Unsicherheit im Umgang mit Schreibaby

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Unsicherheit im Umgang mit Schreibaby

Hallo Frau Bentz, ich habe einen 6 Monate alten Sohn (Schreibaby). Eine Schreiambulanz konnten wir nicht aufsuchen und unser Familie zur Unterstützung ist auch sehr schwer greifbar. Also müssen wir allein durch und das ist meine Sorge. Ich bin immer erschöpfter und gereizter (kommt nachts alle 2-3 Stunden seit Geburt, schläft tagsüber nur 0,5 Stunden oder im rollenden Kinderwagen), hinzu kommt bei mir immer eine Art Angst wenn ich mit ihm allein bin (bin immer angespannt da ich Angst habe er schreit wieder und ich kann ihn nicht helfen/beruhigen). Selbst in der halben Stunde Schlaf tagsüber traue ich mich nicht hinzulegen, da ich große Angst vorm plötzlichen Kindstot habe und somit immer wieder schaue das er auch atmet (ließ sich zweimal ganz schwer wecken wo auch die Kinderärztin meint ich solle es im Blick behalten). Sobald ich mit ihm unter Leuten bin (PEKIP) oder mein Mann ist da bin ich entspannt. Haben Sie einen Tipp wie ich mit dieser Situation besser umgehen lerne? Wie kann ich ihn tagsüber in den Schlaf bringen, er wirkt mir dauerhaft übermüdet und schreit sich wach wenn ich ihn schlafen legen möchte? Ich danke Ihnen für Ihre Antwort.

von kinderwunsch83 am 11.01.2016, 14:16


Antwort auf: Unsicherheit im Umgang mit Schreibaby

Liebe kinderwunsch83! zunächst einmal gehört ein Schreibaby wohl mit zu den extremsten Erfahrungen, die man als Eltern machen kann. Es ist daher mehr las verständlich, dass Sie angespannt, gereizt, nervös und einfach belastet sind. Schauen Sie sich mal im Forum um, es geht hier allen so! Dennoch scheint mir ein Teil Ihrer Angst schon in einem ungesunden Bereich zu sein. Ich möchten Ihnen nicht zusätzlich Sorgen bereiten, sich manchmal verbirgt sich hinter Erschöpfung, Ängsten und Angespanntheit auch eine postpartale Depression. Diese lässt sich gut behandeln und sollte es auch unbedingt werden. Ich kann keine Ferndiagnosen vornehmen und würde Ihnen einfach mal empfehlen, den Selbsttest auf www.Schatten- und-Licht.de vorzunehmen und ggf. sich Hilfe zu suchen. Ängste wie Sie es beschreiben, verursachen nicht nur Ihnen Leiden, sondern können auch dazu führen, dass sich das Familiensystem nicht entspannen kann. Wenn Sie ständig auf „Alarm!“ gepolt sind, ist es ihr Kind auch! Ein Mensch unter straken Stress spannt 100 mal mehr Muskeln an, als ein entspannter Mensch. Sie können sich so vielleicht den Unterschied vorstellen, wie es für ein ohnehin unruhiges Kind sein muss, von einer sehr gestressten Mutter auf den Arm genommen zu werden, als von einer relativ entspannten Mutter. Selbstverständlich müssen Sie kein Dauergrinsen im Gesicht haben und alles easy wuppen, um ein gesundes Kind großzuziehen. Natürlich ist es völlig ok nervös, gereizt oder einfach nur k.o. zu sein, doch eben nicht als Dauerzustand. Sich gut um sich selbst sorgen ist daher auch gut für das Kind, und allen was Ihnen guttut (wie etwa bei Ihnen unter Leute gehen) sollten Sie unbedingt machen! Menschen mit besonderen Belastungen wie Stress, Angst, Schlafmangel haben zudem oft ein eingeschränkten Blick und erleben sich in Ihrer Situation als gefangen. Ein bisschen habe ich den Eindruck, dass dies bei Ihnen ähnlich ist. Selbst wenn es schwierig ist, in Ihrer Familie Hilfe zu organisieren, gibt es sicher bei Ihnen Möglichkeiten, sich extern Hilfe zu holen. Dies könnte in Ihrem Fall die Frühen Hilfen, der Kinderschutzbund oder auch das Jugendamt sein, die Ihnen etwa eine Familienhebamme stellen könnten. Was die Behandlung der Schreiproblematik betrifft, so müssen (und sollten) Sie da keinesfalls allein durch! Notfalls müssen Sie einen längeren Anfahrtsweg in Kauf nehmen, doch die Behandlungen an Kliniken zahlen die Krankenkassen. Ebenso gibt es niedergelassene Kinder-und Jugendpsychotherapeuten, die Schreibabys behandeln und eine Kassenzulassung haben. Die Wartezeiten sind bei jungen Patienten nicht so lang, zumindest ein bis zwei Gespräche könnten Ihnen sicher helfen! Also: denken Sie noch einmal um die Ecke und werden Sie ohne Scheu aktiv! Die Natur hat es nicht vorgesehen, dass wir unsere Kinder allein groß ziehen und in der modernen Welt heißt das eben oft, dass wir uns Hilfe organisieren müssen! Das ist kein Grund zum Schämen! Ich wünsche Ihnen alles Gute und ganz viel Kraft für sich und Ihre kleine Familie! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 15.01.2016


Antwort auf: Unsicherheit im Umgang mit Schreibaby

Hallo, ich bin eigentlich nur stille Mitleserin, aber hier lese ich mich. Mein 1. Kind war auch so ein Schreibaby, und wäre ich entspannter gewesen, dann hätte sie vielleicht weniger geschrieen? Bei meinem 2. Kind bin ich wesentlich ruhiger und er schreit fast nie, trotz vielem Bauchweh. Habe leider Bauchweh-Kinder die nicht besonders gut schlafen. Das mit dem Kindstod versteh ich, aber wenn er bei dir schläft dann kriegst du es auch im Schlaf mit wenn was nicht stimmen sollte. Einen Rat möchte ich dir geben, mach es dir so einfach wie möglich. Also wenn dein Sohn bei dir im Bett besser schläft, dann mach es so. Du musst auch schlafen! Und besorge dir eine Tragehilfe (ErgoBaby oder Tragetuch..) Da kann er schön einschlafen bei der Hausarbeit etc. Für mich war am schlimmsten, dass ich nicht mehr für mich war/bin. War echt nicht vorbereitet auf das viele Schreien und die 24-Std. Betreuung. Zum Glück wird es irgendwann besser. Grüße und viel Kraft

von VD am 25.01.2016, 14:04