Einschlafschwierigkeiten

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Einschlafschwierigkeiten

Hallo! ich hoffe Sie können mir weiterhelfen. Unsere kleine Maus ist jetzt 4 Monate alt und topfit, ausgeglichen und laut Kinderarzt "mit sich und der Welt vollkommen zufrieden". Wir versuchen so weit es geht nach dem Prinzip des AP zu handeln und fahren damit erstaunlich gut. Sie schreit insgesamt maximal 2 mal am Tag und addiert keine 5 Minuten. Seit sie 3 Monate ist schläft sie meist 7-9h durch und dann immer noch zweimal etwa 3-4h ohne Probleme. Vor 9Uhr morgens ist sie nicht zu gebrauchen, lieber noch steht sie erst nach 14-15h Nachtschlaf (!!) auf. Sie schläft übrigens mit uns im Bett. Unser Problem ist das Einschlafen!! Sie will partout tagsüber nicht schlafen, selbst wenn ihr die Augen fast schon zufallen und hält sich mit Gewalt wach. Logischerweise wird sie dann total unleidig und schläft erst recht nicht ein. Abends ist es oft das selbe. Ich gehe jeden Tag um 19Uhr rum mit ihr ins Bett, dann ist sie bereits gut müde, aber nicht übermüdet. Selten schläft sie dann an mich gekuschelt sofort ein und oft ist noch 1h Theater. D.h. sie quengelt, wirft den Kopf hin und her und versucht scheinbar wach zu bleiben. Machen wir etwas falsch? Wie kann ich meine Maus beim Einschlafen unterstützen? Liebe Grüße und schon mal vielen Dank für die Antwort 😊 Bevor es falsch verstanden wird: Es geht mir nicht darum mein Kind schneller abends oder tagsüber häufiger quitt zu werden, sondern sie zu unterstützen, da sie teilweise wirklich vollkommen übermüdet...

von Mum2015 am 21.09.2015, 12:13


Antwort auf: Einschlafschwierigkeiten

Liebe Mum2015, es freut mich sehr für Sie alle, dass Sie so einen schönen Babyalltag haben. In der Tat könnte man das, was Sie so beschreiben unter dem Begriff pfegeleicht" zusammenfasen und so manch einer wird Sie wohl um die lange Nachtschlafzeit beneiden. Dennoch verstehe ich Ihre Sorgen. Nach meiner Erfahrung nach ist es in den meisten Fällen so, dass Eltern von Babies sich nicht in erster Linie bei mir melden, weil sie selbst mehr schlafen wollen, sondern weil sie sich Sorgen um ihr Kind machen. Eine Stunde Schreien abend mag da angesichts der extremem Schreier zwar als harmlos betrachtet werden, doch es ist eben eine Stunde, in der man sich als Eltern fragt, was passiert hier mit meinem Kind? Was hat es nur, wie kann ich nur helfen? Schadet das meinen Kind? usw. Um es vorweg zu nehmen, mit einer Stunde Schreien liegt Ihr Baby tatsächlich absolut im Rahmen, Auch der abendliche Schreigipfel ist für dieses Alter typisch und ist kein pathologisches Muster. Ich sage das nur, damit Sie wissen, dass sich hier keine Störung andeutet, nicht um Ihr Problem in Abrede zu stellen. Da alles aber auch ansonsten gut läuft und Ihre Kleine ja offenbar sehr gute Selbsregulationsfähigkeiten hat, besteht aus meiner Sicht jedoch kein Handlungsbedarf. Es mag jetzt etwas herzlos klingen, doch ein gewisses Maß an Schreien ist einfach normal, auch wenn man als Eltern gerne nur zufriedene und lächelnde Kinder hätte und sich natürlich bemüht, die Ursache für das Schreien zu beseitigen. Doch selbst perfekte Eltern (sofern es sie denn gibt) werden wohl nicht gänzlich in der Lage sein, das Schreien komplett abzustellen. Es ist daher kein Zeichen, dass etwas schief läuft oder man als Eltern was falsch macht, wenn ein Kind abends schreit, weil es hundemüde ist. Schreien ist eben nicht Schreien. Und Schreien bedeutet nicht automatisch Stress oder Angst, sonder auch schlicht Unwohlsein, Irritation, Müdigkeit oder eben Überreizung. Ganz verhindern werden Sie es wohl nicht. Ich würde mich zudem davor hüten, allzu viel zu machen, da dies oft gerade erst Schlafprobleme begünstigt und zu den oft beschriebenen Teufelskreisen aus Überreizung-Schreien-Maßnahme-Schreien-neue Maßnahme führt. Natürlich können Sie aber sanft unterstützen, indem Sie ihr eine Strukur und regelmäßige Ruhepausen als Angebot einfach jeden Tag von neuem anbieten. Tagüber braucht sie nicht zu schlafen, wenn sie - so wie es aussieht - ihren Schlafbedarf eben schon nachts und morgens sich holt. Doch vielleicht sind ein paar Pausen im Tragetuch und ein ruhiger, möglichst gleichförmiger und rechtzeitiger Ausklang des späten Nachmittags schon hilfreich. Halten Sie das Einschlafritual kurz und knapp und möglicht vor Beginn der totalen Übermüdung. Achten Sie dabei auf die Signale Ihres Kindes und wenn sie sich die Augen reibt, gähnt und den Blick immer mal wieder abwendet, ist einfach Bettgehzeit, auch wenn sie das nicht so recht einsehen mag. Sie kann ja nicht die Folgen abschätzen und Überlegungen treffen wie " Jetzt schlaf ich mal lieber, denn sonst bin ich nachher total überreizt und zu müde zu einschlafen". Richtig "AP-like" ist diese Haltung natürlich nicht, doch ich persönlich sehe keinen Widerspruch zwischen elterlicher Unterstützung und Raum für Entwicklung geben. Egal was Sie tun, tun Sie nicht zuviel! Ihre Tochter ist selbst der beste Beleg dafür, dass alles in Ordnung ist! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 22.09.2015