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Vorschulpubertät?

Thema: Vorschulpubertät?

Hallo miteinander, Meine Tochter ist 5 Jahre alt und an manchen Tagen nicht auszuhalten. Ich habe das Gefühl nie wirklich aus der Trotzphase rausbekommen zu sein, oder es ging nahtlos über... Sie ist ein aufgewecktes neugieriges aber stures Mädchen, das mit dem Kopf durch die Wand will. Kleinste Dinge bringen sie auf die Palme und sie wütet los! Trampelt auf dem Boden, schmeißt ihr komplettes Spielzeug durch die Gegend, tritt gegen Wände bzw Türen. Sie ist voller Wut und in diesem Moment komme ich nicht an sie ran. Sie hält sich die Ohren zu und tritt um sich und sagt, sie will mich nicht hören... Natürlich versuch ich es im ruhigen mit ihr zu klären, irgendwann ist aber auch mal Schluß. Spielzeug durch die Gegend schmeißen und gegen Wände treten muss nicht sein! Natürlich werde ich dann auch mal laut! Mittlerweile kam es schon zweimal vor, dass sie sich angezogen hat und weggehen wollte. Sie sagt dann sie geht zu ner anderen Familie und dass wir sie gar nicht mehr lieb hätten. Das bricht mir das Herz. Im Internet bin ich dann auf die Vorschulpubertät gestoßen...sie kommt nächstes Jahr zur Schule und schon jetzt hat sie bereits 5 bleibende Zähne. Sie wird einfach groß, vielleicht fürchtet sie sich davor selbst? Könnt ihr mir helfen? Ist das alles noch "normal"? Liebe Grüße und vielen Dank, happiness

von happiness am 30.10.2020, 12:50



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Hallo happiness, ich gehe von der Aussage aus: "Sie sagt dann, sie geht zu einer anderen Familie, und dass wir sie gar nicht mehr lieb hätten." Vielleicht wäre es gut, das zu überprüfen und nach der Ursache zu suchen. Vieleicht möchte sie mehr Nähe und Anerkennung. Das wäre mein erster Schritt zur Problemlösung.

Mitglied inaktiv - 30.10.2020, 13:32



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Wenn es schon immer so war, würde ich den Grund woanders als in der Vorschulpubertät oder Trotzphase suchen. Vielleicht liegt es daran, dass sie sich Zuhause übergangen fühlt, ihrer Meinung nach zuviele Vorschriften bekommt, zuviel Ärger bekommt, zu wenig auf sie, ihre Bedürfnisse und Wünsche geachtet wird und sie das Gefühl hat nur funktionieren sollen. Das muß gar nicht so zutreffen, wie sie es empfindet. Es wäre aber wichtig zu schauen, warum es so sein könnte und in welchen Situationen sie explodiert. Was geht dem voraus?

von Monroe am 30.10.2020, 13:48



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Ob es auf euch zutrifft, weiß ich nicht. Aber vielleicht magst du selbst mal schauen ob etwas passt und ob du davon etwas probieren möchtest. Deine Tochter ist mit 5J. schon groß und doch irgendwie noch klein. Sicher gibt es immer wieder Situationen, wo sie etwas können möchte und es (noch) nicht kann. Andere Situationen, wo sie etwas möchte aber nicht darf. Dann wird es auch immer mal wieder Situationen geben, wo sie etwas sagen, zeigen, machen möchte, aber gerade jetzt ist keine Zeit. Wird sich nicht ändern lassen, frustriert das Kind aber. Macht wütend. Wichtig hier wäre, dass ihr gezeigt wird wie und wo sie ihre Wut rauslassen darf. Draußen laufen, sich auspowern. Im Sandkasten einen Turm bauen und umtreten. Kissen boxen. Turm aus Holzklötzen bauen umwerfen. Grimassen schneiden. Einem Kuscheltier alle möglichen Schimpfwörter sagen. Alte Zeitungen zerreißen. Und dann alle Schnipsel ins Altpapier bringen ... Kann es sein, dass ihr versucht viel über reden und ein Gespräch zu klären? Mit 5J. versteht das Kind alles was gesagt wird. Nur leider sind dann da die Gefühle und die sind heftig. In solchen Situationen ist alles blöd. Ganz besonders der Erwachsene, aber irgendwie fühlt sich das Kind auch mies. Und fühlt sich komplett unverstanden. Es braucht Hilfe, diese Gefühle zu verstehen, zu akzeptieren, auszuhalten und rauszulassen. Immer nur Nein. So nicht. und darüber reden hilft einem Kind oft nicht weiter. Es will eigentlich gar nicht wütend sein, aber die Wut ist da und braucht ein Ventil. Ihr sagen was geht und was nicht geht, evtl. die oben genannten Sachen auszuprobieren oder gemeinsam etwas zu finden. Oft haben Kinder da selbst ganz tolle Ideen. Nur nicht, wenn sie gerade wütend und frustriert sind, dann in der Situation ist nur noch Gefühl, kein oder kaum denken möglich. Wichtig, wenn gerade jetzt etwas nicht geht, sagen wann Zeit dafür ist. Das dann auch einhalten. Gibt es Zeit, wo das Kind aus seiner Sicht erzählen darf? Ohne unterbrochen zu werden? Wir haben Abends immer ein Gespräch. Wie war dein Tag? Was war nicht so toll? Was war besonders schön. Dann eine gute Nachtgeschichte. Das ist für jedes Kind eine Zeit wo wirklich zugehört wird. Keiner stören darf. Auch nichts verharmlost oder relativiert wird. Manchmal höre ich da Dinge, die ich ganz anders wahrgenommen habe. Beispiel, eines von unseren Zwillingen (werden 5J.) war aus meiner Sicht den ganzen Tag gut drauf, war lustig, hat draußen viel mit Wasser gespielt, einiges an Spielzeug ins Wasser geworfen, viel gelacht. Abends erzählt es mir, es war traurig, weil keiner beim Spielzeug waschen geholfen hat. Das war richtige Arbeit und es war ganz allein. Aus meiner Sicht war es weder Arbeit noch war das Kind allein oder traurig. Es hat gelacht, nicht einmal nach Hilfe gefragt. Aber das Kind hat ganz anders gefühlt, als ich wahrgenommen habe. Ich war erstaunt und habe gefragt, was es sich gewünscht hätte und was beim nächsten mal besser sein könnte. Und das Kind kam allein auf die Idee, es könnte nach Hilfe fragen.

von Luna Sophie am 30.10.2020, 16:57



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Vielen Dank für eure tollen Antworten und Anregungen. Sie musste schon von klein auf "groß" sein. Ihr Bruder kam zur Welt, da war sie gerade mal 1 Jahr alt. Das war für sie sicher nicht einfach, plötzlich viel zurück stecken zu müssen, dabei war das Verständnis einfach noch nicht so groß. Für mich war das auch eine große Umstellung in den ersten Monaten. Jede Anregung von euch nehme ich an und werde versuchen Dinge umzusetzen. Abends hat die oft Gesprächsbedarf, nicht zwingend über uns, oft über Gott und die Welt. Sie hat immer noch sehr mit dem Tod ihrer Oma vor einem Jahr zu kämpfen und stellt darüber viele Fragen und weint immer mal wieder deshalb. Sie ist ein ganz sensibles Kind,kann aber auch ihre andere Seite zeigen, und die ist eben alles andere als sensibel... Es sind oft kleine Dinge, die sie zum wüten bringen. Zum Beispiel wenn ich ihr geliebtes kuscheltier in ihr Bett lege, ohne ihre Erlaubnis. Solche kleinen Dinge, reichen, um bei ihr die Zünfschnur zu zünden. Heute morgen hab ich beiden Kindern ihr Frühstück auf den Tisch gestellt, da nicht mehr viel da war, musste geteilt werden. Ihr Bruder war eben schneller, aß sein Essen auf und vergriff sich dann leider an ihrem. Das war natürlich von ihm nicht nett! Mit ihm geschimpft habe ich natürlich auch sofort, für sie war das zu viel. Sie knallt dann die Tür zu und schmeißt eben Dinge durch die Gegend und schreit. Auch nicht so fein morgens halb 8!

von happiness am 30.10.2020, 19:20



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Vielen Dank für Deinen Bericht happiness.

Mitglied inaktiv - 30.10.2020, 21:14



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Liebe happiness, es gibt sehr impulsive Kinder, die sich mit Frustrationen schwerer tun als andere. Das hat nicht unbedingt etwas mit der Rolle der großen Schwester oder mit dem Tod der Oma zu tun. Sondern es ist auch stark genetisch bedingt und eine Typfrage. Wir Eltern überschätzen den Einfluss der Umstände oder unserer Erziehung ja oft. Dabei würde ein Kind mit einer anderen Veranlagung auf dieselben äußeren Umstände eben auch ganz anders reagieren. Dass Deine Tochter mit den normalen Widrigkeiten des Alltags und mit Frustrationen noch schlecht umgehen kann, ist altersbedingt und völlig im normalen Rahmen. Es gibt eben Kinder, die es ihren Eltern leichter machen (weil sie vom Typ her leichter zu lenken oder einfach ruhiger und frustrationstoleranter sind), und Kinder, die eine Herausforderung sind. Das ist nicht so sehr eine Erziehungsfrage, es gibt inzwischen Studien, die hier eine starke genetische Komponente belegen. Das Problem ist: Die sehr impulsiven Kinder mit wenig Selbstkontrolle lösen auch bei ihren Eltern häufiger aggressives Verhalten aus, weil diese sich manchmal nicht mehr anders zu helfen wissen als laut zu werden oder das Kind sogar grob anzufassen etc. Wichtig sind jetzt drei Dinge: Eine starke, souveräne Führung Deiner Maus durch Dich und Deinen Partner. Sie braucht klare Ansagen, Halt und Orientierung. Das zweite ist, mit dem Kind möglichst oft zu üben, seine Gefühle zu benennen. Sage z. B.: „Ich sehe, du bist gerade sehr wütend“ oder „Ich sehe, du bist enttäuscht. Ich verstehe das“ oder: „Du bist fröhlich, das sieht man gut.“ Irgendwann wird Deine Tochter so auch selbst die Vokabeln und Wörter haben, um ihre Gefühle auszudrücken. Das ist der Moment, wo sie das erste Mal nicht mehr einen Gegenstand wirft, sondern lieber schreit: „Ich bin so total supersauer!“ Das Dritte ist: Bitte ruhig einmal zu einer Erziehungsberatung gehen, wenn Du das Gefühl hast, Du oder Dein Mann rastet selbst schon zu oft aus, weil Eure Tochter Euch so provoziert. Und zwar nicht, weil Ihr etwas falsch macht oder etwas nicht stimmen würde. Sondern um Tipps im Umgang mit einem noch sehr impulsiven Kind zu bekommen und auch, um entlastet zu werden. Denn das Problem ist bekannt, und schon das zu hören, kann sehr helfen, zusätzlich zu den wichtigen und konkreten Verhaltenstipps, auf die man als Laie so nicht kommt. LG

von Jorinde17 am 30.10.2020, 20:15