Baby 11 Monate schläft schlecht ein

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Baby 11 Monate schläft schlecht ein

Hallo Frau Dr. Bentz, unsere 11 Monate alte Tochter tut sich mit dem Schlafen immer noch sehr schwer. Sie hat in den ersten 3,5 Monate sehr viel geschrieen, in der Zeit konnten wir sie nur mit Tragen und singen beruhigen und das ist bis jetzt so beim Einschlafen geblieben. Wir würden ihr gerne helfen alleine runter zu kommen und in den Schlaf zu finden, vielleicht haben sie gute Tipps für uns. Unser Ablauf bezüglich des Schlafens sieht wie folgt aus: Zwischen 6 und 6.30Uhr steht sie auf, so ca. um 11.30Uhr ist dann Mittagsschlafenszeit, da schläft sie ca. 2 Stunden und um ca. 18.30/19Uhr geht es ins Bett. Wir wickeln sie erst ruhig, dabei bekommt sie auch schon den Schnuller, es gibt noch mal etwas auf dem Arm zu trinken und dann bleibt sie auf dem Arm und wir singen bis sie schläft und legen sie dann ins Bett. Mittags ist das ganze relativ unproblematisch, manchmal schläft sie schon während dem Trinken ein (Flasche gibt es mittags aber nur, wenn sie beim Mittagessen sehr wenig gegessen hat) oder dann nach dem ersten Lied und man kann sie problemlos hinlegen. Abends ist das ganze komplizierter: es braucht ca. 3-4 Anläufe bis sie im Bett liegen bleibt und weiter schläft, oft schläft sie auf dem Arm ein und wacht beim rein legen wieder auf und steht auch sofort wieder im Bett. Ist für uns auch logisch, da es sich ja ändert - Arm - Bett. Wir haben es auch schon versucht sie gleich ins Bett zu legen, liegen bleibt sie ersten nicht und zweitens steigert sie sich nach ca. 3 Min. da so rein das sie sich gar nicht richtig mehr beruhigen lässt. Sie ist dann schon nach kurzer Zeit nass geschwitzt vom Schreien, hat einen hochroten Kopf und bekommt kaum Luft. Hab auch schon versucht sie dann im Bett zu beruhigen, aber da hat man keine Chance. Wenn tagsüber viel los war oder sie etwas neues gemacht hat (für uns manchmal auch gar nicht offentsichtlich, irgendwas war anscheinend einfach...), bekommt sie es auch nicht verarbeitet, dann wird beim Schlafen gehen sogar auf dem Arm nur gebrüllt, getreten, überstreckt und Schnuller weg geworfen, da kann das Einschlafen schon mal eine Stunde dauern, obwohl sie müde ist (Augen reibt, gähnt,...). Dazu wacht sie nachts noch mind. 2x schreiend auf und das beruhigen dauert teilweise auch wieder lang, je nach "gutem" oder "schlechtem" Tag. Wir freuen uns über Tipps und Anregungen! Wir würden Ihr gern helfen besser in den Schlaf zu kommen! Dankeschön

von Clauds am 27.08.2015, 08:34


Antwort auf: Baby 11 Monate schläft schlecht ein

Liebe(r) Clouds! oh, da haben Sie ja leider wirklich noch keinen guten Draht zum Sandmann. Dafür verdienen Sie wirklich umso mehr Respekt, mit wieviel Geduld und Fürsorge Sie sich der Startschwierigkeiten angenommen haben! Keine Angst - ich reiße Ihnen wegen der elterlichen Einschlafhilfen auch nicht den Kopf ab!! Ihre Tochter ist ja noch klein und wenn sie so zunächst einen Zustand hergestellt haben, der für Sie alle erträglicher war, ist es doch ok. (Das nur vorweg, weil ich manchmal den Eindruck habe, dass Eltern sich quasi vor mir schämen, wenn Sie nicht nach Lehrbuch gehandelt haben.) Doch ich finde es gut und passend vom Alter Ihres Kindes, dass Sie sich nun einen Rat suchen. Dauerhaft können solche Probleme nicht nur erschöpfend und nervenzehrend sein, sondern sich auch zu hartnäckigen Schlafproblemen auswachsen, wenn man einfach nur abwartet und hofft, das wachse sich aus. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Ihr Kind muss nicht durchschlafen, aber die Tendenz bzw. Entwicklungsrichtung sollte stimmen. Dauerhaft noch mindestens zwei nächtliche Unterbrechungen sind ein Zeichen dafür, dass Ihre Tochter noch Regulationsschwierigkeiten hat und quasi noch etwas Hilfe zur Selbsthilfe braucht. Nun ist es leider so, dass für Änderungen, sprich ein Entwöhnen von elterlichen Einschlafhilfen, die Komfortzone ein wenig verlassen werden muss - sowohl die Ihrer Tochter als auch Ihre. Letzteres klingt seltsam, ist die Situation so doch alles andere als komfortabel. Allerdings gerade die Erschöpfung führt uns manchmal dazu, dass wir keine Kraft mehr haben, etwas zu ändern. Gleichsam berühren solche Dinge natürlich auch immer noch unsere eigenen Ideale und Vorstellungen von Elternsein und Erziehung. Oder es verunsichert uns die Sorge etwas falsch zu machen, einen Schaden anzurichten. Wenn man diese Motive für sich klar hat, ist es meist leichter, Veränderungen anzustoßen. Sie sind quasi das psychologische Rüstzeug. Das andere ist die tatsächliche Umsetzung: Wenn Sie Ihr Kind von den Einschlafhilfen entwöhnen wollen, was ich wegen der o.g, Punkte sinnvoll finde, um auch das Durchschlafen zu fördern, wird es nicht ohne Protest gehen. Sie können Ihrer Tochter ja noch nicht rational klar machen, warum das jetzt richtig und wichtig wäre und sie wird das Gewohnte einfordern. Ich plädiere nicht fürs Schreienlassen oder strikte Schlafprogramme, (wenngleich letzere durchaus auch eine Existensberechtigung für bestimmte Anwendungfälle haben), doch kann ich Ihnen leider auch keinen Weg nennen, wie sie ohne etwas Aufregung die Selbstregulation fördern können. Sie könnten natürlich ganz darauf verzichten und der Entwicklung freien Raum geben, wie es etwa Anhänger des attachment parenting empfehlen, doch beides geht nicht. Hier wäre dann das Familienbett die Empfehlung. Ich würde dagegen als sanftesten Weg vorschlagen, dass Sie sich neben das Bett setzen und diese Anfälle eine zeitlang ertragen. Vielleicht setzen Sie sich als Hilfestellung ein zeitliches Minimum, was sie ähnlich wie bei einem klassischen Schlafprogramm allmählich steigern (erst 3 Minuten, dann 5, dann 8 usw.). Natürlich können Sie sie rausnehmen, wenn Sie sich wirklich total einschreit, aber dann eben auch wieder hinlegen, wenn Sie ruhiger, aber noch wach ist. Das immer und immer wieder über mehre Tage lang. Wichtig ist ferner, dass Sie sie müde, aber nicht völlig k.o. ins Bett legen, die Laune sollte also noch ok sein. Bleiben Sie ansonsten bei Ihrer Tagesroutine. Sie müssen für diesen Weg vieeel Geduld aufbringen (ca. 10 bis 14 Tage), dann sollten sich erste Erfolge zeigen. Ihre Tochter muss erst lernen, dass sie den Zustand der Müdigkeit auch so ertragen kann und dass nicht Schlimmes passiert. Dieser Prozess wird sicher nicht leicht. Sie müssen selbst entscheiden, ob die diesen Weg jetzt gehen wollen. Ich drücke Ihnen so oder so die Daumen, dass der Sandmann bald zuverlässiger ist! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 27.08.2015