Verhalten meiner Tochter

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Verhalten meiner Tochter

Liebe Frau Dr. Bentz, Auch ich möchte mich heute gerne mal an Sie wenden, obwohl meine Tochter kein Schreibaby war (viel mehr schreit Mutti mittlerweile), aber ich schätze ihre Antworten und hoffe auf eine Anregung von ihnen zum Umgang mit meiner Maus! Die kleine wird bald 3 Jahre. Seit Anfang des Monats gehen wir zur Eingewöhnung in die Kita. Sie hat eine kleine Schwester von 10 Monate. Seit ca. 2 Monaten trotzt sie wieder sehr stark u gleichzeitig wurde sie regressiv, in dem sie wieder nach dem Schnuller verlangt, getragen werden wollte, etc. wir haben ihr das gestattet aber es hört nicht auf. Im Gegenteil, sie redet nun manchmal auch in babysprache, krabbelt, etc. irgendwie glaube ich, dass sie dadurch Aufmerksamkeit will aber das babyspiel möchte ich nicht länger fördern. Wie könnten wir uns verhalten? Sie kann sich in der Wohnung nicht selbst beschäftigen u ist dann manchmal destruktiv oder lustlos. Wie merkt man, ob sie von den spielangeboten gelangweilt oder unterfordert ist u wie könnte man sie besser fördern? Aber das größte Problem ist die Kita. Sie will dort nicht allein bleiben. Bisher gab es noch keinen trennungsversuch und ich glaube, es wäre auch noch zu früh. Sie ist insgesamt sehr anhänglich momentan u mag noch nicht mal mehr allein bei Oma bleiben, die eigentlich feste Bezugsperson ist u wo sie auch schon gerne übernachtet hat. Sie hat auch in die Erzieherin kein Vertrauen u antwortet nur manchmal auf Fragen. Wie weiter vorgehen? In Zusammenschau der Dinge, glauben Sie, es handelt sich um eine Phase oder steckt hier ein Problem mit dem Selbstwert dahinter? Sie war schon seit jeher sehr sensibel, eher scheu, zurückhaltend am Anfang, sehr schlau, sehr gute Beobachtungsgabe... Leider reagiere ich mittlerweile gelegentlich unwirsch auf ihr Verhalten, speziell die Regression u schimpfe, sie sei doch ein großes Mädchen u solle sich auch so verhalten. Das tut mir dann auch gleich wieder leid u ich mache mir Sorgen, ihr Selbstbewusstsein dadurch weiter zu destabilisieren... Ich freue mich auf ihre Antwort u bedanke mich schon mal im Vorfeld ganz herzlich für ihre Arbeit hier!

von JunasMama am 21.09.2015, 23:22


Antwort auf: Verhalten meiner Tochter

Liebe Mama von Juna [schöner Name übrigens!], es ist immer wieder auch für mich beruhigend zu hören, dass Mütter mal sich trauen, eine authentische Reaktion zu zeigen, sprich sich auch mal zu ärgern, zu schimpfen oder auch mal laut zu werden. Nicht dass ich das als Idealzustand propagieren möchte - es ist sicher ein Zeichen für uns Eltern , dass wir überfordert sind - doch habe ich manchmal den Eindruck, dass der Druck, sich immer völlig korrekt, pädagogisch korrekt und verständnisvoll zu verhalten, immer weiter steigt und eher zur Verschärfung des Problems beiträgt. ich persönlich finde es völlig ok und sogar wichtig, dass Kinder auch authentische Reaktionen erleben dürfen, sofern sie nicht zu Dauerkritisieren, Dauermeckern oder Daueranschreien werden und das Kind nicht entwürdigen. Als Eltern sind wir die wichtigsten Rollenvorbilder und mit unseren Reaktionen senden wir Signale aus, was ok ist und was nicht. Bleiben Sie bei der Ich-Form ("Mich ärgert, dass...,) , vermeiden Sie Verallgemeinerungen ("immer bist du so...",) sondern sagen Sie konkret, was Sie erwarten ("Ich möchte, dass du jetzt die Schuhe anziehst", Wenn Sie dann doch mal zu harsch waren, entschuldigen Sie sich. Hilfreich ist es auch, wenn wir von Kinden etwas wollen, sie anzufassen und Blickkkontakt aufzunehmen. Dann in kurzen, knappen klaren Sätzen sprechen und nicht einfach quer durch den Flur rufen. Auch müssen wir einkalkulieren, dass Kinder meist einfach einen Moment länger brauchen um zu reagieren und sie manchmal erst eine Sache fertig machen müssen, bevor sie etwas anderes erledigen können. Das aber nur Allgemein. Ansonsten finde ich die Regression, in die Ihre Tochter verfällt, nicht besorgniserregenden. Ich würde dem Ganzen nicht so viel Aufmerksamkeit (auch keine negative!) schenken und weitgehend ignorieren. Wenn sie einen Schnuller will, einfach kommentarlos geben und nicht schimpfen, wenn sie Babysprache redet, einfach "überhören" usw. Je weniger Sie reagieren (auch wenn es Sie ärgert), desto uninteressanter wird das Ganze. Im Gegenzug ist es jedoch wichtig, gewünschtem Verhalten wirklich viel Aufmerksamkeit durch Lob, Interesse und aktive Anregung zu schenken. Sorgen Sie für Erfolgserlebnisse, indem Sie an Dinge anknüpfen, für die sich Ihre Tochter begeistert. Regen Sie sie an, Dinge auszuprobieren, geben Sie Ihr Aufgaben ("so, du darfst heute beim Kochen mithelfen" ) und sorgen Sie für positive Herausforderungen, z.B. beim Basteln, Turnen, Schwimmen etc.. Versuchen Sie möglichst, Ihr auch exklusive Mamazeiten zu gönnen, in der sie beide was Besonderes machen. Vielen schüchternden Kinder helfen z.B. Stunden mit einem Therapiehund oder therapeutisches Reiten, um sich selbst in einer anderen Rolle zu erleben. Je häufiger Ihre Tochter erlebt, dass Sie etwas (alleine) kann, desto selbstbewusster wird sie werden. Ferner sollte man ihr zeigen, dass ihre Schwächen ok sind und es Wege gibt, mit Ihnen umzugehen. Zeigen Sie ihr etwa spielerisch, wei man auf andere Kinder zugehen kann (etwa mit Puppen), üben Sie etwa das Begrüßen von Menschen und sagen Sie ihr immer wieder, dass es nicht schlimm ist, wenn man schüchtern ist. In der Kita würde ich das Zepter mehr und mehr den Erzieherinnen überlassen. Nach dem Berliner Modell ist es so, dass Sie nach einer Phase der permanenten Anwesenheit die Gruppe auch für eine kurze Zeit verlassen (15 Minuten) und dies stufenweise erhöhen. Halten Sie sich weitgehend zurück, auch was die Bespaßung Ihrer Tochter betrifft und lesen Sie beispielsweise ein Buch. Auch Erzieher sind manchmal verunsichert, wenn Eltern anwesend sind und auch das spürt Ihre Tochter, genauso wie natürlich Ihre Unsicherheit. Sie können Ihr jedoch ein bisschen mehr zutrauen und dadurch, dass Sie zeitweise mal den raum verlassen, ihr signalisieren, dass es ok ist und sich jetzt andere Leute liebevoll kümmern. Grundsätzlich würde ich eng mit den Erziehern arbeiten und eine gemeinsame Strategie entwickeln, bei der sie ja von den unzähligen Eingewöhnungserfahrungen profotieren können. Sie sind sicher nicht die erste Mutter, bei der es so ist. Ich denke, es fehlt gar nicht mehr so viel. Ein kleiner Ruck bei Ihrer Tochter und ein kleiner Ruck bei Ihnen, dann wird es sicher bald leichter. Ihr vielleicht vorhandenen schlechtes Gewissen (" jetzt schiebe ich meine Tochetr ab, jetzt fühlt sie sich sicher allein gelassen" etc.) dürfen Sie haben. Nur müssen Sie es dann zeitweise in eine gedankliche Schublade sperren, damit Sie davon nicht in der Eingewöhnung überfrachtet werden und Sicherheit verlieren. Wenn Sie nicht überzeugt sind, kann es Ihre Tochter auch nicht sein... Ich drücke Ihnen die Daumen, dass es bald klappt und wünsche weiterhin alles Gute für Sie und Ihre Familie! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 22.09.2015


Antwort auf: Verhalten meiner Tochter

Hallo, ich hätte nur eine Idee zum "Babyverhalten" - so hat es meine Schwester bei ihren größeren gemacht. Dass die Kinder die Baby nachahmen ist glaube ich normal. Wir haben dann gezeigt, dass wir große Kinder genau so toll finden wie kleine. Zb. beim Wickeln helfen. Beim Bäuerchen auf den Rücken klopfen. Dann haben wir zu den Kleinen gesagt: "Wahnsinn was deine Schwester alles kann was? Dafür bist du leider noch zu klein!" So dass auch einfach wahnsinnig viel Stolz aufkam.

von Tina8855 am 22.09.2015, 10:14