Chaotische Nächte, was kann ich tun?

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Chaotische Nächte, was kann ich tun?

Hallo Frau Dr. Bentz, bin langsam am verzweifeln. Meine Tochter(12 Wochen) ist bisher zwischen 21 und 23 Uhr an der Brust im Familienbett eingeschlafen. Seit ihrer ersten 6 Fach Impfung am Donnerstag ist völliges Chaos ausgebrochen. Die Nacht auf Samstag ist sie erst um 7 Uhr morgens eingeschlafen, in der Nacht auf Sonntag um halb zehn, um dann ab 4 Uhr bis um halb acht nicht mehr zu schlafen und danach nochmal bis halb elf zu schlafen. In der Nacht auf heute hat sie von halb zwölf bis um 2 geschlafen. Dann war sie wach bis halb vier. Hat dann bis halb sechs geschlafen. Danach nach dem stillen nochmal bis kurz vor neun. Ich kann mir ihr Verhalten nicht erklären, tagsüber ist alles normal mit ihrem Schlaf. Kann es einen Zusammenhang mit der Impfung geben? Oder mit dem 12 Wochen Schub? Da sie ein ehemaliges Schreibaby ist, ist meine Belastungsgrenze langsam erreicht. Zumal sie auch tagsüber sehr viel Aufmerksamkeit braucht und oft unzufrieden ist. Viele Grüße, Lifie

von Lifie am 11.01.2016, 12:08


Antwort auf: Chaotische Nächte, was kann ich tun?

Liebe Liefie, herrje, da haben Sie schon so viel geschafft und nun bricht wieder das Chaos aus! Ich kann mir gut vorstellen, dass da die Nerven blank liegen und sich Sorgen machen. Selbstverständlich gehen Sie mit dieser Unruhe anders um, als jemand der immer nur ein ruhiges Baby hatte, denn Sie wissen, wie schlimm das Geschrei werden kann. Dies führt natürlich dazu, das alte Ängste hochkommen und Sie panisch werdenbei dem Gedanken, es könne wieder so werden. Doch bitte machen Sie sich bewusst: - JETZT ist eine völlig andere Situation als Sie sie schon hatten - Ihr Kind ist jetzt mit 12 Wochen ein ganz anderes als noch vor sechs Wochen - Zwischenzeitliche Unruhephasen treten auch bei Nicht-Schreibabys auf und sind meist absolut kein Grund zur Sorge! - Gerade beim Thema Schlaf verändert sich in den ersten Lebensmonaten so viel wie später im ganzen Leben nicht mehr! - Vorschritte bedeuten erst auch mal Rückschritte. D.h. kann ihr Kind einerseits mehr (hat es einen „Schub“ gemacht) bringt das wie bei uns Erwachsenen auch mehr Unruhe in das System. Dennoch bedeutet Rückschlag nicht gleich Rückfall! So schwer es auch fällt: bewahren Sie Ruhe! Natürlich kann es sein, dass die Impfung etwas durcheinandergebracht hat, allein schon deshalb, weil ihr Kind wacher ist und den Gang zum Kinderarzt ja auch voll mitbekommt. Es kann aber auch eine rein zufällige Überschneidung sein. Wenn Sie hierzu Fragen haben, wenden Sie sich ruhig noch mal an Ihren Kinderarzt. Das ist völlig legitim! Bleiben Sie ansonsten bei Ihrer Routine und gewohnten Abläufen, auch wenn scheinbar nichts hilft und alles durcheinander ist. Ein Kind, welches irritiert und vermehrt unruhig ist braucht keine neuen Beruhigungsmethoden und Abläufe, sondern das Gewohnte, Vetraute! Das Weinen ist kein zeichen dafür, dass es falsch läuft, sondern einfach eine Überforderungsreaktion. Überlegen Sie mal, wie es Ihnen geht, wenn Sie große Veränderungen durchmachen (neuer Job, Umzug etc.). Was wünscht man sich dann mehr, als Abend auf dem eigenen Sofa zur Ruhe zu kommen? Man wird dann trotzdem müde, erschöpft oder auch mit den Nerven am Ende sein, aber in einer Situation mit viel Neuem helfen vertraute Anker. Ihr Baby hat zudem ja nun einmal weniger Ausdruckmöglichkeiten und kann Erschöpfung, Unwohlsein und Überforderung nur durch Weinen ausdrücken. Wir würden vielleicht sagen „Mist so ein Sch…tag“ – ein Baby dagegen weint. Wir Eltern interpretieren – gerade wenn wir erschöpft sind – manchmal zu viel in das Weinen hinein und vermuten gleich etwas Schlimmes und reagieren entsprechend panisch. Zudem gibt es Kinder, die von Natur aus einfach ein lautes Organ haben und bei denen alles gleich nach „akut vorm Hungertot“ klingt (habe selber so ein Exemplar). Hinzu kommt, dass wir Zeit unter Stress anders wahrnehmen als im entspannten Zustand. Man hat also das Gefühl, ein Kind würde dauerbrüllen, während die eigentliche Schreizeit viel kürzer ist. Sind organische Probleme ausgeschlossen ist Ruhe bewahren und möglichst den gleichen Trott folgen, jedoch das Beste, was Sie für Ihren Sohn tun können! Dass Ihr Kind sich tagsüber normal verhält, ist ja ein sehr sicheres Zeichen dafür, dass es ihm nicht schlecht zu gehen scheint, sondern nur Probleme hat, abzuschalten. Also, machen Sie sich nicht allzu viele Sorgen, sondern handhaben diese Phase nach dem Motto „Augen zu und durch!“ und bleiben Sie im Hier und Jetzt! Nicht alles, was passieren kann, passiert. Und selbst wenn –Sie haben die schwierige Anfangszeit überstanden und werden auch jetzt schwierige Phasen übersehen, auch wenn ich Ihnen natürlich vom Herzen wünsche, dass dies nicht eintritt! In diesem Sinne, alles Gute! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 15.01.2016