Liebe Frau Ubbens, ich hätte sehr gerne eine „außenstehende“ Meinung zu unserer Situation. Meine Tochter wird im Dezember 5 Jahre alt. Wir haben sie mit gut einem Jahr in einer kleinen Krippe eingewöhnt – die Eingewöhnung hat fast 3 Monate gedauert. Einmal eingwöhnt, hat sie beim Abgeben niemals mehr geweint und sie ging sehr gerne dorthin. Die Krippe hatte 2 Gruppen mit jeweils 3 Erziehern und die Atmosphäre war sehr familiär und herzlich. Nun kam sie mit gut 3,5 Jahren letztes Jahr im September in den Kindergarten. Der einzige Platz den wir bekommen haben, war in einer städtischen Einrichtung (80 Kinder) mit einem komplett offenen Konzept. Sie zeigte sich vor dem Start schon ängstlich, darauf hatte ich die Einrichtungsleitung auch davor angesprochen und um eine solide Eingewöhnung gebeten. Ich fürchte ich wurde als Helikoptermama abgestempelt und die „Eingewöhnung“ lief gründlich schief bzw. es gab sie eigentlich nicht: meinem Mann wurde an Tag 3 das weinende Kind an der Eingangstür zum Gebäude aus dem Arm genommen und er wurde weggeschickt. Daraufhin folgten harte Tage, Wochen und Monate. Der Kindergarten hat eine sehr hohe personelle Fluktuation, zuwenig Personal und die Atmosphäre ist alles andere als herzlich. Meine Tochter hat bis heute augenscheinlich mit keiner Erzieherin irgendeine Art von Bindung aufgebaut. Sie hat allerdings eine gute Freundin gefunden. Wenn diese am Morgen beim Abgeben da ist und Zeit für sie hat, gibt es nur wenige Tränen. Wenn diese nicht da ist, spielen sich Dramen ab (sie war neulich erst für 8 Wochen weg). Sie weiß dann nicht, in welchen Raum sie gehen kann und sie mag sich inder SItuation dann auch nicht zu anderen spielenden (ihr gut bekannten) Kindern dazugesellen. Sie klammert dann körperlich an mir oder meinem Mann, weint und ist völig aufgelöst und verzweifelt. Die Erzieherinnen geben in der Situation keine Hilfestellung (außer, "Mama muss jetzt zur Arbeit"). Der Kindergarten heute bestätigte mir auf Nachfrage mienen Eindruck, dass sie hauptsächlich mit ihrer Freundin spiele, sobald mehrere Kinder dabei seien, tue sie sich schwer, dazuzugehen. Selbst wenn ihre Freundin gerade mit einer anderen Freundin spielt, ist sie irgendwie gehemmt und geht nicht dazu. Nun wollen sie daran arbeiten, dass die beiden häufiger getrennt werden. (So ganz wohl fühle ich mich bei dem Gedanken nicht. Mein Vertrauen in die pädagogische Arbeit ist aber vielleicht auch nicht mehr das Beste). Wenn sie nicht im Kindergarten ist, wird sie auch nicht gleich mit jedem warm. Dennoch spielt sie meist nach kurzer Zeit recht befreit und offen mit anderen Kindern. Gleichzeitig merke ich, dass sich eine Art Trennungsangst (?) entwickelt: Neulich wollte sie lieber mit mir nach Hause, als alleine auf dem Geburtstag einer guten Freundin von ihr zu bleiben. Ich bin dann noch ein halbes Stündchen geblieben und dann war es OK. Wenn sie im Schwimmkurs ist, legt sie großen Wert darauf, dass ich draußen (vor einer Glastür mit den anderen Müttern) warte. Alleine zum Sport mag sie nicht mehr (die Sportlehrerin hatte sie auch mal 1 h weinen lassen und sie nicht aus der Turnhalle in die Umkleide gelassen, in der ich mit dem kleinen Bruder wartete). Und sie sagt, sie wolle mal nicht in die Schule, weil sie ja nicht wisse, wie das dort sei. Ich kann über das Thema schwer mit ihr sprechen. Zum einen will sie mir gegenüber immer den Eindruck erwecken, dass ja alles ok sei (bis es sie in der Situation dann wieder völlig überkommt) und sie sagt dann oft, ich solle sie nicht so ausquetschen etc. Ich hatte sie im Kindergarten für Französisch angemeldet. Wir hatten den Deal, dass sie es sich einmal anschaut. Sie hat in der Stunde immer wieder geweint (das habe ich von einem anderen Kind, nicht etwa von den Erziehern erfahren. Sie haben es mir aber auf Rückfrage bestätigt). Beim Abholen hat sie mich dann gebeten, sie wieder abzumelden. Dem Wunsch werde ich nachkommen, weil ich sie damit nun nicht zusätzlich in Stress versetzen will. Ich denke einfach, dass sie im „Sozialen“ eher ein zurückhaltendes, vielleicht ängstliches Naturell hat (körperlich ist sie wahnsinnig mutig). Das will und kann ich wahrscheinlich auch gar nicht ändern. Ich möchte allerdings richtig damit umgehen, damit sie selbst vielleicht auch besser damit umgehen kann und ich mag sie festigen und ihr mehr Selbstvertrauen in solchen Situationen geben. Auch damit sie sich nicht selbst aufgrund ihrer sozialen Vorsicht von Aktivitäten ausschließt, die sie eigentlich toll findet. Es wird im Frühjahr bspw. einen Skikurs geben (morgens mit dem Bus hin, am NM zurück, ohne Eltern und ohne vertraute Erzieher). Sie liebt Skifahren, wird aber ganz sicher nicht mitwollen. Dem Wunsch sollte ich gefühlt nachgeben, oder sehen sie das anders? Im Kindergarten habe ich das Gefühl, wird sie als „Problemkind“ gesehen. Das finde ich sehr schade. Von den Erziehern kömmt häufig so Feedback wie „sie ist eigentlich schon alt genug, dass sie dies und jenes können müsste“, „wir waren dann mal etwas strenger mit ihr und haben gesagt sie muss jetzt aufhören mit weinen“ etc. Sie kommt im Sommer 2018 in die Schule. Im Sommer 2017 werden wir umziehen und ich muss/kann einen neuen Kindergarten für sie und den dann 3-jährigen Bruder suchen. Daher war es für mich in den letzten Monaten keine Option, jetzt nochmals die Einrichtung zu wechseln. So viel von mir. Wie schätzen Sie die Situation ein? Wie kann ich sie stärken? Freue mich wirklich sehr über jegliche Hilfestellung. Herzlichen Dank Debi
von Debi1412 am 12.10.2016, 11:42