Wie kann ich meine Tochter dazu bringen, ohne Schreien einzuschlafen

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Wie kann ich meine Tochter dazu bringen, ohne Schreien einzuschlafen

Sehr geehrte Frau Dr. rer. nat. Bentz, meine Tochter ist zwischenzeitlich 18 Monate alt und wir hatten von Anfang an Probleme mit dem Schlafen. Bis zum 5. Monat ging es einigermaßen (aber nur als Bauchschläferin) und danach hat sie sich immer im den Schlaf geschrien. Es half eigentlich nur rumtragen. Egal ob Mittagsschlaf oder Abendschlaf. Nur im Kinderwagen schläft sie ohne Probleme ein, da sie ja nichts ans Schlafen denkt :-) Irgendwann hab ich dann mal angefangen, sie nur noch zu halten und zu wiegen im Sitzen (und nicht mehr rumzutragen). Wir haben i. d. R. eine feste Bettgehzeit und auch ein Ritual. Abends funktioniert es immer wieder mal ohne Gebrüll, aber sie schläft weiterhin nur auf meinem Arm ein. Leg ich sie vorher rein, brüllt sie wie am Spieß (da brauche ich noch nicht einmal den Raum verlassen). Seit 4 Wochen ist sie im Kindergarten (Kleinkindgruppe) und es macht ihr auch viel Spaß und sie schläft auch in der Krippe. Am Anfang haben die Erzieherinnen sie früher als die anderen Kinder gelegt (und sie hat auch dort Aufstand gemacht). Vor ein paar Tagen haben sie es ausprobiert sie mit den anderen Kindern nach dem Mittagsessen zu legen. Sie hat gebrüllt und ist dann eingeschlafen und die anderen Kinder waren dann wach! Seitdem ist ihr Bettchen im Gemeinschaftsraum und sie schläft dort (natürlich erst mit Geschrei). Ich vermute sie kann und will einfach nicht schlafen, da sie Angst hat was zu verpassen. Irgendwie beruhigt es mich ja, dass es die Erzieherinnen bisher auch nicht geschafft haben, dass sie ohne Geschrei einschläft. Aber was kann ich noch tun, damit sie Abschalten kann? Vielen Dank für Ihre Hilfe

von Kurp73 am 05.11.2015, 21:39


Antwort auf: Wie kann ich meine Tochter dazu bringen, ohne Schreien einzuschlafen

Liebe Kurp73! zunächst erstmal ein Lob für die Dinge, die Sie mir Ihrer Tochter schon geschafft haben! Es ist wirklich nicht leicht, bei chronischer Übermüdung einen geregelten Tagesablauf zu etablieren und einmal eingefahrene Muster allein zu ändern. Sie sehen es ja selbst, auch die Profis haben da so Ihre Schwierigkeiten. Grundsätzlich ist es natürlich so, dass Schlaf zu Hause und in der Kita anders zu betrachten sind - allein aus ganz pragmatischen Gründen. Ich finde daher die Lösung der Erzieher auch völlig ok. Zudem ist es so, dass Kinder sehr früh lernen, zwischen Personen und Situationen zu unterscheiden. Bei Ihnen zu Hause darf also auch ein anderes Programm laufen als in der Kita (ebenso auch bei Oma und Opa, dem Babysitter etc.). Es ist zwar schön, wenn Sie möglichst an einem Strang ziehen, doch Sie müssen nicht alles gleich machen) Doch das nur vorweg... Sie haben sicher mit Ihrer Beobachtung, Ihre Kleine "wehre sich gegen das Einschlafen" nicht ganz Unrecht. Es gibt viele Kinder (meist eben die ganz früh sehr wachen, neugierigen, aufmerksamen), die es gelernt haben, sich für gewisse Zeit erfolgreich durch neue Reize immer wieder vom Gefühl der Müdigkeit - oder auch des Hungers - abzulenken. Auch bei Ihrer Tochter funktioniert das ja ganz wunderbar. Schlafen kann sie eben dann am besten, wenn man sie vom Schlafen quasi ablenkt. Das "doofe" Gefühl der Müdigkeit muss sie dann eben nicht aushalten. Was ihr laut meiner Einschätzung nach fehlt, ist die Erfahrung, dass man eben genau dieses Gefühl durch Ruhe und Schlaf wegbekommt. So wie Sie es beschreiben, fehlt ihr gar nicht so viel, denn Sie berichten ja nichts über Probleme mit dem Durchschlafen. Wenn es nur das Einschlafen ist, muss sie also einfach noch ein wenig besser lernen, bei Müdigkeit sich runterzufahren. Mit 18 Monaten hat Sie daher schon eine Menge gelernt und ich sehe aus meiner Sicht auch gar keinen so riesigen Handlungsdruck, dass sie schnell dass selbstständige Einschlafen lernt- sofern es eben dann mit dem Schlafen auch klappt. Sie können daher ganz in Ruhe und ohne Leistungsdruck sie sanft und schrittweise vom auf den Arm einschlafen entwöhnen, wenn Sie es möchten und überzeugt sind, dass Sie es Ihrer Tochter zutrauen können. Halten Sie sie dafür eine Weile auf den Arm, legen Sie sie dann hin und legen oder setzen Sie sich neben ihr Bettchen. Trotz Schreierei halten Sie dann nur Ihre Hand, später bleiben Sie nur daneben und entfernen sich stufenweise von Tag zu Tag immer weiter, bis es dann von allein klappt. Das erfordert Geduld und Konsequenz und wird sicher nicht ohne Protest laufen. Doch vergessen Sie nicht: es ist nur noch eine kurze saure Gurken-Zeit, das meiste haben Sie schon geschafft! Ansonsten können Sie mal gucken, wie Sie tagsüber die Fähigkeit Ihrer Tochter zum Entspannen fördern können. Vielleicht mag sie Massagen? Das muss keine gekonnte Babymassage sein, einfach nur ieinen "Igelball" auf dem Rücken hin- und herrollen oder sanftes "Malen" mit den Fingekuppen auf Ihren Rücken, wobei sie sagen darf, was gemalt werden soll, reicht. Sorgen Sie dafür, dass Sie den Abend schon früh ruhig und entspannt ausklingen lassen und vermeiden Sie Dinge wie Fernsehen am Abend, hektisches Einkaufen, zu späte Besuche, und allgemein zu viele Termine. In der heutigen Zeit schaffen wir Eltern uns leider selbst manchmal ein Problem, indem wir unsere Kinder dauerbespaßen und aufwenige Freizeitprogramme liefern. Verständlich, bei vielen ist die Zeit mit den Kindern knapp und man will Ihnen möglichst viel bieten. Kinder müssen jedoch auch lernen, Ruhe und sogar Langeweile auszuhalten und nicht ständig zu konsumieren. Was dagegen immer gut ist, ist der Klassiker, besonders für unruhige Kinder, nämlich ausreichende Bewegung, am besten an der frischen Luft. Kinder verfügen über eine erstaunliche Kondition, die man mit Erwachsenenmaßstäben einfach oft unterschätzt! Einmal morgen für 1-2 Stunden mit der Kita raus, reicht vielen nicht, um ausgelastet zu sein. Wenn nicht bereits geschehen, versuchen Sie es mal mit mehr Bewegung nach der Kita - das tut ja auch uns Großen gut (-; Ergänzend können Sie nach Absprache mit dem Kinderarzt mit ein paar Tropfen Lavendelöl ins Badewasser oder aufs Kissen sowie kindgerecht dosierte Einschlaftees aus Melisse oder Baldrian versuchen. Das alles macht nicht süchtig, verändert nicht die Schlafmuster und kann eine kleine Hilfe sein. Ich wünsche Ihnen alles Gute und weiterhin viel Freude an- und miteinander! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 09.11.2015