Hallo ,
ich bin neu hier und hoffe auf Hilfe .
Mein Sohn Emil ( 3 Monate ) lässt keinen Körperkontakt zu . Zum Glück nimmt er die Brust ,so dass ich stillen kann. Dabei ist er auch immer sehr entspannt .
Sobald ich ihn allerdings über die Schulter nehmen möchte(zu Bäuerchen )brüllt er . Mit ihm kuscheln geht leider überhaupt nicht . Er macht sich jedesmal dabei steif und brüllt ( nicht nur bei mir ,sondern bei allen anderen auch )
Mein kleiner ist generell kein einfaches Baby . Er schläft tagsüber nie länger als 30 min am Stück und fängt immer sehr schnell zu weinen an . Sobald ich ihn zum trösten auf den Arm nehmen möchte ,wird es nur noch schlimmer .
Emil ist sehr unruhig,zappelig und bekommt einfach die Augen nicht zu .
Wir waren auch schon beim Osteopathen wegen möglichen Blockaden,allerdings ist Emil Blockadenfrei .
Unser Kia meinte Emil hätte eine Körperkontaktblockade und wir sollen doch die KIT-Methode ( Festhaltmethode ) machen .
Wir haben das ganze zweimal probiert und es war furchtbar .
Wir haben Emil gegen seinen Willen in unserem Arm gehalten ,er hat gebrüllt wie am Spieß bis er vor Erschöpfung für 30 min auf unserem Arm eingeschlafen ist . Als er wach wurde ,fing das Gebrüll von vorne an und wir dürfen erst die Position lösen ,wenn Emil sich von alleine beruhigt . Das Problem ist leider nur Emil beruhigt sich nicht .
Nach drei Stunden dauergeschrei waren wir fix und fertig.
Gibt es einen anderen Weg ,dass Emil körperkontakt zulässt ?
Vielen Dank
von
Matyldali1985
am 09.02.2016, 09:52
Antwort auf:
Warum lässt mein Säugling keinen Körperkontakt zu?
Liebe Matyldali1985,
Sie stellen mir hier eine kniffelige und zugleich sehr kontrovers diskutierte Frage.Doch ich will Ihnen, auch angesichts des Risikos eines Shitstorm meine Einschätzung geben:
Ich stehe der KIT-Methode nach Jansen und anderen (noch härteren) Varianten kritisch gegenüber. Die vorliegenden Daten überzeugen mich nicht. Außerdem machen mich machen generell alle Methoden misstrauisch, die laut ihrer Erfinder der Schlüssel zur Lösung für eine Vielzahl von Problemen sind, darunter soch hochkomplexe und gänzlich verschiedene Störungsbilder wie Autismus, ADHS, exzessives Schreien, Trauma, etc.
Zudem kritisiere ich, dass oft ohne ausreichende Diagnose und ärztlic-psychologische Begleitung, so stark eingreifende Methoden von Ergo- und Physiotherapeuten (und eben nicht von Psychotherapeuten) angeboten werden. Man darf nicht vergessen, dass KIT als Ausbildung außerhalb des regulären Ausbildungsplan als Fortbildung angeboten wird. Es handelt sich daher um Marken, die vermarktet werden und nicht um eine staatlich anderkannte Ausbildung. Wenn eine Methode zur Marke wird, sehe ich immer die Notwedigkeit zur kritischen Prüfung, denn oftmals besteht einfach zwangsläufig die Tendenz sie als Lösung für viele Probleme zu verkaufen und Märkte zu schaffen. Doch das ist meine persönliche Meinung und keine fachliche Einschätzung. Grundsätzlich ist es nicht verwerflich, so sein Geld zu verdienenen. Ich verdiene ja auch an Schreibabys. Bloß dass diese Interesse bei einer Einschätzung immer zu berücksichtigen sind.
Was das fachliche betrifft, so gibt es neben Erfolgsberichten durchaus nicht wenig Kritik, die ich persönlich teile. Einige Kollegen gehen soweit, sie in die Nähe von Kindesmisshandlung zu stellen, dass lasse ich mal dahingestellt. Fakt ist, dass es Berichte über traumatische Erfahrungen mit dieser Methode existieren. Mich wundert das nicht, wenn etwa ein vergewaltigtes Kind durch durch Methoden dieser Art retraumatisiert wird. Das alles können Sie alles selbst mal recherchieren und sichein Bild machen. Ich möchte nicht ausschließen, dass KIT hilfreich bei bestimmten Störungsbildern hilfreich sein kann, dann doch aber bitte mit strenger Indikation und therapeutischer Begleitung und nicht als Heim-Anleitung.
Doch viel wichtiger ist doch, was sagt Ihr Gefühl? Ist das Ihr Weg? Hat es Ihnen und Ihrem Kind gut getan? Ich plädiere immer wieder dafür, dass Eltern nichts tun sollten, wovon sie nicht überzeugt sind. Selbstverständlich muss dabei auch mal die eigene Komfortzone verlassen werden, doch alles, was mir innerlich den Magen umdreht, sollte nicht sein.
Warum? Lassen wir den Nutzen oder Schaden von KIT mal dahingestellt. Wenn Sie selbst durch so ein Prozedere in höchste Not geraten, Panik haben, weinen, verzweifelt sind, spiegeln Sie all das ihrem Kind wieder. Bereits junge Säugline können Emotionen richtig einordnen. Ihr Kind wird also in einer Situation, in der es Unwohlsein empfindet, mit Ihrer Panik, Ängst, Verzweiflung konfrontiert. Es muss daher lernen, dass Halten etwas Schlimmes ist, denn er orientiert sich ja nun mal an der elterlichen Reaktion. genau das ist auch der Grund, warum bei der Behandlung von Schreibabys es wichtig ist, dass Eltern nur die Dinge tun, von denen Sie überzeugt sind. Es darf Ihnen dabei ruhig schwerfallen, darf sich aber nie völlig falsch anfühlen.
Davon mal abgesehen, ist es bei einem 3-monate alten Säuging schon sehr früh, von einer Körperkontaktstörung zu sprechen. Die Neigung zum Überstrecken kann viele Ursachen haben und wird leider oft als Ablehung des Körperkontakts interpretiert. Mein Rat: wenden Sie sich doch bitte einmal an ein Früherkennungszentrum oder ein Sozialpädiatrisches Zentrum. Hier kann man noch mal gucken, ob Ihr Kind neurologische Auffälligkeiten hat und Tipps zum Handling geben.
Alles Gute!
Herzlichst,
Ihre Meike Bentz
von
Dr. Meike Bentz
am 10.02.2016
