Frage: Kind 2,5 Jahre - Auffälligkeiten

Hallo Herr Dr. Busse, Grundsätzlich bin ich ja der Meinung: "leben und leben lassen", und bin grundsätzlich gegen vergleiche und Wettbewerb zwischen Kindern; Aber nach der heutigen Unterhaltung mit einer Lehrerin beim Kinderturnen bin ich doch verunsichert und erhoffe mir hier einen Ratschlag von Ihnen. Folgende Situation: Mein Sohn ist 2,5 Jahre alt und war heute das dritte Mal im Kinderturnen anwesend. Beim Kinderturnen wird am Anfang ein Lied gespielt, danach folgt ein kurzes Gespräch in der Sitzgruppe und dann darf frei an den aufgebauten Geräten gespielt werden. Die ersten ca. 10 Minuten ist alles in Ordnung. Er braucht etwas um warm zu werden und möchte gelegentlich am Anfang auf dem Arm sein, bis er mit der Umgebung "warm" wird. Danach fing er begeistert an das erste Gerät zu benutzen, dann auch das zweite.. und sogar das dritte. Man konnte normal mit ihm sprechen, alles in Ordnung. Und dann folgte ein Cut. Er hat auf nichts mehr gehört, rannte die ganze Zeit durch die Turnhalle, benutze kein Gerät mehr.. selbst "einfangen" und "auf Augenhöhe sprechen" hat nichts mehr gebracht. Habe ihn dann einfach laufen lassen. Die Lehrerin hat dann versucht mit ihm zu sprechen, keine Chance. Er rannte einfach nur da rum. Sie sagte uns, dass das schon komisch wäre.. und er wäre irgendwie anders als die anderen Kinder. Und ob wir damit schon Mal beim Kinderarzt gewesen wären .. wenn nicht würde sie uns das nahe legen und Ergotherapie empfehlen.. vielleicht hat er ja ADHS, oder eine Reizüberflutung.. oder irgendwas mit den Ohren, das ihm das evtl. zu laut wäre? Zum ADHS meinte sie aber auch, dass man das in dem Alter sowieso nicht feststellen könnte. Wie er sonst so ist: Motorische Entwicklung: - konnte sich "früh" umdrehen - konnte "früh" krabbeln - konnte "früh" frei laufen - war mit 2 Jahren und 2 Monaten komplett trocken, auch Nachts - ist größer als der Durchschnitt - sehr sicheres Laufen - fährt schon seit dem er 2 Jahre alt ist mit dem Laufrad, bremst selbstständig.. lenken etc. alles ok. Sprachliche Entwicklung: - Durchschnitt, würde ich sagen. Beim Kinderarzt-Test der U-Untersuchung (U6, glaube ich) konnten wir ca. 40 von 50 Wörtern ankreuzen. Es gibt Kinder die sprechen deutlich mehr, und wiederrum Andere die weniger sprechen. Er sagt zu sich selber nicht "Ich". Kognitive Entwicklung: - versteht gut komplexe Zusammenhänge - hat eine gute Merkfähigkeit - zählen klappt solala :"eins, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn" zwei und drei lässt er immer aus, egal wie oft wir das vorsagen oder so. Reihenfolge ist aber richtig. Sonstiges: - er malt sehr gerne und ausgiebig (viereck, kreise mit versch. Farben) - er baut sehr gerne Reihen (nicht mehr so oft wie früher) - zwischen diesen extremen "Ich renn wie wild umher und wüte und schreie ggf. kommen wieder Phasen wo er sehr ruhig und konzentriert ist. - ist sehr schnell frustriert wenn etwas nicht sofort funktioniert - sehr kreativ mit vielen ausgeprägten Rollenspielen (z.B. zwei Autos haben Unfall gebaut, muss Notarzt anrufen .. Tatütata .. Spritze, Medizin) (In der Turnhalle hat er heute übrigens ein Gerät "besetzt" und gesagt das wäre ein Bagger .. dann hat er Bagger gespielt) - auf die Gefahr hin gesteinigt zu werden.. er hat eine Kinderapp auf dem IPad wo er sehr gerne Puzzle-Spiele spielt. - er möchte alles selber machen.. er möchte selber in seinen Kindersitz klettern, er möchte selber das Törchen aufhalten.. er möchte selber dem Opa den Rollator bringen. Er macht sogar manche Dinge wieder rückgängig nur um sie dann wieder selber machen zu können. - Absolut reinlich, er mag keinen Schmutz an sich. Wenn er aber einen Tropfen Wasser/Saft auf seinen Pullover hat dann kommt das einem Weltuntergang gleich, der Pullover muss in der Folge oft gewechselt werden. Oder der Tropfen wird "trocken" geföhnt. Wasser am Kopf.. Katatrophe. Baden tut er aber sehr gerne. Wenn er beim Essen kleckert rennt er oft ins Bad, holt Papier und wischt den Fleck vom Stuhl. - Wenn er Pipi gemacht hat muss es zuerst "tropfen", dann kommt erst das Papier So ich hoffe ich habe nichts ausgelassen.. aber solangsam weiß ich nicht mehr weiter. Die Lehrerin der Turngruppe meint, dass es ja so "auf Dauer keinen Sinn macht. Damit würden wir uns ja keinen Gefallen tun". Unsere Kinderärztin sagt leider nicht viel dazu. An wen können wir uns wenden? Was "vermuten" Sie warum er so "ist"? Ist er komisch? Ist ja nicht so, dass das nur beim Turnen ist.. in der Krabbelgruppe macht er das auch ab und an immer mal wieder. Liebe Grüße

von Mamoro am 20.09.2016, 18:49



Antwort auf: Kind 2,5 Jahre - Auffälligkeiten

Liebe M., Ihr Kind ist erst 2 1/2 Jahre alt und für mich klingt das so, als ob Sie sehr hohe Erwartungen an Ihren Sohn hätten. Das war doch alles neu für ihn mit der Kindergruppe und es ist schade, dass auch die Leiterin dort Ihrem Sohn gleich eine Krankheit andichten will. Vielleicht wäre eine kleinere Gruppe erst mal für alle besser? Und natürlich kann und wird Ihr Kinderarzt die Entwicklung sich genauer ansehen, wenn Sie sich ernsthafte Sorgen machen. Alles Gute!

von Dr. med. Andreas Busse am 21.09.2016



Antwort auf: Kind 2,5 Jahre - Auffälligkeiten

Hallo, ich hoffe, es ist ok, wenn ich auch antworte. Ich weiß nicht, wie der Ablauf bei Eurem Kinderturnen ist, bei uns war es "Eltern-Kind-Turnen". D.h. es waren die Turngeräte, Höhlen, Klettertürme der 4-6jährigen aufgebaut, die die Stunde zuvor geturnt hatten. Die 1-4 jährigen durften dann beim Eltern-Kind-Turnen ausprobieren, was ihnen Spaß macht. Wie gesagt, was Spaß macht, das wurde auch zu Beginn jeder Stunde gesagt, dass definitiv kein Zwang besteht, etwas zu tun. Es gab auch immer Fussbälle, Kegel, andere kleinere Spielsachen und jeder durfte frei bestimmen, was ihm gefiel. Mein Sohn hatte die ersten Male absolut keine Lust, sich in einer Reihe aufzustellen und darauf zu warten, bis er dran war. Er genoss seine Freiheit, endlich mal rennen, ohne gestört zu werden. Rennen, ohne dass man auf eine Straße oder auf Autos achten muss. Er war beim ersten Mal 1 Jahr und 3 Monate und rannte mit einem Ball quer durch die Halle und das sehr ausdauernd ... die Halle rauf und runter. Die Leiterin des Turnens sprach mich damals auch an, jedoch definitiv nicht im negativen Sinne. Sie war verwundert, dass er motorisch so fit ist, andere seien das nicht. Alle anderen Kinder taten auch genau das, was sie wollten, was ihnen Spaß machte. Die einen krabbelten, die anderen probierten die Geräte aus, andere bauten mit großer Phantasie Fahrzeuge. Mein Sohn hat auch jetzt mit 4,5 Jahren einen sehr grossen Bewegungsdrang, einen Buggy hatten wir nie, er wollte nie dort drin sitzen, nur selber laufen. Das ist bis heute so geblieben. Wir sind mehrmals die Woche im Wald, wo er dann ausgiebig rennen kann. Es sind Kinder, die auch mal übermütig sein dürfen. Aber in der heutigen Zeit - das ist meine persönliche Meinung - müssen plötzlich alle Kinder einem bestimmten Muster entsprechen. Tun sie das nicht fallen sie durchs Raster und dann ist das Umfeld meines Ermessens viel zu schnell dabei, eine Krankheit zu diagnostizieren. Vorsorge ist mir persönlich bei meinem Kind sehr wichtig, man darf das jetzt nicht falsch verstehen, aber ein Kind sollte immer noch ein Kind sein dürfen. LG

von Mohrhuhn am 20.09.2016, 21:50