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Woran merkt man

Thema: Woran merkt man

dass ein Kind nicht nur aus Drang einen Wutanfall bekommt, sondern schon richtig kalkuliert, also Wut einsetzt um seinen Willen zu bekommen? Meiner ist 15 Monate alt und kapiert schon Zusammenhänge, z.B. hatte er seine Socke verloren, ich sagte wir ziehen die jetzt an, er lachte, nahm sie mir aus der hand und hat angefangen sich die selbst anzuziehen. Ich war ganz schön positiv überrascht. Dennoch verfahre ich weiterhin so, dass bei den Dingen die wirklich nicht gehen, ich ihm Nein sage, auf dem Arm nehme und ablenke. Bei anderen Situationen, die nicht mit Sicherheit zu tun haben o.ä, gebe ich seinem Drang nach. Alle sagen ich verwöhne ihn zu sehr und bald wird er wegen jeder Kleinigkeit weinen. Der setzt jetzt schon seine Macht ein. Ich sehe das aber nicht so. Solange der nicht redet und ich sicher bin, dass er weiss, dass er ein eigenständiger Mensch ist ( Spiegel-Test?) glaube ich nicht, dass er Wut schon als Machtmittel einsetzt. Wie seht ihr das? Ab wann erkennt man, dass aus Wille und Drang echter Trotz wird?

Mitglied inaktiv - 08.03.2008, 11:39



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Hallo, seufz, was Du beschreibst, kennt wohl jede Mutter. :-) Übrigens: Doch-doch, Dein Sohn ist durchaus schon im sog. Trotzalter, denn dieses beginnt ab ca. 12 Monaten. Das Wort Trotz ist aber eigentlich falsch, denn es geht ja darum, dass schon Kleinkinder starke Autonomie-Bestrebungen haben - also mitbestimmen wollen und vor allem: Vieles selbst machen wollen. Auch, wenn ein Kind sich noch nicht selbst im Spiegel erkennt, strebt es bereits früh in winzigen Schritten nach Ablösung von der Mutter, sogar schon als Krabbel-Baby. Das Sich-Erkennen im Spiegel ist also nicht der Anfang, sondern bereits der Höhepunkt dieses Prozesses (der aber dennoch insgesamt locker bis ins Kiga-Alter dauert). Ich finde, Du machst alles völlig richtig! Wir Eltern sollten nachgeben, wo es möglich ist, damit wir das Kind nicht zu eng eingrenzen. Es sollte schon viel selbst machen dürfen. Natürlich müssen wir Eltern auch Grenzen setzen, da, wo es wichtig ist. Kleinkinder erkennen nämlich noch nicht, wo ihre Wünsche sinnvoll sind, und wo die Umsetzung einfach noch zu gefährlich wäre (auf Möbel klettern) bzw. nicht in den in unserer Kultur üblichen Familienalltag passt (Milch auskippen, Blumenerde ausgraben). Ebenso natürlich müssen Kinder (angeborenerweise) diese Grenzen ständig austesten und zu erweitern versuchen. Den Trotz meiner Kinder sehe ich daher nicht als "Machtmittel" und Versuch der Machtausübung. Es macht Kindern einfach zu schaffen, wenn sie mit ihren Wünschen auf Widerstand stoßen - das verursacht Frust, und den lassen sie ungebremst heraus, denn sie haben ja noch kein Selbstkontrolle. Sie entdecken ja nicht nur ihren eigenen Willen, sondern auch, dass die Mutter (lästigerweise ;-)) ebenfalls einen eigenen Willen hat, mit dem man leicht kollidiert - gar nicht so einfach, das Ganze! Dieses Alter ist einfach total anstrengend (mein Jünster ist jetzt zweieinhalb und auch noch kräftig am "Trotzen"). Es ist ein täglicher Spagat zwischen Grenzensetzen und Freiräume-lassen, und der fällt nicht immer leicht. Gerade bei Jungs ist es wichtig, bei einigen wenigen Dingen konsequent zu bleiben, aber das machst Du ja eh. Jungs sind tedenziell etwas aggressiver in der Durchsetzung ihrer Wünsche (auch sie haben schon Testosteron im Blut) und brauchen nach Ansicht von Kinderpsychologen besonders klare Ansagen, um sich orientieren zu können und ein gutes Sozialverhalten zu entwickeln. Grüßle, BB

Mitglied inaktiv - 08.03.2008, 12:47



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halt nur anstrengend,und zwar für beide seiten... selbstentdeckung beginnt mit ca 1,5 -2 jahren und dann auch oft der "trotz",du wirst es aber merken... was heißt verwöhnen,wenn ich meinem kind keine dinge verbiete,die ich nicht verbieten muss,weil gar kein grund besteht? in dem falle wäre wohl der erwachsene trotzig :0)) gefahr und schäden muss man nunmal vermeiden durch nein sagen,ablenken,kind wegsetzen etc. deswegen kann man aber seinem kind immer vermitteln,dass man es versteht und es hinterher auch trösten. kidnern willkürlich grenzen zu setzen ohne hintergrund ist unsinnig,verfehlt auch das ziel und ist für mich reiner machtmißbrauch,der trotz wird sich nur verstärken und das selbstbewußtsein vermindern.... schöner artikel: Trotz von Dipl.-Päd. Ines Gärtner Was ist Trotz? Der Begriff Trotz impliziert, dass das Kind bewusst etwas gegen den Willen eines anderen tut, was aber nicht der Fall ist. Trotzdem ist Trotz der gängige Begriff, weshalb ich ihn weiter verwende. Trotz ist eine Entwicklungsphase, die alle Kinder durchlaufen. Er lässt sich nicht vermeiden und ist, falls er ganz ausbleiben sollte, eher ein Zeichen der behinderten Ich-Bildung. Trotz erfolgt im Zuge der Loslösung und Abgrenzung von der Mutter und der Ich-Bildung. Orientiert sich ein Säugling und Kleinstkind noch an der Mutter und hält sie weitgehend für einen Teil seiner eigenen Person, so begreift ein Kleinkind ab dem ca. 18. Lebensmonat zunehmend, dass es eine eigenständige Person ist, die ihre Handlungen selbst verursacht. Diese Ich-Identität ist durch den Spiegeltest nachweisbar. Ein Kind, dass vorher die doppelte Erscheinung der Mutter und des fremden Kindes im Spiegel zur Kenntnis nahm und anlächelte, stellt jetzt erstaunt fest, dass es das selbst ist und versucht beispielsweise einen Fleck auf der eigenen Stirn, den es im Spiegel entdeckte, zu entfernen. Trotz ist keine Opposition oder gar Widerspenstigkeit gegen die Eltern, sondern bedeutet, dass ein Kind sich selbst, der eigenen Handlungen und der eigenen Entscheidungsmacht bewusst wird. Trotz ist der Weg zu Eigenständigkeit und Autonomie, begleitet von Ungeduld, Spannungszuständen und Disharmonie, was sich in Wut und Trotzanfällen äußert. Wann tritt Trotz auf? Trotz und die damit verbundenen Äußerungen der Wut lassen sich nicht grundsätzlich vermeiden, höchstens in wenigen Fällen umgehen. Meist sind die Anlässe austauschbar. Die Äußerungen der Wut, sowohl was die Dauer als auch die Vehemenz und Lautstärke betrifft, haben etwas mit dem Temperament des Kindes zu tun und nicht mit den (fehlenden) pädagogischen Fähigkeiten der Eltern. Kinder in diesem Alter sind unflexibel, haben einen inneren Plan, von dem sie nicht oder nur schlecht abweichen können. Wird ein Kind in seinem Tun unterbrochen, weil die Eltern etwas anderes möchten oder halten die eigenen Fähigkeiten (noch) nicht mit dem Willen mit, kommt es zu Frust und Wut. Enttäuschte Erwartungen, gebrochene Versprechungen und mangelnde Geduld und Ausdauer sind weitere Auslöser. Dazu kommt, dass innere Faktoren wie Müdigkeit, Hunger, Krankheit, neue Umgebung und Stress etc. Trotzäußerungen begünstigen. Ein Kind mit einem bereits stark ausgeprägten Selbstbewusstsein wird wahrscheinlich nicht mit soviel Aggressivität und Wut (Schlagen, Beißen, Wegstoßen der Eltern) reagieren wie ein Kind, bei dem das Selbstbewusstsein noch nicht so stark ausgebildet ist. Wie verhalte ich mich, wenn mein Kind trotzt? Oberste Regel ist, das Kind so viel selbst tun zu lassen wie möglich. Jede Einschränkung und Grenzsetzung erlebt das Kind in erster Linie als Kränkung. Es kann noch nicht unterscheiden, welche Regeln sinnvoll und zum eigenen Schutz sind, sondern empfindet nur die Einschränkung und braucht deshalb wenige, sinnvolle Regeln. Starke, autoritäre Einschränkungen statt liebevollem Unterstützen und Korrigieren sind schädlich für die Selbstentwicklung des Kindes. Kinder wollen ernst genommen und respektiert werden und mitentscheiden dürfen. Eltern sind in dieser Phase vor allem Begleiter und Lenker des Verhaltens. Sie werden manchmal überrascht werden von den starken Gefühlsäußerungen, manchmal auch enttäuscht oder sogar selbst wütend sein, sollten sich aber immer wieder vor Augen führen, dass dieses Verhalten nichts mit Auflehnung und/oder Ablehnung der Eltern zu tun hat, sondern ein normaler und enorm wichtiger Entwicklungsschritt im Leben eines Kindes ist. Es braucht Geduld, sehr viel Verständnis und oftmals ein Umdenken, wenn ein Kind diesen neuen, bisher unbekannten Weg einschlägt. Plötzlich stößt es die Eltern weg, lässt sich nicht beruhigen oder schmeißt sich gar auf den Fußboden. Trotz dieser offensichtlichen Ablehnung bedeutet das Verhalten nicht, dass die Kinder ihre Eltern nicht mögen, sondern nur, dass sie in diesem Moment von ihren Gefühlen überrannt werden und diese nicht mehr steuern können. Normalerweise wird ein Kind mit einer guten Eltern-Kind-Bindung immer irgendwann den Trost, die Nähe und Umarmung der Eltern suchen. Eltern sollten immer in der Nähe des Kindes bleiben, auch wenn es sich nicht anfassen oder beruhigen lässt. Wichtig ist das Wissen, dass die Eltern auch in dieser Situation da sind. Kinder brauchen vor allem die Rückmeldung, dass auch diese Äußerungen von vermeintlich negativen Gefühlen auf Verständnis stoßen und erlaubt sind. Gefühle sollten durch die Eltern benannt werden. Ignorieren und Strafen wie z.B. Auszeiten führen in der Regel nur dazu, dass ein Kind noch mehr kämpft, um sich zu behaupten. Kinder wollen Eltern, die ihnen liebevoll notwendige, nicht willkürliche Grenzen vermitteln, sie mit den Kindern zusammen entwickeln, erneuern oder auch weglassen. Mit zunehmend besserem Sprachgebrauch kann ein Kind seine Bedürfnisse besser artikulieren, das Denken wird differenzierter und die Reaktionen immer flexibler. Im Laufe dieser Entwicklung werden Trotzanfälle und aggressives Verhalten seltener. Kinder mit ca. 4, 5 Jahren werden in der Lage sein, grundsätzliche Grenzen anderer zu akzeptieren und nicht mehr egozentrisch alles um jeden Preis durchsetzen wollen. Mit viel Geduld und Verständnis werden sie sich zu autonomen, selbstbewussten Kindern entwickeln. Dipl.-Päd. Ines Gärtner für Rabeneltern.org, Mai 2006 http://www.rabeneltern.org/elternsein/wissenswertes/gaertner_trotz.shtml lg pitti

Mitglied inaktiv - 08.03.2008, 15:51



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Ich sehe es auch so! Meine Kleine ist nun 25 Monate, die "Trotz"-Phase begann so mit 16 Monaten bei ihr... Nun ist sie so ziemlich auf dem Höhepunkt, alles selber machen wollen, überall helfen wollen (beim Putzen, Spülen, Waschen, etc.) und auch ihren Willen durchsetzen (z.b. Saft in ALLE Trinkflaschen, alle Puppen mit zum Einkaufen nehmen, etc.). Ich überlege dann vorher, ob ich sie nun machen lasse oder ihren Willen gewähren lasse oder nicht. Lohnt es sich, z.B. wegen einfachen Sachen nur aus "erzieherischen Maßnahmen" einzugreifen oder ist es eigentlich doch eher eine "Bagatelle". Wenn ich dann etwas verbiete (z.B. o.g. Beispiele mit den Flaschen oder Einkaufen oder ständig Clopapier runterspülen oder Zahnpasta im Waschbecken verteilen), erkläre ich aber auch, warum ich es nicht möchte! Ich lasse aber auch einiges durchgehen (z.B. eben den Tisch einseifen, ich kann ihn ja hinterher abwischen - und er ist wieder schön sauber ;-))) Außenstehende meinen, ich bin zu gutmütig - z.B. darf Neele aufstehen, sobald sie aufgegessen hat. Ich finde es nicht schlimm, gut, im Restaurant will sie es auch, aber wann sind wir da mal und dann kann man ja irgendetwas interessantes zum Spielen mitnehmen. Deshalb nun anerziehen, dass sie am Tisch sitzen bleibt, bis wir alle aufgegessen hat?? Nö, denke, dass kommt irgendwann von alleine. Mittlerweile lasse ich andere Leute reden und picke das brauchbare für mich raus ;-)) LG, Claudia

Mitglied inaktiv - 08.03.2008, 22:37



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Diese Clavi gefällt mir *ggg* Meine Maus ist jetzt 2,5 jahre und in der Phase " Kann ich allein" und " Ich will nicht" Allein lass ich sie machen und sage ihr, sie soll mich rufen, wenn sie Hilfe braucht!Das erfordert manchmal ein Höchstmaß an Geduld und das eine oder andere Mal hab ich schon in das handtuch beißen wollen, weil Madame sich nicht helfen lassen wollte, ich aber zur Arbeit los musste.....Also hab ich den zeitplan verändert und das entspannte...... Wenn sie etwas nicht will, dann sage ich zum Bsp. " Nun gut, wenn du nicht essen willst, dann musst du nicht! Wir haben Hunger und wollen jetzt essen.....meistens kommt sie dann von allein! Wenn sie nicht baden will, lege ich mich genüsslich in die Wanne, dann will sie " mitmachen". Wenn sie sich nicht anziehen lassen will, dann nicht...wenn ich dann meinen Mantel anziehe, merkt sie das Schlafanzug im Auto wohl doch blöd ist. Schnell soll ich sie anziehen! Wir versuchen wirklich die Konfrontation zu vermeiden, denn letztlich bringt die nur Unzufriedenheit auf beiden Seiten. So verläuft diese Phase, die für die Kinder so wertvoll ist doch ziemlich entspannt ab. Das einzige das nervt, sind ungefragte Meinungen, die eindeutig feststellen, dass wir die Kleine total verwöhnen, weil wir ihr nicht zeigen, "wo es lang geht" ( und wer die Macht hat)!!!! Will ICH mal wirklich etwas nicht, sage ich ihr das auch deutlich, aber freundlich! LG

Mitglied inaktiv - 09.03.2008, 09:39



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Ich danke Euch für Euren Zuspruch. Ich sehe das nämlich genauso. Es ist halt nur etwas shwer wenn alle ( nicht nur Familie sonder auch Freunde) meinen ich mache "grosse Erziehungsfehler, er wird mich nicht mehr ernst nehmen, ich werde so enden wie die Mutter eines Bekannten, die ganz lieb ist, aber von ihrem 17 jährigen Sohn geschlagen wird, wenn sie mal was will und ihm nicht Geld für seine Hilfe gibt, etc" Ich handle aber trotzdem nach meinem Herzen. Sollte mein Sohn mich irgendwann mal ablehnen, weil ich zu lieb bin, dann passiert das halt. Ich nehme ihn so wie er ist, er muss mich auch nehmen wie ich bin :-) Jedenfalls Danke!!!Ihr bestätigt meinen Weg und das stimmt zuversichtlich!

Mitglied inaktiv - 09.03.2008, 14:50



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Dein Kind zu einem selbstbewußten Menschen zu erziehen, ist, indem Du hinter ihm stehst. Ihm hilfst, wenn es Hilfe möchte und ihn "leitest", wenn es nötig ist. Ich sage das so, weil ich das jetzt klarer und deutlicher sehe. Bei meinem Sohn waren wir eher strenger und hatten die "Macht" (läßt sich nicht auf der Nase rumtanzen). Nun ist er 6 Jahre alt und ich denke es war der falsche Weg. Er rebelliert, denkt wahrscheinlich, wir stehen nicht vollkommen hinter ihm. Solche Fehler zu erkennen, ist nicht immer leicht, aber ein erster Weg es zu ändern. Wenn Du ein "Herzgefühl" hast (welches manche auch verloren haben), dann handle danach. Ich bin mir sicher, daß das Kind schneller selbstständiger wird, wenn es weiß, daß es immer auf Mama oder Papa zählen kann und dieses Gefühl bekommt es nur, wenn man ihm seinen "Willen" läßt, sofern nicht wirklich was dagegen spricht (Gefahr, übertreten der eigenen Grenze z.b. hauen usw.). LG Claudia

Mitglied inaktiv - 10.03.2008, 10:21



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Danke Claudia. Es ist schön sowas auch von jemanden zu hören, dessen Kinder schon grösser sind.

Mitglied inaktiv - 10.03.2008, 14:15