11 Wochen: ständig müde, Schreien vor dem Schlafen

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: 11 Wochen: ständig müde, Schreien vor dem Schlafen

Hallo! Mein Sohn (jetzt 11 Wochen alt) schlaft in der Nacht seit einigen Wochen relativ konstant von 20-6 Uhr mit 1-3 Stillunterbrechungen. Das Zubettbringen am Abend dauert ca. 30 Minuten und ist mit ein paar Minuten Geschrei verbunden, ehe er einschläft. Ab und zu meldet er sich dann gegen 21 Uhr nochmal kurz. Da reicht dann einmal reinschauen und Schuller wieder in den Mund geben. Damit sind wird ziemlich zufrieden! Am Tag jedoch zeigt er mir nun ständig Müdigkeitszeichen (Gähnen, Augen reiben, Faust lutschen, schreien...) selbst kurz nach den Tagschläfchen. Im Endergebnis wirkt der kleine den ganzen Tag müde und unausgeglichen, schreit häufig. Wenn ich auf darauf reagieren will und ihn in eine reizarme Umgebung bringe (weil er von alleine nicht einschläft wenn es hell, laut und bunt ist), findet er nicht mehr in den Schlaf. Er schreit sich die Seele aus dem Leib, bis ich ihn dann doch wieder hochnehmen und etwas schaukeln muss. Manchmal hilft noch nicht einmal das und es wirkt, als hätte ich den Punkt zum Schlafenlegen verpasst und wäre in die Übermüdungsphase gerutscht. Wenn er dann schläft, wird er immer häufiger schon nach 30 Minuten wach und wirkt immer noch müde, so dass man eigentlich gleich wieder mit dem Schlafenlegen beginnen könnte... So zieht sich das dann über den ganzen Tag und die Tagschläfchen, die wirklich erholsam scheinen und nach denen er zufrieden wirkt werden merklich seltener. Gibt es etwas, was ich tun kann?

von rinka84 am 30.09.2015, 11:36


Antwort auf: 11 Wochen: ständig müde, Schreien vor dem Schlafen

Liebe Rinka84, zunächst wäre die Frage, wie lange diese Probleme am Tag schon bestehen. Zwischenzeitliche Unruhephasen sind normal und meist kein Grund zur Beunruhigung, sofern das Kind sonst eben gesund ist (im Zweifel daher bitte immer zum Kinderarzt). Daher lautet die erste und wichtigste Empfehlung immer: Ruhe bewahren (auch wenn es schwerfällt!). Nicht nur nachts, sondern gerade am am Tag passieren bis zu einem Jahr die allermeisten Veränderungen des Schlafs. Langsam verschwinden immer mehr Tagesschläfchen, so dass im Alter von zwölf Monaten meist ein Mittagschlaf und zwei zusätzliche Schläfchen stattfinden, während ein dreijähriges Kind für gewöhnlich nur noch einen Mittagschlaf zusätzlich zum Nachtschlaf zeigt. Diese "Konsolidierung" des Schlafs kann jedoch bei jedem Kind unterschiedlich schnell passieren. Eine mögliche Erklärung wäre daher, dass sich Ihr Kind gerade in einer solchen Umstallungsphase befindet. Doch was können Sie tun - unabhängig davon, möglichst Ruhe zu bewahren und Ihrem Kind möglichst viel Routine zu bieten? Damit Ihr Kind nicht schon völlig überreizt und einfach "zu müde ist um zu schlafen", können Sie versuchen, Ihr Kind in möglichst gleichen Zeitabständen (Sie kennen ja seine Zeiten), schon vor oder spätestes bei Beginn der ersten Müdigkeitszeichen hinzulegen. D.h. wenn er schon eine Weile wach und aktiv ist und Sie wissen, jetzt wäre es eigentlich Zeit, legen Sie ihn hin und warten nicht erst ab, bis er entsprechende Signale setzt. Vermutlich ist er einfach so abgelenkt, dass er noch nicht so gut spürt, wann seine Grenze erreicht ist und er ein Päuschen bräuchte. Hier muss man ihm dann halt noch etwas Hilfe zur Selbsthilfe bieten. Wahrscheinlich braucht er dann auch eine gewisse Weile, um abzuschalten und runterzukommen. Mit Protest müssen Sie daher rechnen. Hier hilft es zu wissen, dass man als Eltern einfach einen langen Atem (ca 14 Tage) braucht, um Veränderungen beim Schlafverhalten zu erzielen. Das ganze System Schlaf ist hochkomplex und ein regelrechtes Gewohnheitstier, was träge auf Neuerungen reagiert. Jede Veränderung bringt erstmal Unsicherheit und Irritation mit sich, und Gewohnheiten müssen sich erst durch wiederholtes Erfahren bilden können. Eine mögliche Alternative zum Überbrücken der schwierigen Tagschlafzeiten wäre die Möglichkeit, den Kinderwagen oder noch besser ein Tragetuch / eine Tragehilfe einzusetzen - sofern Sie das Gefühl haben, dass Ihr Kind und Sie so leichter zur Ruhe kommen. Sofern es eine klare Struktur gibt, können Kinden schon zwischen Tages- und Nachtprogramm unterscheiden, so dass Sie nicht befürchten müssen, hierdurch eine Gewohnheit für die Nacht zu schaffen. Vielleicht hilft es Ihnen zudem, diese Phasen besser zu überstehen als allein mit brüllendem Kind zu Haus? Zusätzlich könnten Sie ggf. auch mit Ohrenstöpseln arbeiten, damit die schrillen Obertöne etwas abgepuffert werden, die uns Große eben so stressen und nerven. Nicht vergessen. Je unruhiger ihr Kind ist, desto mehr braucht es von Ihnen das Signal, dass alles in Ordnung ist. Für mehr eigene Ruhe zu sorgen (auch durch Entlastung und Hilfe) ist daher nicht egoistisch, sondern die beste Basis. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und bald mehr Ruhe am Tag! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 01.10.2015