmen würde, und dass ich nach Möglichkeit über alle Eingriffe informiert werden möchte. Ein Dammschnitt sollte also nur notfalls gemacht werden. Auch der Ärtzin sagte ich dies, als sie in der Endphase der Geburt in den Kreissaal kam. Es kam dann zu einem Absinken der Herztöne des Kindes, was mir aber niemand sagte. Die Ärtzin wies die Hebamme an, eine Epi zu machen. Dies bekam ich mit und in Unkenntniss der Lage des Kindes sagte ich, dass keine Epi gemacht werden solle. Es kümmerte sich jedoch niemand um meine Äußerung, niemand begründete die Notwendigkeit oder versuchte mein Einverständnis einzuholen. Die Habamme holte die Schere, wodurch mein Verlobter erkannte, was sie vorhatte. Er sagte dann auch "Nein, bitte nicht!", aber die Hebamme machte nur eine beschwichtigende Geste, damit er schweigen solle. Bis die nächste Wehe dann kam vergingen laut meinem Verlobten ca. 2 Minuten, die ein Alptraum für mich waren. Ich kam mir völlig ausgeliefert vor, ohne Recht an meinem eigenen Körper, da mein Veto ja einfach ignoriert wurde. Ich hatte unglaubliche Angst vor der nächsten Wehe, die dann kam und mit der das Kind geboren wurde. Als das Kind auf meinem Bauch lag, konnte ich mich überhaupt nicht freuen, keine Spur von den so vielzitierten Glücksgefühlen. Die Ärtzin begründete dann endlich den Eingriff, aber ich weiss schon garnicht mehr genau was sie sagte, da ich mich wie in Trance fühlte, die Begründung kam einfach zu spät. In den Tagen nach der Geburt habe ich oft geweint. Mittlerweile sind fast 4 Monate vergangen, aber gelegentlich kommen die Erinnerungen wieder hoch - dann weine ich wieder und kann Abends keinen Schlaf finden. Und dann taucht natürlich die Frage auf, ob Ärtzin und Hebamme eigentlich so vorgehen durften, also mein Verbot ignorieren durften. Aus Ihrer Antwort (vielen Dank dafür !) entnehme ich, dass das Vorgehen nicht OK war. Wenn sie mir nach meiner Äußerung gesagt hätten, dass es dem Kind schlecht geht und es schnellstmöglich geboren werden muß, wofür der Dammschnitt notwendig ist, hätte ich mein Einverständnis sofort gegeben. Eine große Diskussion hätte es also nicht gegeben. Und Zeit genug für die kurze Information wäre gewesen. Bei der Anmeldung im Krankenhaus wurde übrigens kein Gespräch mit einem Arzt durchgeführt. Ich bekam lediglich eine Patienteninformation zu geburtshilflichen Maßnahmen überreicht, die ich unterschrieben mit zur Geburt bringen sollte. Da darin aber von einem Aufklärungsgespräch die Rede war, wollte ich dies abwarten.Ich dachte, es würde in der Eröffnungsphase der Geburt stattfinden, was leider nicht geschah. So habe ich also meine schriftliche Einwilligung in die Maßnahmen nicht gegeben. Führen Sie ein Aufklärungsgespräch mit jeder Frau durch oder nur auf Nachfrage? Und wann führen sie es durch, bei der Anmeldung oder in der Eröffnungsphase der Geburt? Ich denke viel darüber nach, wie ich eine solche Situation bei einer zweiten Geburt verhindern kann. In Geburtshäusern soll der Wille der Frau angeblich mehr beachtet werden, vielleicht wäre das daher eine Alternative ? Sorry für den langen Beitrag, Patti


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Hallo, wir führen nicht in allen Fällen spezielle Aufklärungsgespräche vor der Geburt durch. Wir bieten aber jeder Frau eine Vorstellung in unserer Klinik an, in der dann solche Fragen besprochen und schriftlich festgehalten werden. Wenn die Geburt begonnen hat, führen wir Aufklärungsgespräche je nach Situation durch, so werden die Patientinnen z.B. über die PDA oder über eine Mikroblutuntersuchung aufgeklärt. Wenn ein Dammschnitt notwendig wird, dann sagen wir es der Patientin, aber es gibt dann keine Möglichkeit einer Aufklärung mehr. Diese Zeit hat man dann nicht mehr. Und früher als in der Austreibungsphase kann man die Notwendigkeit eines Dammschnittes nicht abschätzen. Hier muss einfach ein Vertrauensverhältnis zwischen Hebamme bzw. Arzt/Ärztin und Patientin bestehen. Bei Patientinnen, die so wie Sie, Ihre Wünsche vorher eindeutig angegeben haben, werden wir natürlich auch versuchen, diese Wünsche zu berücksichtigen und ich kann ehrlich gesagt nicht verstehen, warum die Kollegin Ihnen nicht kurz gesagt hat, warum in dieser Situation ein Dammschnitt notwendig ist. Die Beschleunigung der Geburt bei auffälligem CTG ist übrigens der häufigste Grund für einen Dammschnitt. Er kann die Austreibungsphase durchaus um 20-30 Minuten verkürzen, was bei schlechten Herztönen von großer Bedeutung sein kann. Dr. S. Kniesburges, St. Anna Hospital


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