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Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Frage

Hallo Frau Dr. Bentz, ich wende mich in einer ganz persönlichen Sache an Sie, weil ich nicht weiß wie ich vorgehen soll und sie als Psychologin mir vielleicht einen Tipp geben können. Unsere Tochter ist 20 Monate und wir sind unglaublich glücklich. Ich bin schon immer eher jemand der versucht alles perfekt zu machen und alles unter Kontrolle haben muss. Das war schon immer so und jetzt bei unserer Tochter natürlich genauso. Ich sichere mich immer doppelt und dreifach ab, geht es unserer Tochter gut, darf sie dies oder jenes essen, könnte ich ihr hiermit schaden, verhalte ich mich hier richtig, was empfehlen Experten und und und. Das klingt soweit alles ganz normal, belastet mich aber sehr. Ich befinde mich permanent (vor allem Abends) in einem endlosen Gedankenkarussell, kriege Panik etwas falsch gemacht zu haben, Google irgendwelche Sachen und mache mich völlig verrückt und und und. Ich will immer alles richtig machen und gebe mir in allem extrem viel Mühe in Bezug auf unsere Tochter / Familie. Ich setze mich selbst unglaublich unter Druck und zweifel schnell an dem was ich tue. Ich melde mich bei Ihnen, weil diese Gedanken mich mittlerweile immer mehr belasten und oft verzweifeln lassen. Ich rede auch mit meinem Mann sehr viel darüber, der wahnsinnig viel Verständnis hat, aber so richtig heraushelfen aus meiner Situation kann er mir natürlich nicht. Nun meine Frage an Sie: Was würden Sie mir empfehlen? An wen kann ich mich wenden? Ich glaube ich muss einfach mal mit einem Fachmann über meine Gedanken und Ängste reden. Muss man die Kosten dafür grundsätzlich privat tragen? Ich danke Ihnen ganz herzlich für Ihren Rat. LG LeLa

von LeLa258 am 07.12.2015, 09:26


Antwort auf: Frage

Liebe Lela, das was Sie beschreiben, ist ein Phänomen, das Psychologen, Hebammen und Kinderärzte seit einiger Zeit intensiv diskutieren. Anscheinend führt das - Überangebot von Informationen ohne Qualitätskontrolle bei gleichzeitiger - Unerfahrenheit der Eltern (das eigene Kind ist oft das erste Baby, was man je umsorgt hat) - und eingeschränkter generationsübergreifender Unterstützung in Familien (Oma und Opa) zu einer großen Verunsicherung. Diese geht dann mit Schwierigkeiten, selbst Entscheidungen treffen zu können und einer gewissen "Expertenhörigkeit" einher. Für alles braucht man einen Fachmann / Fachfrau, einen Ratgeber, einen Kurs, einen Chatroom etc. Tatsächlich ist ja auch das Angebot für junge Eltern riesig und wie sagen die Ökonomen: auch Angebot schafft Nachfrage! Ich bin mit meinem Angebot ja selbst ein Teil davon und mir dessen durchaus bewusst. Wie andere verantwortungsbewussten Kollegen ist es mir daher ein große Anliegen, die Kompetenz der Eltern zu stärken und keine Abhängigkeiten zu schaffen. Für mache Eltern ist dies sehr frustrierend, da sie eigentlich nach einer Wundermethode oder dem richtigen Weg suchen. Dass Sie diesen mit mir gemeinsam erarbeiten müssen, ist vielen nicht klar. Doch das nur vorweg! Eigentlich haben Sie sich ja die Antwort schon selbst gegeben, Es wäre sicher hilfreich, sich einmal an einen Kollegen / Kollegin vor Ort zu wenden. Adressen von Psychotherapeuten erhalten Sie bei Ihrer Krankenkasse. Es muss nicht gleich eine Therapie nötig sein, doch würde ich Ihre Problematik auch nicht auf die leichte Schulter nehmen, da Sie - wie sie selbst andeuten, ja auch einen nicht unerheblichen Leidensdruck haben und sich beeinträchtigt fühlen. Zudem hat dieses Übermaß an Sorge sicher auch Gründe, die man bearbeiten kann. Bei der Suche nach Therapeuten muss man etwas Geduld mitbringen. Lassen Sie sich einfach auf verschiedene Wartelisten setzten und haken Sie immer wieder nach. Lassen Sie sich erst von Wartelisten streichen, wenn Sie die Probestunden absolviert haben und sich sicher sind, dass der Kollege / die Kollegin vor Ort auch gut zu Ihnen passt. Vielleicht lohnt sich auch ein Blick auf die Angebote der Familienberatungsstellen bei Ihnen. Ich drücke Ihnen auf jeden Fall die Daumen, dass Sie schnell jemanden finden! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 07.12.2015