Frage: Ängstliches Kind (6 Jahre)

Hallo Frau Henkes, ich möchte Ihnen heute ein paar Situationen zu meinem 6jährigen Sohn schildern und Sie um Ihre Einschätzung bitten. Meinem Sohn fällt es extrem schwer, allein einzuschlafen. Er weint dann und ruft andauernd, er scheint richtig zu leiden. Wir haben extrem lange Einschlafbegleitung gemacht, können aber nicht mehr. Wir hatten nie einen Abend für uns, weil er auch ewig zum einschlafen braucht. Nun bindet er uns allerdings mit weinen und rufen. Wenn er uns im Supermarkt zB kurz aus den Augen verliert, fängt er an panisch zu schrei-weinen. Das gleiche, wenn wir im Garten sind und ich nur mal zum Auto gehe. Er wird dann wirklich panisch, als würde er mich nie wieder sehen. Ich bin noch nie ohne Tschüss sagen abgehauen. Insgesamt ist er sehr ängstlich und traut sich in der Wohnung Abends nicht allein auf die toilette. Neulich schaffte er es zwar bis dorthin, kam aber panisch schrei-weinend wieder zurück. Auf die Frage, weshalb er so eine Angst haben sagte er, dass Monster kommen könnten. Gleichzeitig sagt er, dass es Monster gar nicht gibt. Neuerdings hat er angefangen, sich so extrem die Hände zu waschen und abzutrocknen, dass die Hände an den knöcheln blutig waren. Wir haben mit ihm gesprochen, es hat sich allmöhlich gebessert. Jetzt ist nichts mehr blutig, aber er ist extrem gründlich und braucht recht lange, nur zum Hände waschen/abtrocknen. Auch braucht er ständig vergewisserung. Er fragt etwas, wir antworten. Er fragt es wieder und wieder und wieder und gibt erst Ruhe, wenn wir mindestens 3x dieselbe Antwort gegeben haben bzw. ihm etwas versprechen müssen. Bereits als Baby war er sehr vorsichtig. Er ist eher zurück haltend, sehr sozial und durchaus beliebt im kiga. Und eigentlich kommt er auch mit fremden Kindern gut in Kontakt, wenn man ihm seine " Aufwärm- und Annäherungsphase" lässt. Nun ist es allerdings auch schon ein paar mal so gewesen, dass er uns Eltern sprichwörtlich am rockzipfel hing und uns ständig unterbrach, wenn wir auf grillfesten oä waren. Er bewegte sich keinen Millimeter von uns weg, während die anderen Kinder spielten. Darunter waren auch welche, die er kennt und mit denen er schon gespielt hat. Mein Mann findet das alles nicht Normal und ich bin auch etwas verunsichert und will nichts übersehen. Wie schätzen Sie die Situationen ein? Vielen lieben Dank schon einmal.

von Sonntagsgoere am 13.07.2023, 07:06



Antwort auf: Ängstliches Kind (6 Jahre)

Guten Tag, grundsätzlich halte ich es für wichtig, einem ängstlichen Kind Sicherheit zu geben und ihm zu helfen, sich selbständig Sicherheit zu verschaffen, bis die Ängste sich gelöst haben. Sie beschreiben allerdings auch Situationen, die weniger mit Ängsten als mit Macht zu tun haben scheinen. So schreiben Sie auch, Ihr Sohn binde Sie. Möglicherweise geht es genau darum. Unbewusst möchte Ihr Sohn verhindern, dass Sie einen Abend für sich haben oder auf dem Grillfest Ihre Aufmerksamkeit von ihm abziehen. Ihr Sohn sollte mit sechs Jahren schon lernen, dass Eltern auch eigene Bedürfnisse haben, die berechtigt sind und die Sie sich erfüllen wollen. Er bekommt ja ansonsten genügend Aufmerksamkeit von Ihnen. Besprechen Sie in einer ruhigen Situation mit ihm, dass Sie am Abend Ihre Ruhe haben wollen. Überlegen Sie mit ihm, was Sie gemeinsam tun können, um ihm das Einschlafen zu erleichtern (Nachtlicht,  Tür offen lassen, Geschichte hören, Kuscheltier o.ä.). Sie wollen aber auf sein Weinen und Rufen nicht mehr reagieren. Gegebenenfalls muss er kommen, wenn er ein wichtiges Anliegen hat. Sie müssen ihm auch nicht dreimal antworten. "Dieselbe Antwort wie eben", reicht als Kommentar einmalig aus. Andererseits ist es hilfreich, Ihren Sohn darin zu unterstützen,seine Ängste zu bewältigen. Kündigen Sie ihm z.B. an, dass Sie jetzt was aus dem Auto holen wollen und fragen Sie ihn, ob er mitkommen will. Dass er im Supermarkt Angst bekommt, wenn er Sie verliert, ist verständlich. Besprechen Sie mit ihm, dass er  als Sechsjähriger schon mit Verantwortung dafür übernehmen kann, dass das nicht geschieht. Wenn er z.B. zuverlässig den Einkaufswagen schiebt, kann er nicht verloren gehen und hilft Ihnen auch noch. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes

von Ingrid Henkes am 13.07.2023