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Verhalten Kind nach Trennung

Thema: Verhalten Kind nach Trennung

Seit einem halben Jahr sind wir getrennt. Unser Sohn ist 3,5 Jahre alt. Ich wohne nun mit ihm im Haus. Vorher habe ich bereits alles gemacht, der Vater war meist am Handy. Wenn mal gespielt wurde, endete dies nach 10 Minuten. Der Vater kann es einfach nicht. Seit der Trennung veränderte sich das Verhalten meines Sohnes nicht. Es geht ihm gut. Er fragt NIE nach seinem Vater. Keine Frage warum er nicht mehr im Haus wohnt oder wo er ist...nichts! In meinem Umfeld feiern alle 3jährigen Jungs ihren vater. Der ist der allergrößte Held. Sowas kenn ich bei uns gar nicht. weder jetzt, noch vor der Trennung. Auffällig finde ich jedoch folgende Situation (bis jetzt etwa 5x passiert): Ich sage "Papa kommt gleich." Die Reaktion meines Sohnes lautet: "Welcher Papa? Meinst du Opa?" Wenn ich dann den Vornamen des Vaters sage, antwortet er: "Meinst du xxx aus dem Kindergarten?" (Dort gibt es einen Erzieher mit dem gleichen Vornamen). Zur Info: Ich habe keinen neuen Partner, der mit dem Papa "verwechselt" werden könnte ;-) Ich habe ein wenig das Gefühl, dass der Begriff "Papa" nicht mehr mit der Papa-Person in Verbindung gebracht wird. Kann das sein? Oder was könnte dahinter stecken?

von Flamingo20 am 09.11.2023, 12:52



Antwort auf Beitrag von Flamingo20

Hallo, diese Reaktion auf das Wort „Papa“ finde ich auch auffällig. Man kann das nicht damit erklären, dass der Papa sich viel zu wenig um euren Sohn gekümmert hat. Denn auch schlechte Väter sind dennoch sehr wichtig fürs Kind. Kinder verzeihen Vätern absolut alles, vor allem wenn die Kinder noch jünger sind. Ich denke, da findet gerade eine Verdrängung des Trennungsthemas statt. Vielleicht weil dein Sohn komplett überfordert ist mit der Situation. Vermutlich gab es diverse heftige Streitigkeiten zwischen dir und deinem Ex im Rahmen der Trennung. Kleine Kinder glauben dann, sich zwischen den Eltern entscheiden zu müssen. Also nur zu einem Elternteil loyal sein zu dürfen. Und dein Sohn hat sich hier innerlich natürlich für dich entschieden, weil du seine Hauptbezugsperson bist. Und weil er mit dir lebt. Trotzdem belastet ihn das. Um aus diesem Loyalitätskonflikt auszubrechen, wird der Papa im Moment zur Unperson. So muss dein Sohn keine Schuldgefühle haben, weil er nicht zum Papa, sondern zu dir hält. Und er muss seine Überforderung im Moment nicht lösen. Ich würde das erstmal beobachten. Man muss akzeptieren, dass kein Kind ganz heil aus einer Trennung der Eltern herauskommt. Kinder haben danach fast immer Anpassungsschwierigkeiten an die neue Situation. Das kann sich auf verschiedenste Weise äußern: durch Aggression, durch Rückzug, durch forderndes Verhalten. Und wenn sie diese Anpassung gar nicht schaffen, dann kann das Ganze auch durch Abspaltung geschehen. Indem ein Teil der belastenden Geschichte ausgeklammert wird. Die Kinderpsyche hat so ihre Schutzmechanismen. Das ist nicht verkehrt. Diese Mechanismen sollten allerdings nicht die Bewältigung der neuen Situation verhindern. Deshalb kannst du darauf achten, dass du den Papa bewusst nicht „totschweigst“, sondern ihn einbindest: Erzähle regelmäßig von ihm. Wann er das nächste Mal kommt, was sie dann vielleicht zusammen machen, oder was er jetzt wohl gerade so macht („Vielleicht wäscht Papa gerade das Auto“) - also ganz harmlose, selbstverständliche Alltagsdinge. Wenn dein Sohn dann fragt, welchen Papa du meinst, erkläre es ihm geduldig. Ruhig so lange, bis der Papa für ihn wieder präsenter und selbstverständlicher ist. Denn hier gibt es ganz offensichtlich im Moment eine Blockade. Die muss man nicht aufbrechen, indem man sagt: „Aber du weißt doch, wer der Papa ist!“ Sondern indem man sanft erinnert, wen man meint. Wenn du - auch wenn es dir verständlicherweise nicht ganz leicht fällt - auch den abwesenden Papa zu einem Teil eures Alltags machst, werden die Fragen aufhören. Vielleicht kommen dann irgendwann - jetzt oder auch erst im Schulalter - neue Fragen. Warum der Papa nicht mehr bei euch lebt zum Beispiel. Diese Fragen werden kommen, sobald er die innere Blockade lösen konnte. LG

von Jorinde17 am 09.11.2023, 14:42



Antwort auf Beitrag von Flamingo20

Neben dem, was Jorinde schreibt über den Loyalitätskonflikt: du schreibst nicht sonderlich positiv über den Vater, "er kann es einfach nicht". Kann es sein, dass euer Sohn über den Zeitraum vor der Trennung schon oft genug gehört hat, dass sein Vater kein guter Vater wäre, kein richtiger Vater, sich eh nicht kümmert etc? Kinder bekommen viel mehr mit, als man so denkt. Auch darüber, wie man sich gegenseitig behandelt als Eltern, Bemerkungen/Formulierungen wie "hat der Papa das wieder vergessen/nicht richtig gemacht/wieder keine Zeit für dich" oder "dann macht die Mama das eben" usw Wenn alle anderen Kinder erzählen, wie toll ihr Papa ist (der Stärkste, Schnellste und überhaupt Superman) hat er dann vielleicht lieber gar keinen als einen, der offenbar kein "richtiger" Papa ist.

von suityourself am 10.11.2023, 07:50



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Also von mir wurde über den Vater noch kein schlechtes Wort vor unserem Kind gesagt. Ich bin selbst Pädagogin und weiß sehr wohl was das mit einem Kind macht. Sowas möchte ich verhindern! Dass Kinder mehr mitbekommen als man sich selbst vorstellen kann, ist mir auch klar. Aber hier kann ich ja schreiben wie es ist, sonst hilft mir der Post ja nicht..

von Flamingo20 am 10.11.2023, 07:56



Antwort auf Beitrag von Flamingo20

Ich bin selbst Scheidungskind, hab die letzten Jahrzehnte unendlich viele Scheidungen mitgemacht, neue Partner/Partnerinnen. Wenn Du meine Eltern fragst, werden sie beide im Brustton der Überzeugung erklären, dass sie ja nie vor uns Kindern ein schlechtes Wort über den bzw. die Ex verloren hätten. Sie werden erklären, wie wichtig das ist für die Kinder, weil beide Elternteile internalisiert sind und das Kind das auf sich bezieht und man damit letztlich das Selbstbewusstsein des Kindes zerstört hätte. Ich glaube Dir, dass Du Dich sicherlich sehr bemühst, aber niemand schafft das. Als Pädagogin brauche ich Dir non-verbale Kommunikation nicht erklären und logisch erspürt Dein Sohn das mit seinen feinen Kinderantennen. Und jedem Elternteil rutscht immer mal wieder was raus. Und wenn es Ihnen selber schlecht geht, auch mal mehr als sie gesagt hätten, wenn sie mehr Kontrolle über sich gehabt hätten. Deshalb, mach es um Deines Kindes Willen wie Jorinde schreibt,.steuere aktiv dagegen. Es zerreißt einen als Kind. Meine Eltern verstehen sich mittlerweile wieder ziemlich gut, das ändert aber nichts daran, dass einem die seel. Narben aus der Zeit bleiben. Einer meiner Brüder hat nur haarscharf die Kurve bekommen. Väter sind extrem wichtig und auch ein schlechter Vater ist besser als nix.

von emilie.d. am 11.11.2023, 09:30



Antwort auf Beitrag von Flamingo20

Hallo meine liebe, im Prinzip hatte ich genau die gleiche Situation. Der Vater der Kids fand anderes interessanter z.b. das Handy. Mein Ex Mann hat mich seit Wochen mit einer jüngeren aus dem Büro betrogen. Selbst als ich es rausfand stritt er es noch ab und gab es erst später zu. Ich habe ihn nicht von heute auf morgen rausgeschmissen, weil meine Tochter damals erst 4Jahre war und mein Sohn7 Jahre. Ich Hab meinem Sohn erklärt, dass unser Weg als Paar sich trennt. Eigentlich wollten mein Ex Mann und ich es zusammen machen, aber mein Ex Mann hat nur geheult und dann hab ich es meinem Sohn alleine mitgeteilt durch ein Gespräch beim Fußball spielen. Ich hab ihn gefragt, ob er noch Fragen hat und seine Antwort war: Ne, hab ich nicht aber darf ich etwas trinken ich hab Durst. Das wars. Von meiner Tochter kam auch gar nichts. Ich denke die Bindung war schon nur noch schwach Vorhanden. Ich war und bin für die Kids die erste Bezugsperson mit einer starken Bindung. Die Kids sind klein aber verstehen schon sooo viel. Mein neuer Partner wird als Papi bezeichnet und ihr Erzeuger als Vater. Zu meinem Partner haben die Kids eine stärkere Bindung als zu ihrem Vater. Ich denke, man sollte die Kids selber entscheiden lassen, wie sie damit umgehen denn so fühlen sie sich wohl und wir halten ihre kleine Heile Welt zusammen. Euch alles liebe und Gute

von LeonieLöwenherz84 am 16.11.2023, 09:30



Antwort auf Beitrag von LeonieLöwenherz84

Klar schießen manche Väter sich als Vaterfigur selbst ab. Ich wollte aber trotzdem etwas dazu sagen, was LeonieLöwenherz schrieb. Wenn ein kleines Kind auf die Trennungsmitteilung nicht zu reagieren scheint, dann nicht, weil es keine Bindung mehr zum Papa hätte. Sondern weil diese Nachricht sein Gehirn gerade komplett überfordert und es sie nicht aufnehmen kann. Genau so reagieren jüngere Kinder sehr oft z.B. auch auf Todesnachrichten - nämlich gar nicht. Auch wenn ein Kind z.B. sehr an seiner Oma gehangen hat, reagiert es oft mit Schweigen oder einem unpassenden Satz („Habe Durst“) auf die Nachricht, dass die Oma gestorben ist. Kleine Kinder können so eine Botschaft erst einmal nicht wirklich erfassen. Das ist kein Ausdruck von Gleichgültigkeit, sondern von Überforderung. Viele Eltern überschätzen die Fähigkeiten ihres Kindes bei weitem und misinterpretieren seine Reaktion dann. Sie glauben, wenn sie ihm so eine Nachricht überbringen, würde das Kind sofort verstehen, worum es wirklich geht, aber das ist nicht so. LG

von Mijou am 17.11.2023, 18:32