Können wir das Verhalten unseres Sohnes durch Schlaftraining ändern?

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Können wir das Verhalten unseres Sohnes durch Schlaftraining ändern?

Liebe Frau Dr. Bentz, Wir hätten, wenn möglich, gern einen Rat von Ihnen bezüglich unseres Sohnes (2,7 Jahre). Er war bis zum 6.Lebensmonat ein Schreibaby und auch danach nicht immer pflegeleicht. Doch in den letzten Monaten ist es besonders anstrengend: er trotzt stark, schreit viel, wirft Dinge durch die Gegend, hört nicht und hat alle paar Minuten neue Flausen im Kopf. Es kommt uns so vor als würde er gesetzte Grenzen überschreiten um uns zu provozieren . Er scheint insgesamt alle Gefühlslagen sehr intensiv auszuleben, auch Freude und Neugier - doch meistens macht es uns denn Alltag sehr schwer... Wir waren nun bei einer Kindertherapeutin um uns Rat zu holen. Demnach sollen wir am Schlafverhalten arbeiten: unser Sohn soll alleine einschlafen, am Besten im eigene Bett. Bis jetzt liegt er im Familienbett und braucht Mama und Papa zum Kuscheln, damit er schläft. (Seit der Geburt seiner Schwester vor neun Wochen muss ich als Mama beim Einschlafen immer da sein.) Sind sie auch der Meinung, dass durch eine Veränderung im Schlafverhalten sich auch am Tag etwas bessern wird? Uns wurde geraten, ihn zur Not schreien zu lassen und erst nach fünf Minuten wieder ins Zimmer zu gehen... Schon der Gedanke daran ist schlimm für mich, denn ich weiß, wie er sich in Panik schreit... Und ich weiß nicht, ob das der richtige Weg sein kann. Aber man sagte, dass wir ihm damit etwas Gutes tuen würden,  weil sein Selbstwertgefühl dadurch wächst. Sehen Sie das ähnlich? Haben Sie vielleicht noch Tipps für uns? Ich wäre Ihnen wirklich sehr dankbar, denn momentan bin ich oft am Ende meiner Kräfte. Mit freundlichem Gruß

von ali24 am 22.09.2015, 22:41


Antwort auf: Können wir das Verhalten unseres Sohnes durch Schlaftraining ändern?

Liebe ali24, grundsätzlich kann ein Schlaftraining, wie es die Kollegin vor Ort beschrieben hat, ein Ausweg sein. Neben der Variante, die sie beschreiben (es handleten sich um ein Vorgehen nach der sogen. Ferber-Methode) gibt es auch Varianten, die die Anwesenheit der Eltern erlauben. Ich könnte mir vostellen, dass Ihnen das mehr entgegenkommt. Zudem finde ich den Zeitpunkt (ohne die genaueren Umstände zu kennen) so kurz nach der Geburts eines Geschwisterchens nicht optimal für ein Ferber-Training, da es sich hier um ein Ereignis handelt, was Ihren Großen schon allerhand abverlangt. Hier müsste man Kosten-Nutzen schon sehr kritisch abwägen, Das ganze sollte ja keinesfalls für Ihren Großen "Bestrafungscharakter" bekommen oder in Verbindung mit dem Geschwisterkind gebracht werden, sonst würde ich die Gefahr sehen, dass sich die Probleme durch weitere Regressionen eher verschärfen. Doch die Kollegin vor Ort kennt Ihren Fall besser, ich kann hier nur einen Eindruck wiederspiegeln! Am besten sprechen Sie mit Ihr über Ihre Bedenken und suchen evtl. gemeinsam eine Alternative. Bei einem sanften Schlaftraining mit Anwesenheit der Eltern (es gibt unzählige Varianten) hätten dabei die Möglichkeit, sich zunächst für eine Woche neben Ihr Kind, welches im eigenen Bett liegt zu legen oder auf einen Stuhl daneben zu setzten und dies schrittweise auszuschleichen. Gucken Sie doch mal unter dem Post von CK18, da steht einiges zum sanften Schlaftraining. Es erfordert sicher mehr Geduld und Zeit. Vielleicht ist es das, was gerade so fehlt, dass die Kollegin vor Ort eher ein schnelleres Vorgehen vorschlägt, denn selbstverständlich ist ein Ausbrennen der Eltern für alle immer die schlechteste Option. Also, sprechen Sie mit ihr einfach offen über die Gedanken die Sie bewegen. Sie müssen ihr nicht gefallen oder es ihr Recht machen, sondern Sie wollen Hilfe. Wenn Sie kein Vertrauen zur Therapeutin aufbauen können, suchen Sie sich jemanden Neues, denn Vertrauen ist die Basis einer guten Behandlung. Ansonsten empfehle ich gern die Bücher von Jens-Uwe Rogge zum Thema "Trotz" und "Jungs". Hier ist das Verhalten Ihres Sohnes prima erklärt und ich finde es persönlich sehr hilfreich, für sich eine innere Haltung zum Umgang mit Trotz zu entwickeln und sich als Eltern zu stärken. Auch hier im Forum finden Sie ein paar Tipps unter dem Stichworten "Wut Trotz" Ich wünsche Ihnen viel Erfolg! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 23.09.2015


Antwort auf: Können wir das Verhalten unseres Sohnes durch Schlaftraining ändern?

Vielen Dank für die schnelle und freundliche  Antwort! Wir werden auf jeden Fall mit der Therapeutin alles besprechen. Der nächste Termin ist nur noch hin und ich brauchte etwas Ordnung in meinem Kopf. Denn der Gedanke, dass ein verändertes Schlafverhalten etwas am allgemeinen Verhalten ändern kann war für mich neu. Denn unser Sohn schläft nachts sehr gut im Familienbett, er braucht zum Einschlafen nur etwas länger und eben Körperkontakt zur Mama (er ist im Ganzen sehr verkuschelt). Was öfter etwas schwierig ist, wenn noch ein Säugling da ist. Ist denn, Ihrer Meinung nach, auch wichtig, dass unser Sohn in seinem eigenen Bett schläft? Vielen Dank auch für die Buchempfehlungen! Liebe Grüße

von ali24 am 23.09.2015, 19:14


Antwort auf: Können wir das Verhalten unseres Sohnes durch Schlaftraining ändern?

Liebe Ali, solange Sie keinen Handlungsbedarf sehen und alle mit der Lösung gut fahren und eben ach schlafen, sehe ich persönlich keinen Handlungsbedarf...(-: Bei der Mehheit der Menschen schlafen Kinder nicht im eigenen Bett. Es gibt klare Befürworter für diese Option und klare Gegner. Und jede Seite hat gute Argumente. Die Entscheidung treffen Sie, denn Sie müssen ja damit leben, nicht die Therapeutin Nochmals viele Grüße, Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 23.09.2015