Warum schreit meine Tochter

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Warum schreit meine Tochter

Hallo, Ich habe mal eine Frage, meine 6 Monate alte Tochter schreit bei jedem außer Mama und Papa. An sich ist es ja kein Problem aber die eine oma versteht es nicht, dass unsere Tochter nicht bei ihr auf den Arm will. Wie lange dauert die Phase an es geht jetzt schon seit einer ganzen weile so und das Verhältnis zwischen der Oma und mir wird extrem schlecht weil sie meint das ich dafür verantwortlich bin das sie nicht bei ihr auf den Arm möchte. Was natürlich auch für die Beziehung sehr belastend ist. Kann ich meiner Tochter irgendwie helfen das sie wenigstens für kurze Zeit nicht schreit bei der Oma? Wir können keine längeren besuche machen ohne Theater. Sie fängt sofort an schlechter zu trinken weil sie meiner Meinung nach angst hat das sie jemand wieder auf den Arm nimmt was sie nicht möchte. Mfg

von Jelly29.8.15 am 01.03.2016, 13:19


Antwort auf: Warum schreit meine Tochter

Liebe Jelly29.815 Es gibt für die Oma keinen Grund, sich von ihrer Enkelin zurückgesetzt zu fühlen. Sie zeigt ein ganz normales Verhalten, was weder mit persönlicher Ablehnung oder Erziehung zu tun hat. Das sogen. „Fremdeln“ kann bereits um den vierten Monat herum beginnen und nimmt bis zum dritten Lebensjahr deutlich ab, wobei ein Kind in dieser Zeit typischerweise mal mehr- mal weniger fremdelt. Es ist ein wichtiger Entwicklungsschritt bei dem das Kind deutlich differenzierter auf Personen reagiert und deutlich kritischer auf fremde Personen reagiert. Es wird eben nicht mehr jeder Luftballon mit Grinsegesicht angelächelt, sondern ganz genau geguckt und geprüft. Phasenweise kann es dabei sogar dazu kommen, dass Kinder auch zuvor bereits gut akzeptierte Personen wie etwa die Oma, den Babysitter oder sogar auch mal einen Elternteil ablehnt und sich versteift, weint, abwendet wenn jemand anderes als Mama Kontakt aufnehmen will. Wie intensiv dabei das Fremdeln ausfällt ist unterschiedlich, und Sie haben nur bedingt Einfluss darauf. Wichtig ist jedoch, dass möglichst gelassen auf das Fremdeln reagiert und nicht versucht wird, ein Kind zu „seinem Glück zu zwingen“. Es sollte respektiert werden, wenn ein Kind eben nicht auf den Arm will oder vermehrt die Nähe seiner Bezugspersonen braucht. Wenn alle übrigen Personen dann kein großes Thema daraus machen und ganz natürlich miteinander umgehen, wird das Kind von allein aus dieser überkritischen Phase herauskommen. Wenn ein Kind jedoch bedrängt wird oder merkt, dass ein Kontakt zwischen Erwachsenen distanziert verläuft, kann es sich überfordert fühlen und noch kritischer reagieren. In vielen Fällen ist es daher hilfreich, wenn angefremdelte Personen darüber informiert werden, dass es sich dabei um eine ganz natürliche Entwicklungsphase handelt, die für ein Kind sehr wichtig ist. Ein Baby sollte nicht dazu dienen, persönliche Konflikte auf einem Nebenkriegsschauplatz auszutragen, von daher sind alle Parteien gefragt, hier im Sinne des Kindes zu handeln und einen Kontakt nicht durch Stress oder Druck zu belasten. Ein Baby denkt noch nicht strategisch und möchte niemanden kränken. Es nimmt jetzt viel mehr wahr und reagiert feinfühliger auf unzählige Informationen, und reagiert eben bei Überforderung auch typischerweise mit erhöhter Anhänglichkeit. Durch Konfrontation verkürzen können Sie diese Phase nicht, gleichsam müssen Sie sich keinesfalls insolieren, denn es ist ja wichtig, dass ein Kind Erfahrung mit Sozialkontakten überhaupt machen kann, wenn auch gern vom Schoß der Mama aus. Dafür Ihnen, der Oma und Ihrer Kleinen viel Glück! Herzlichst Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 06.03.2016