Mittagsschlaf

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Mittagsschlaf

Liebe Frau Dr. Bentz, in meiner letzten Verzweiflung möchte ich mich heute an Sie wenden. Bereits beim Schreiben dieser Zeilen laufen mir die Tränen. Unser Kind ist ein absolutes Wunschkind, enstanden nach einer ICSI. Er ist knapp 14 Monate alt. Von Anfang an hatte er Anpassungsstörungen, schrie sehr viel und schlief schlecht. Entweder nur im Tragetuch oder an meiner Brust, sobald ich mich bewegte, wachte er auf. Meine Brust musste im Mund sein, sonst ging nichts. Schnuller nimmt er keinen. Eine Ostheopathin hat ihn mehrfach behandelt, da er per Sauglocke geboren wurde und die Blockaden wurden alle gelöst (bereits mit wenigen Wochen waren wir dort zur Behandlung). Nun haben wir diese Zeit alle irgendwie überstanden. Irgendwas war jedoch immer mit dem schlafen. Seit er 11,5 Monate ist, schläft er in seinem Zimmer. Wir haben das riesengroße Glück, dass er seit er ca 12,5 Monate alt ist durch schläft. Unser Problem ist jedoch der Tagschlaf. Bis vor ca 4 Wochen haben wir einen Vormittagsschlaf gemacht. Dazu musste ich immer mit ihm spazieren gehen, anders schlief er nicht. Zu Hause war es unmöglich. Zum Schluss schlief er auch da immer später ein, so dass wir teilweise 50 Minuten gegangen sind, ehe er schlief. Das war dann schon meist Nahe 12 Uhr, so dass ich mir gedacht habe, dass wir dies weg lassen können und gleich zum Mittagsschlaf zu Hause übergehen. Bis dahin hat dieser super funktioniert und er schlief ca 2 Stunden bis 2,5 Stunden in seinem Bett. Dazu habe ich ihn meist hingelegt nachdem wir gesungen haben, hab ich ne Weile getragen und dann ins Bett. Danach hat er schrecklich geweint, ist aber meist dann eingeschlafen. Alles hat weiterhin funktioniert nach dem abschaffen des Vormittagsschlafes für ca 1 Woche. Seitdem klappt gar nichts mehr. Nun ist es so, dass ich ihn in den Schlaf trage und lege ihn schlafend ins Bettchen. Nach 30 Minuten macht er wirklich Terror und brüllt ganz fürchterlich. Brüllen lassen bringt leider nichts, auch das haben wir versucht. Selten legt er sich noch mal hin, aber das ist eher die Ausnahme. Und genau dieses Brüllen ist es auch, was mich so agressiv macht. Ich verstehe nicht, warum er nicht einfach schläft. Ich bin so am Ende mit meiner Kraft. Wie durch ein Wunder bin ich spontan schwanger geworden und gerade in der 7. ssw. Natürlich erzeugt dies bei mir zusätzliche Anspannung und Unruhe. Ich brauche einfach Mittags die Zeit um ein wenig zu ruhen. Heute habe ich versucht ihn dann alle 30 min wieder in den Schlaf zu tragen. Das hat einmal geklappt, so dass er insgesamt 60 Minuten geschlafen hat. Mein großes Problem ist dass ich wirkliche Agressionen verspüre und meine Kräfte absolut am Ende sind. Diese entladen sich natürlich nicht gegenüber meinem Kind, aber die Partnerschaft leidet und zu meiner Verwunderung über mich selbst, habe ich letztens so fest gegen die Tür geschlagen, dass mein Arm Blau wurde. Zur Entlastung habe ich leider niemanden, dass ich ihn mal abgeben könnte. Am Wochenende nimmt mir mein Mann viel ab, aber selbst diese Entspannung reicht dann teilweise nur bis Montag morgens. Ich bin so verzweifelt, wirklich. Es ist nicht so, dass er den Mittagsschlaf nicht mehr brauchen würde. Das tut er sehr. Wenn ich beispielsweise so nervlich am Ende bin, dann hole ich ihn schon nach den ersten 30 Minuten Mittagsschlaf runter. Meist gehts dann nach einer Weile Heulerei, aber spätestens um 17 Uhr wird er unerträglich. Ist nur am brüllen und einfach total übermüdet. Gegen 18 Uhr gibt es Abendessen und um 19 Uhr spätestens legen wir ihn hin. Auch abends wird er in den Schlaf getragen und schlafend ins Bett gelegt. Da klappt es problemlos, er schäft einfach weiter. Warum klappt dies Mittags nicht, was soll ich nur tun. Ich liebe mein Kind über alles, und es soll alles nicht so böse klingen, wie ich vielleicht meine Worte gewählt habe, aber ich bin einfach nur so dermaßen erschöpft. Ich kann nicht mehr. Wissen Sie Rat? Liebe Grüße Sommernachtstraum

von Sommernachtstraum012 am 23.09.2015, 15:07


Antwort auf: Mittagsschlaf

Liebe Sommernachtstraum! herrje, es tut mir leid, dass Sie so eine schwere Phase durchmmachen. Dazu all die Mami-Hormone, die die Schwangerschaft (Herzlichen Glückwunsch übrigens!) aufrecht erhalten... das macht es alles nicht leichter. Ich bewundere, wie offen und reflektiert Sie von Ihrem Problem berichten und dabei nicht scheuen, Ihre ambivalenten Gefühle und aggressiven Gedankeninhalte anzusprechen. Das können viele Mütter nicht, selbst wenn es Ihnen genauso geht. Dieses gute Gesprü für eigene Grenzen ist schon mal ganz wichtig, wenn es darum geht, diese Grenze nicht zu überschreiten. Und Sie machen es dann genau richtig! Bevor Sie die Kontrolle verlieren (und diesen "kurz-Davor-Moment" erleben wohl die Mehrheit aller Eltern irgendwann mal), verlassen Sie das Zimmer und beruhigen sich. In diesem Alter versteht Ihr Kind schon, dass Sie nicht einfach verschwunden sind, sondern nur den Raum verlassen haben. Sie brauchen sich daher nicht mit Selbstvorwürfen zu zermartern (die werden Sie ja eh genug haben). Ihr Kind wird hierdurch keinen Schaden erleiden, wohl aber durch Schütteln oder Schläge. Sie können es ihm auch sagen "Mami muss raus und sich beruhigen. Ich komm gleich wieder"... Ich würde Ihnen zudem sehr ans Herz legen, wie Sie Hilfe bekommen können. Vielleicht wagen Sie es mal mit einer Tagesmutter oder einer Krippe? Es würden ja 2-3 Stunden täglich reichen. So wird die Situation ja keinem gerecht, weder Ihnen noch Ihren Kind, noch dem Ungeboreren noch Ihren Mann. Ich rate immer dazu, diesen Schritt vor Geburt eines Geschwisterchens zu machen, denn so hat man noch die Zeit für eine gute Eigewöhnung, hat dann im Wochenbett auch ein wenig Entlastung und das große Geschwisterkind fühlt sich durch die Geburt des jüngeren Kindes nicht urplötzlich abgeschoben, sondern kann etwas Positives damit verbinden. In Ihrer Situation ist es wirklich wichtig und eben nicht egoistisch, auch mal Abstand zu haben. vergessen Sie dabei bitte einmal all die Kritik an frühkindlicher Fremdbetreuung. In so einer Situation zu verharren, ist garantiert schädlicher für die Bindung und eine größere seelische Belastung für Sie alle als eine liebevolle, qualitativ hochwertige Kinderbetreuung von 2-3 Stunden. Damit will ich nicht sagen, dass Sie eine schlechte Mutter sind und man Ihnen die Erziehung abnehmen sollte. Doch wir setzten oft uns selbst derartig unter Druck, dass wir manchmal gedankliche Mauern im Kopf haben und das ist eine, die ich immer wieder sehe. Es ist kein Scheitern, sich einzugestehen, dass man überfordert ist und Hilfe braucht. Eine gute Mutter muss eben nicht weitermachen bis sie zusammenbricht oder Ihrem Kind etwas antut. Davon unabhägig würde ich, wenn Ihre Stimmung weiter anhält, vorschlagen, das Sie sich mal bei einem Kollegen (psycholog. Psychotherapeuten / Psychiater) vorzustellen und mit Ihrem Gynäkologen darüber zu reden. Ihre Aggressionen, die Erschöpfung und die Dünnhäutigkeit können ganz normale Begleiterscheinungen der Anstregungen und der Schwangerschaft sein, können aber auch Symptome einer beginnenden depressiven Verstimmung sein. Es gibt Frauen, die sehr empfindlich auf Hormonumstellungen reagieren (meist die mit ausgeprägtem PMS) und bereits schon in der Frühschwangerschaft unter ausgeprägten psychischen Beeinträchtigungen leiden. Dies muss nicht sein, denn eine Depression ist auch schwanger gut behandelbar und sollte auch zum Wohle von Mutter und Kind behandelt werden. Ansonsten kann ich Ihnen nur raten, dass sie diese Mittagsschlafsituation so gestalten, dass sie für Sie erträglicher wird. Versuchen Sie es mal mit Ohrenstöpseln und / oder Kopfhörern. Vielleich ist es in diesem Fall auch besser, Sie gehen zu der alten Kinderwagenvariante zurück und schieben (oder lassen mal jemand anderes schieben). So ging es Ihnen doch besser, oder? Bewegung baut Agressionen gut ab und ist gleichzeitig gut, um der Erschöpfung entgegen zu wirken. Außerdem ist es ein überschaubares Zeitfenster. Nehmen sie sich vielleicht auch hier schöne Musik mit, die Sie über Kopfhörer hören. Allgemein hilft es in solchen Situationen einen Pla zu haben und den Tag gut zu für sich zu gliedern. In den Tag hineinleben kann da einen einfach überrrollen, so dass man das Gefühl bekommt, ich schaffe es einfach nicht. Dies anzunehmen dafür gibt es nämlich keinen Grund! Sie haben es bisher alles gut gemeistert und es wird auch auch dieser Krise einen Ausweg geben. Gucken Sie mal, was Ihnen in anderen schwierigen Situationen hilft und tun Sie genau das! Sie haben doch viel Energie in sich und macnhmal hilft ja gerade die Wut und der Frust, etwas in die Hand zu nehmen. Ich wünsche Ihnen alles Gute und weiterhin so viel Mut, Ehrlichkeit und Kraft! Herzlichst, Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 24.09.2015


Antwort auf: Mittagsschlaf

Was ich noch ergänzen möchte. Morgens wird er gegen 7/7:30 Uhr wach und döst meist noch mal ein, so dass ich ihn um 8 aus dem Bett hole. Mittags gegen 12 lege ich ihn wieder hin. Da ist er totmüde und schläft echt schnell auf dem Arm ein. Versuche ich ihn wach ins Bett zu legen, schreit er sofort und steht auf. Es ist kein weinen es ist wirkliches brüllen. Seit 2 Tagen mache ich es so, dass ich im Kinderzimmer dabei bleibe nachdem ich ihn schlafend hingelegt habe. Nach 20-30 min wird er wieder wach, brüllt sofort los. Ich trage ihn dann wieder in den Schlaf, lege ihn ab. Nach 20-30 Minuten das selbe Spiel. Dann sind meine Nerven so durch dass ich raus gehe. Er brüllt nun seit 10 Minuten oben. Keine Aussicht auf Beruhigung. Also dauert der Mittagsschlaf nur ca von 12-13 Uhr mit der genannten Unterbrechnung. Um 18 Uhr fange ich an zu kochen und gegen 19 Uhr abends schläft er dann. Er schläft genauso ein wie mittags, auf dem Arm und beruhigt sich beim wach werden selbst, ohne weinen. Ich verstehe es einfach nicht. Mit dem kurzen Mittagsschlaf den wir seit einigen Wochen haben ist er ab spätestens 16/17 Uhr unerträglich. Ich kann einfach nicht mehr

von Sommernachtstraum012 am 24.09.2015, 13:52