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für "Struktur sorgen"

Thema: für "Struktur sorgen"

Eine Kollegin und die Mutter, des Kigafreundes meines Sohnes, müssen mit dem Jugendamt zusammen arbeiten bei der Erziehung ihrer Kinder. Das Jugendamt erzählt immer wieder, sie sollen für Struktur sorgen. Was versteht man dadrunter? Bei beiden Frauen kommen die Kinder morgens pünktlich zur Schule und abends pünktlich ins Bett. In der Woche essen die Kinder in der Schule am Wocheende bekommen die Kinder 3 Mahlzeiten. Die Kinder sind gewaschen, die Kleidung nicht hübsch, aber sauber. So auch die Wohnungen. Von der Seite betrachtet, mangelt es bei beiden Frauen an Liebe, Aufmerksamkeit und Geduld für ihre Kinder. Aber das hat doch nicht mit Struktur zu tun? Oder doch?

von Erdbeere81 am 07.09.2012, 10:18



Antwort auf Beitrag von Erdbeere81

Vielleicht ist Struktur auf höherem Niveau gemeint? Hausaufgabenüberwachung, Vorlesestunde, Gutenachtritual u.ä? Der Mangel an Elternliebe kann dadurch nicht kompensiert werden, aber dadurch hätten die Kinder mehr als Essen, Trinken, Unterkunft und Kleider.

von Pamo am 07.09.2012, 10:28



Antwort auf Beitrag von Erdbeere81

Inwiefern bist du mit dem Jugendamt "verbandelt"? Das hat mich schon im 1. Schuljahr Forum interessiert, vielleicht magst du es hier mal erzählen (wegen Betreuung der Kinder). Struktur bedeutet ja auch, dass das Leben der ELTERN Struktur hat - Kinder anziehen und abfüttern kann ich auch noch, wenn ich selbst völlig neben der Kapp bin, aber präsent sein, da sein, hören, was sie mir erzählen und aktiv am Leben der Kinder teilnehmen und sie genauso aktiv ins Familienleben mit einzubeziehen, dazu brauche ich selbst eine innere Struktur, brauche selber Ziele, Werte, Dinge, die mir Freude machen und über die ich mit Begeisterung sprechen kann, Pflichten, wie gegenüber Haustieren oder einem Garten, an denen das Kind mit beteiligt wird... Freizeit im Sinne von Musik, Sport, Spielplatz, Spaziergänge, zusammen lesen, spielen, streiten, Film anschauen und drüber reden, etc. gehört auch dazu, genauso wie ein Freundeskreis (der Familie und jedes einzelnen). Lg Fredda

Mitglied inaktiv - 07.09.2012, 11:09



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... wobei ich finde, sie hätten sich klarer ausdrücken können (falls wie wirklich nur dieses Stichwort "für Struktor sorgen" gesagt haben -?)... Was genau hast du damit zu tun?

von MM am 07.09.2012, 13:16



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unter "sie soll an sich selber" arbeiten verstanden. Viele der Dinge die du aufzählst, sind ja eigentlich so selbstversändlich. Aber wenn Frauen selber diese Struktur in der Kindheit nicht erfahren haben, dann ist es schwierig sie aufzubauen. Das geht dann wahrscheinlich nur mit bewusst festlegen und arbeiten.

von Erdbeere81 am 08.09.2012, 12:47



Antwort auf Beitrag von Erdbeere81

Ich denke, sie sollten bei der/dem SozialarbeiterIn direkt nachfragen, was damit gemeint ist. Das ist ein sehr abstrakter Ratschlag, der unbedingt der Konkretisierung und der Festlegung kleinerer Zwischenziele bedarf. Oder nochmal einen Blick in den Hilfeplan werfen, womöglich steht dort etwas genaueres. Ist natürlich auch nicht ganz ideal, wenn es NUR dort steht und die Eltern nichts damit anzufangen wissen. In den Prozess der Hilfeplanung sollten die Eltern schon aktiv mit einbezogen sein um auch Fortschritte erzielen zu können. Aber das wäre mal ein Anhaltspunkt. Ansonsten kann ich mir auch gut vorstellen, aber das sind natürlich nur Mutmaßungen, dass Struktur im Leben der Eltern gemeint ist und eventuell Struktur in der Beschäftigung mit den Kindern. Wenn du schreibst, es fehlt an Liebe und Aufmerksamkeit, kann man einen festen Rythmus finden, in dem intensive Beschäftigung mit den Kind stattfindet, spielen, lesen, singen etc. Oder regelmäßige gemeinsame Unternehmungen am Wochenende, regelmäßige Spielplatzbesuch, Spaziergänge, einmal wöchentlich/monatlich gemeinsam ins Schwimmbad etc.

von Tine1 am 07.09.2012, 14:01



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Huhu, Fredda hat schon alles gesagt. Als ich mein Wochenpraktium im sozialpädiatrischen Bereich hatte haben meine Oberärzte immer den Unterschied zwischen reagieren und agieren betont. Es ist für Kinder ein Unterschied ob erst auf ganz offensichtlich akute Probleme ( Hunger, nasse Windeln) gerade mal noch reagiert wird oder ob die Eltern auch aktiv die Tagesgestaltung vorgeben und Aktionen von ihnen ausgehen und gelenkt werden. Fördern, Spiel anbieten usw. ... Sowas in der Art wird gemeint sein. LG

von cosma am 07.09.2012, 16:39



Antwort auf Beitrag von Erdbeere81

Ich arbeite bei einer kleinen Gemeindeverwaltung. Wir arbeiten häufig mit dem Jugendamt zusammen, wenn es z.B. um bestimmte Aktionen im Ort geht. (Streetworker, Jugendtreff) In meiner Zeit beim Jobcenter haben wir gemeinsam mit dem Jugendamt, den Fallmangerin usw. den Familien geholfen. Es fängt manchmal simpel an. Hier taucht jemand auf, dem Obdachlosigkeit droht. Bevor ich ihn in eine Obdachlosenkunft einweise, kann ich mit ihm gemeisam eine Wohnung suchen. Ist kostengünstiger langfristig gesehen. Dann fahre ich mit diesen Personen herum, helfe ihnen Strom und Wasser zu organisieren. Die Leute freuen sich, dass jemand hilft und kommen dann mit den sonstigen Belangen ihres Lebens. Ich halte dann Rücksprache z.B. mit dem zuständigen vom Jugendamt. Wir sind in Vereinen wie "die Tafel" usw. aktiv und im Ort läuft hier vieles ineinander über. Und manchmal läuft es dann auch in das private rüber. Für die Gemeinde ist es z.B. so kostengünster, als wenn wir die Person in eine Obdachlosenunterkunft einweisen müssten (wir hätten die Miete zu tragen, kriegen die Leute da nicht mehr raus) Mein Mann ist Pastor in einer Freikirche und wir organisieren darüber auch einiges an Hilfsprojekten und Ferienaktionen. Unser Jugendamt ist total überlastet. Sie geben die Fälle an andere Institutionen ab. z.B. Caritas. Und da kann man Glück oder Pech haben. Ein guter Sozialarbeiter kann super helfen, aber die Alleinerziehende um die ich mich kümmere hat wirklich Pech. Der Mann hat keine Ahnung welche Anträge sie stellen kann, wie sie z.B. Sport für ihre Kinder organisieren kann. Er kontrolliert sie nur. Sie selber weiß, dass ich bei der Gemeinde bin und deshalb Jobcenter und Jugendamtkontakte habe. Die wissen, dass ich mit ihr Kontakt pflege. Macht hier natürlich nicht jeder meiner 12 Kollegen, aber doch so einige. Das Herz einer Kollegin schlägt besonders für die Tamilen im Ort, die andere hilft den Aussiedlern, weil sie selber russisch kann. Mein Kollege hat schon mal die Steuererklärung für einen Türken erledigt, weil der nur 4 Jahre zur Schule gegangen ist und völlig überfordert war. (natürlich nicht in der Arbeitszeit) das mal grob zur erklärung :-)

von Erdbeere81 am 08.09.2012, 12:44



Antwort auf Beitrag von Erdbeere81

Nur weil die Kinder morgens pünktlich zur Schule kommen, sauber sind und saubere Kleidung tragen - das ist kein Zeichen für Struktur. Es kann ja alles auch mit großem Geschrei und Tamtam abgehen, nur Geheze und alles schnell, schnell, schnell, weil eben keine Struktur da ist - und sowas ist stressig für alle Beteiligten. Ich bin ja auch ein Chaot, vergesse etwas, erledige es falsch oder sonstiges. Nur, ist es ultra schwer Struktur zu erlernen, wenn man selber ein Chaot ist Die ehemals beste Freundin meiner Tochter - da wurde sogar innen der Kühlschrank und auch Kleiderschränke beschriftet, wo was hinkommt - glaubt ihr dieses Mädchen hat ein bischen Struktur - völlig chaotisch, ob das nun Prostest oder einfach nur die Art des Mädchens ist - keine Ahnung

von taram am 08.09.2012, 14:03



Antwort auf Beitrag von Erdbeere81

Find ich super, was du/ihr macht. Wäre schön, wenn sich die Menschen überall so solidarisch verhalten würden!!! Ja, die Arbeitsbelastung bei den Jugendämtern in unserer Stadt nimmt auch ständig zu, was häufig ein rigideres Vorgehen und schlechtere Zusammenarbeit mit den Eltern nach sich zieht. Sehr schade nur, wenn sich der Druck "nach unten" entlädt und das sogar in Berufsgruppen, die während des Studiums noch relativ sozialkritisch sozialisiert wurden. Wegen der Sache mit der fehlenden Struktur: Ich denke, die fehlende Struktur an sich ist nicht unbedingt das Problem. Auch als chaotischer Mensch mit wenig Struktur kann man ein sehr liebevolles Verhältnis zu seinen Kindern haben. Wenn aber ein Problem in der Bindung besteht, verursacht durch zuwenig Liebe und Aufmerksamkeit, kann die Bindung durch die Struktur gefestigt werden. Struktur im eigenen Leben, Struktur im Tagesablauf/in der Beschäftigung mit den Kindern. Denn eine gute Bindung fällt ja nicht vom Himmel sondern entsteht durch die (liebevolle) Beschäftigung miteinander. Wenn Zeiten festgelegt sind, zu denen man miteinander bestimmte Sachen macht, dann ist einfach die Wahrscheinlichkeit größer, dass sich alle (in dem Fall wohl vor allem die Eltern) auch wirklich daran halten. Liebe und Verständnis zu entwickeln kann man nicht einfach vereinbaren oder fordern. Eine Struktur kann man aushandeln und festlegen und wenn es gut läuft, entsteht daraus ein besseres Kennenlernen, mehr Liebe und Verständnis und somit eine bessere Bindung. Nur hilft der Familie auch die Aussage, sie brauchen mehr Struktur wohl eher nichts, wenn die Struktur nicht auch unter Anleitung ausgehandelt und festgelegt wird und schriftlich fixiert der Familie zum nachlesen ausgehändigt wird.

von Tine1 am 08.09.2012, 14:51