Verunsichert, weil Baby (11 Monate) nur fremdelt

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Verunsichert, weil Baby (11 Monate) nur fremdelt

Liebe Dr. M. Bentz, mit Bedauern las ich, dass Sie das Expertenforum bald verlassen. Für die kommenden Herausforderungen wünsche ich Ihnen weiterhin viel Kraft und genau die richtige Balance zwischen Professionalität und Einfühlungsvermögen wie Sie es hier gezeigt haben. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken! Nun zu meiner Frage: Mein Sohn scheint vom Wesen eher zurückhaltend zu sein. Er benötigt oft erst eine "Aufwärmphase". Selbst, wenn er von Oma oder Opa angesprochen wird, drückt er sich unsicher an mich. Bei Papa und der Schwester fühlt er sich sichtlich wohl. Sonst endet aber jeder engere Kontakt (ansprechen, auf den Arm nehmen o.ä.) mit Weinen und zu Mama Wollen. Und das war noch nie wirklich anders. Bis dato fand ich es auch nicht so schlimm. Nun rückt aber die Kitaeingewöhnung (wird der Papa übernehmen) immer näher und ich befürchte, dass er es sehr schwer haben wird. Kann ich/ können wir etwas tun, um es ihm zu erleichtern? Vielen Dank, Micc

von micc am 22.08.2016, 20:45


Antwort auf: Verunsichert, weil Baby (11 Monate) nur fremdelt

Liebe Micc! Danke für Ihre netten Abschiedswünsche! Ich werde natürlich nicht vom Erdboden verschluckt sein und vielleicht hört oder sieht man sich an anderer Stelle! Zu Ihrer Frage: Nun die Kitaeingewöhnung ist natürlich für alle Seite eine aufregende Sache –nicht selten für die Eltern sogar weitaus mehr als für die Kinder. Ich kann daher Ihre Sorge sehr gut verstehen, schließlich steht ja die Frage im Raum, ob sich das eigene Kind dort wirklich wohlfühlt. Für ein wirklich gutes Gefühl müssen alle – Eltern, Erzieher, Kind- lernen, sich wechselseitig zu vertrauen. Dies geschieht wiederum bei dem einen schneller, bei dem anderen langsamer. Auch wenn Ihr Kind schon immer sehr anhänglich war, bedeutet dies nicht, dass es sich dort zwangsläufig schwer tut. Sie sagen es ja selbst, nach einer Aufwärmphase läuft es dann auch. D.h. Sie müssen unter Umständen einfach nur etwas mehr Zeit einplanen, um dem Tempo Ihres Kleinen gerecht zu werden. Doch egal ob eher Draufgänger oder schüchternes Mäuschen, ich empfehle grundsätzlich nur die Eingewöhnung nach dem Berliner Modell (das können Sie mal googlen), und warne davor, sich und den Kindern durch allzu optimistische Zeitpläne (Eingewöhnung in einer Woche) zu sehr zu stressen. Hier sollte man sich weder von Erziehern noch von Vorgesetzten unter Druck setzten lassen. Einzig allein das Kind bestimmt das Tempo und dass kann dann auch schon mal vier Wochen Eingewöhnung bedeuten. Auch finde ich es manchmal sinnvoll (wenn man die Möglichkeit hat), die Zeit, die das Kind in der Kita verbringt langsam zu staffeln. Wichtige „Meilensteine“ können etwa das Mittagsessen sein, dann der Mittagsschlaf und dann erst alles, was ggf. noch in den Nachmittag fällt. Wichtig finde ich zudem, darauf zu achten, die anschließende Zeit nicht durch zuviele Aktivitäten und Termine zu überfrachten. Kita ist für die Kinder anstregend und oft ist ihr Bedürfnis nach Anregungen und sozialen Kontakten erst einmal gestillt. Weniger ist daher oft Mehr! Wir Eltern denken manchmal, wir müssten die Zeit, die nicht zusammenverbracht wurde, durch besonders tolle Dinge kompensieren, doch dies kann gerade die ganz Kleinen schnell überfordern. Viel entscheidender als die Aktivität an sich ist jedoch, dass wir als Eltern da auch wirklich da und nicht nur anwesend ist. So sollte gerade in der ersten Stunde nach dem Abholen wirklich exklusive Mama / Papazeit sein - also das Handy auch mal aus. Was neben einem großzügigen Zeitplan hilfreich sein kann, ist mit dem Kind die Kita vor der Eingewöhnung zu besuchen. Sehr viele Einrichtungen bieten solche Schnupper- oder Kennenlernnachmittage an, und falls nicht würde ich einfach darum bitten. Schön ist es auch, wenn Sie immer mal wieder bei der Kita vorbeifahren, ggf. den Spielplatz zeigen und immer wieder erklären „Guck mal, das ist deine Kita. Da darfst du bald hin, und mit anderen Kindern spielen, malen, toben.“ Ein knapp 1-Jähriger kann sich darunter noch nichts Konkretes vorstellen, doch so wird der Bezug schon mal vorher hergestellt und es ist nicht mehr alles völlig neu. Wenn Ihr Kind ein Kuscheltier, Schnuffeltuch u.Ä. hat, sollten Sie es ihm unbedingt mitgeben. Solche „Übergangsobjekte“ helfen ungemein, die Trennung von den Eltern angenehmer zu machen. Wichtig ist zudem, dass Sie / der Vater gleich aktiv versuchen, ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Erziehern aufzubauen. Sehen Sie diese als weitere Stütze und kompetente Partner in der Erziehung, und nicht bloß als Dienstleister. Bitten Sie aktiv um Feedback und fragen Sie ruhig vorab genau, wie die Eingewöhnung ablaufen wird. Dann steht einer schönen Kitazeit auch bei einem schüchternem Kind gar nichts im Wege! Alles Gute und einen erfolgreichen Kita-Start für Sie alle! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 29.08.2016