Heftiges Schreien in der Nacht!

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Heftiges Schreien in der Nacht!

Hallo Frau Bentz, ich bin gerade etwas verzweifelt. Unsere Tochter 18 Monate wacht momentan nachts auf und schreit wie verrückt. Sie ist völlig ausser sich und will weder angefasst werden, noch angesprochen werden, auf den Arm auch nicht...sie will gar nichts. Sie ist aber offensichtlich wach, denn sie antwortet mit ja und nein auf meine Fragen. Sie schreit in etwa 30 Min und dann kann ich sie beruhigen und stille sie kurz wo sie dann schluchzend wieder einschläft. Sie schreit aber definitiv nicht weil sie gestillt werden möchte, denn sie sagt immer nein, wenn ich sie Frage und wehrt sich auch dagegen. Ich kann da ganz schwer mit umgehen. Sie hat momentan auch immer mal wieder Zahnschmerzen. Mal mehr mal weniger. Die letzten Backenzähne kommen wohl. Nur dieses heftige hysterische Schreien in der Nacht...ist das typisch für ein Schmerz-Schreien? Weinen die Kinder da nicht eher und sind froh wenn man sie auf den Arm nimmt? Dieses abwehrende Verhalten irritiert mich. Sie ist sonst eigentlich extrem anhänglich und kuschelig. Ab Mitternachts schläft sie immer bei uns und geniesst die Nähe sehr. Grundsätzlich waren die letzten Wochen etwas durchwachsen. Plötzlich wehrte sie sich wieder gegen das einschlafen, was wir normalerweise gar nicht kennen. Tagsüber war sie häufig trotzig. Auch Autofahren gefiel ihr nicht mehr. Und die Nächte waren auch da schon unruhiger. Das hat sich aber innerhalb einer Woche alles wieder gegeben und das einschlafen funktioniert wieder wie immer ganz prima. Auch die Trotzreaktionen sind tagsüber verschwunden. Nur die Schreiattacken sind immernoch da. Gibt es hier einen Zusammenhang? Einfach eine Phase? Sie erlebt momentan auch viel. Wir gehen seit 2 Wochen zum Turnen. Sie wird immer mutiger und öffnet sich sehr in der großen Gruppe. Auch motorisch entwickelt sie sich enorm. Sie fängt jetzt auch immer mehr an zu sprechen. Ist tagsüber ein rundum glückliches und ausgeglichenes Kind. Auch morgens kann sie sich offensichtlich an nichts erinnern was nachts war. Ich wende mich an Sie, in der Hoffnung das Verhalten meiner Tochter in der Nacht besser zu verstehen. Vielleicht haben Sie auch einen Tipp wie man sich während eines solchen Schreianfalls (dauert ca. 30 Min) am besten verhält. Ganz lieben Dank, LeLa

von LeLa258 am 29.10.2015, 13:29


Antwort auf: Heftiges Schreien in der Nacht!

Liebe Lela, zunächst finde ich es sehr schön zu lesen, wie sich Ihre Kleine nach und nach Ihren Platz in dieser Welt so mutig und neugierig erobert. Ich bin sicher, abgesehen von den Nächten haben Sie viel Freude an ihr! Zu dem nächtlichen Aufwachen: Zwei Dinge sind aus meiner Sicht denkbar. a) Lebhafte Träume oder b) der sogen. Nachtschreck. Für ersteres spricht, dass Ihre Tochter ansprechbar ist. Doch auch beim Nachtschreck ist es möglich, die Kinder zu erwecken, nur dass das eben sehr schwer geht. Die Frage wäre also: Wacht Ihre Kleine von allein auf, schtreit dann und - sofern sie sprachlich schon Auskunft geben kann - kann sie sich morgens noch daran erinnern? Dann spricht es mehr für lebhaftes Träumen und meine erste Vermutung. Oder: Schreit Ihre Kleine und wecken Sie sie dann erst mit Mühe auf so dass sie erst danach ansprechbar ist?Dann deutet es eher auf Nachtschreck hin. Von diesen Fragen hängt dann das weiter Vorgehen ab. Ich würde Folgendes empfehlen: a) Vorgehen bei lebhaften Träumen: Kinder im Alter Ihrer Tochter (und auch noch lange darüber hinaus), haben Schwierigkeiten, Phantasie von Reallität zu trennen. Daher können solche Reaktionen auf aufwühlende Träume auch recht heftig und lang andauernd sein. Sie sind aber - unabhängig davon, dass es natürlich für alle anstregend und nervenaufreiben ist - kein Zeichen für eine psychische Störung. Ob Alpträume etwa mit psychischen Belastungen / Stress einhergehen ist z.B. gar nicht so eindeutig geklärt, obwohl es augenscheinlich logisch klingt. Erst wenn diese Träume längerfristig bestehen und dadurch bei allen die Angst vor der Angst, sprich die Angst vor dem Einschlafen auftritt, kann das zu einem Problem werden. Bei so kleinen Kindern hat man da leider nur begrenzt Möglichkeiten. Hier helfen präventiv ggf. Kuscheltiere ("Alptraumfresserchen"), ein Nachtlicht und der Verzicht auf abendliches Fernsehen, selbst wenn es nur kurz ist. Wenn das Kind dann nachts erwacht, hilft ein immer wiederkehrender Ablauf, damit es lernt, dass es eben nichts zu fürchten oder zu bekämpfen gibt. Etwa so: Zu dem Kind hingehen, es nicht anfassen, wenn es noch tobt und einfach immer wieder gleiche Sätze sagen - jedes Mal! Etwa so: "Es ist alles in Ordnung, du hast geträumt. Mama und Papa sind da" ggf. hilft auch kurz das Licht anzuschalten "Guck mal, alles ok. Jetzt mach ich wieder das Licht aus und wir können weiter schlafen." Ihr Kind ist dann so in Rage, dass es verbal nur begrenzt ansprechbar ist, doch der Tonfall und Ihre Ruhe senden wichtige Signale, die es versteht. Ansonsten hilft es, möglichst gelassen bleiben! Auch wenn so ein Anfall sehr dramatisch aussieht. Ihre Tochter braucht einfach ein Weilchen, um runterzukommen und zu viel Beruhigungsmaßnahmen würden sie überfordern. Wichtig ist für sie nur, dass Sie da sind. Sollten die Probleme anhalten oder Sie große Bedenken haben, kann Ihnen sonst vielleicht auch ein Gespräch bei einem Kinder- und Jugendpsychotherapeuten helfen und eine gesicherte Diagnose liefern. b) das richtige Vorgehen bei Nachtschreck. Hier ist es einfach: NICHT wecken! Selbst wenn so eine Attacke heftig aussehen kann. Mehr als dafür zu sorgen, dass Ihr Kind sich nicht verletzten kann, sollten Sie nicht tun, damit die Attacken nicht bewusst wahrgenommen werden und Ängst wecken. Morgens wachen die Kinder nämlich auf ohne sich an das Drama zu erinnern. Ich drücke die Daumen, dass der Sanmann bald bessere Arbeit macht und schönere Träume schenkt! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 02.11.2015


Antwort auf: Heftiges Schreien in der Nacht!

Hallo Frau Dr. Bentz, erstmal vielen Dank für Ihre Antwort. Und ja, wir haben unglaublich viel Freude an ihr. Ich habe das Glück einen wundervollen Mann zu haben und jetzt haben wir auch noch eine wundervolle Tochter dazu bekommen. Mehr kann man sich nicht wünschen! Zu den nächtlichen Schreiattacken. Die sind mittlerweile fast weg! Zum Glück! Sie schläft zwar immernoch häufig unruhig aber sie ist auch erkältet und die Backenzähne drücken auch...kein Wunder also. Ansonsten machte sie an den Morgenden nach den Schreiattacken nicht den Eindruck, dass sie sich erinnern konnte. Sie war rundum zufrieden und wir haben wie jeden Morgen noch 30 Min gekuschelt im Bett :) Das Schreien kündigte sich kurz durch Unruhe an, und immer wenn ich ihr den Schnulli geben wollte, hat sie ihn abgelehnt und dann auch recht schnell losgeschrien. Sie hat aber sofort reagiert auf meine Fragen. Dazu musste ich sie nicht wecken. Aber glücklicherweise ist es jetzt weg. Zumindest ist dieser Intensität. TV gibt es bei uns gar nicht. Und abends lassen wir es auch sehr ruhig angehen. Ich hatte Ihnen vor einiger Zeit berichtet, dass ich nachts oft noch stillen muss. Hat sich bisher auch nicht geändert, bzw ich habe noch keine Änderung zugelassen bzw. keinen Versuch gestartet. Mein mütterlicher Instinkt sagt mir, dass ich damit auch warten sollte bis sie wieder gesund ist und optimalerweise die Zähne durch sind. Ihr fehlen nur noch die letzten 4. Was meinen Sie? Kann das Schreiverhalten (Intensität, nicht angefasst werden etc.) nicht vielleicht doch auf ein Schreien aufgrund von Schmerzen hindeuten? Vielen Dank und freundliche Grüße LeLa

von LeLa258 am 02.11.2015, 13:44