Elternforum Schwanger - wer noch?

@veritas wg Gewicht (Achtung sehr lang)

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Hallo Mara, ich weiß jetzt gar nicht, in welchem Forum ich Dir antworten soll, damit Du meinen Beitrag findest. Ich mache es einfach hier. Deine Beiträge haben mich sehr betroffen gemacht und (sorry für meine Ehrlichkeit, aber so manche Vorrednerein teilt ja wohl meine Meinung) ich muss Dir sagen, dass ich Deinen FA für einen klugen und weitsichtigen Mann halte, der ganz klar sieht, wo Du hineingeschlittert bist: in eine astreine Magersucht. Ich will Dir eine "Geschichte" erzählen, es ist meine Geschichte und es kostet mich ein wenig Überwindung, sie so aufzuschreiben, ich hoffe, es gelingt mir, das nicht in epischer Breite zu tun, aber ich möchte Dich wachrütteln, bevor Du Dich noch mehr verrenst. Ich war in meiner Kindheit normalgewichtig und habe in der Pubertät ein paar Pfund zugelegt. Mit 18 wog ich 65kg bei 1,68m. Zufrieden war ich damit nicht, ich fand mich zu dick. Damals war ich sehr verliebt und mein "Auserwählter" fragte mich, ob er mich etwas fragen dürfe. Ich erwartete eine Frage nach einem gemeinsamen Kinobesuch o.ä. aber er fragte mich, ob es sein könne, dass ich gut zugelegt hätte. Ich war am Boden zerstört. Bei mir hat es da "klick" gemacht, so wie bei Dir im Januar, als Dein FA als möglichen Grund für unerfüllten Kiwu Dein Gewicht ansprach. Ich habe radikal gehungert und noch radikaler Sport getrieben. Innerhalb kürzester Zeit nahm ich rapide bis auf 46kg ab. (Kommt Dir bekannt vor, gell?) Ich fühlte mich großartig, war leistungsfähig und fand mich so attraktiv wie nie. Die Komplimente, die ich zu Beginn der Gewichtsabnahme bekommen hatte, verstummten so langsam und immer wieder bekam ich zu hören, dass ich zu dünn geworden sei und auf mich achten solle. Als ich mir eine Knochenhautentzündung zuzog und vier Wochen sportlich pausieren musste (da ging vor Schmerzen wirklich nichts), nahm ich 2kg zu. Ich hatte panische Angst, die Horror-Marke 50kg zu erreichen und so trieb ich - als es wieder ging - noch härter Sport als zuvor. Und wieder hatte ich Erfolg: mein Gewicht ging bis auf 41kg `runter. So gerne wollte ich auf unter 40kg kommen, dass ich jedes Maß verloren hatte. Anders als zuvor ging es mir sehr schlecht, ich war nur müde und schlapp, fror ständig, immer wieder wurde mir schwarz vor Augen (auch das kommt Dir bekannt vor, gell?). Meine Magerkeit versuchte ich inzwischen mit Kleidung zu verbergen. (Klappt nicht.) Dann kam der schwärzeste Tag meines Lebens. Ich hatte den ganzen Tag gearbeitet und war abends zwei Stunden ins Fitness-Studio gegangen. Als ich heimkam, konnte ich mich nur noch unten im Haus auf die Treppe setzen. Mir liefen nur noch die Tränen und ich war nicht in der Lage, die Stufen bis in den dritten Stock hochzulaufen. Wenn ich mich nicht geschämt hätte und gefürchtet hätte, dass mich jemand sehen könnte, wäre ich die Treppe hochgekrochen. Irgendwie bin ich dann wohl doch die erste Treppe hochgekommen und ab da weiß ich nichts mehr. Ich bin zusammengebrochen und kopfüber die Treppe heruntergefallen. Mit einem doppelten Schädelbruch lag ich acht Tage im Koma. Im Krankenhaus war mein Zustand natürlich nicht mehr zu verbergen und man tat alles, um mir - neben der Kopfverletzung und zwei gebrochenen Rippen - zu helfen. Aber mein Gedanke war nur: haut alle ab und lasst mich in Ruhe. Endlich entlassen, hatte ich bis auf 48kg zugenommen. Das Liegen sowie die Beobachtung (so dass ich Essen musste) hatten Wirkung gezeigt. Meine Verzweiflung war unermesslich und ich boykottierte jedes Hilfsangebot. Aber wirklich Hungern konnte ich nicht mehr. Um es kurz zu machen: ich rutschte in die Bulimie. Etwa ein Jahr lang habe ich gefr... und gek... Das war die schlimmste Zeit meines Lebens. Dann lernte ich meinen Mann kennen. Plötzlich hatte ich dafür keine Zeit mehr und übergab mich nur, wenn ich üppig (was ich als üppig empfand) gegessen hatte. Mein Freund bekam das nicht mit, dachte ich. Doch falsch gedacht. Eines Abends, als ich von der Toilette kam, sprach er mich unverhohlen an, dass ich die Kotzerei doch lassen sollte. Ich habe nur kurz abgestritten und ihm dann alles erzählt. Gemeinsam haben wir einen Therapieplatz für mich gesucht. Warum auch immer, ich hatte begriffen, dass ich krank war. Trotzdem bekam ich die Bulimie nicht vollständig in den Griff. Dann wurde ich (gewünscht und gewollt) schwanger (das kann also klappen). Von heute auf morgen habe ich mich nie wieder übergeben. Ich wußte, dass ich mir nie verzeihen würde, wenn ich dieses Baby wegen meines krankhaften Schlankheitswahns verlieren würde. Mein Sohn wird im Dezember 11 Jahre alt. Danach habe ich es wirklich geschafft. Als ein Jahr nach meinem Sohn meine Tochter kam, hatte ich das Essen auf Dauer akzeptiert. Seitdem war ich symptomfrei und habe dieses Jahr Ende Januar noch ein süßes Söhnchen bekommen. Leider hatte ich Ende Juni eine Ausschabung nach MA. Das hat mich ziemlich umgehauen und ich habe - ohne es so richtig zu realisieren, seitdem 10 kg abgenommen. Von der Geburt des Kleinen waren nur noch 4kg übrig. Ich kann Dir sagen, dass mich Dein Posting sehr aufgerüttelt und mir gezeigt hat, dass ich auf mich achten muss. Mein Mann ist seit dem Wochenende einer dreiwöchigen Fortbildung zurückgekehrt und hat mich sofort auf meinen Gewichtsverlust angesprochen. Liebe Mara, achte auf Dich, bevor es zu spät ist. Dein FA hat einen ersten Schritt gemacht, frage da einmal nach, welche Hilfsmöglichkeiten es für Dich gibt, bevor es zu spät ist. Sei wachsam. Ich hoffe, ich habe Dich mit meiner Ehrlichkeit nicht erschrocken oder mit meiner Geschichte gelangweilt, aber ich bin so betroffen, dass ich Dir das schreiben musste. Wenn Du magst, können wir gerne mail-Adressen austauschen. Alles, alles Liebe, Anne


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Liebe Anne ich finde das sehr nett von dir, dass du dies geschrieben hast! Es ist bestimmt nicht einfach, so persönlich zu erzählen. Ich wünsche dir, Mara und allen anderen alles Gute und hoffe, dass dein Posting vielen hilft. Liebe Grüsse, lhini


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ein sehr ehrlicher und mutiger bericht... bringt einem sehr zum nachdenken, wenn man so eine "kariere" hinter und manchmal vor sich hat!!!! das man es nicht wahr haben möchte, das es nicht normal ist, wie man ißt und sport macht, ist glaub ich normal... alles auch kein problem wenn man allein ist. aber man belastet leider alle in seiner näheren umgebung sehr stark mit dieser sucht und eigentlich will man ja nur sich selbst etwas beweisen. es ist ein "sucht" und jeder sollte versuchen, die kraft zu finden dagegen zu kämpfen (auch wenn ich selber schon etliche male verloren habe). aber mein mann und mein kind (bald auch mein 2.tes) geben mir die kraft, immer wieder neu zu versuchen, diesen teufelskreis zu durchbrechen... naja, das ist mein beitrag dazu... lieben gruß alex