Zubettgehen nur mit Papa

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Zubettgehen nur mit Papa

Guten Tag, folgende Situation: unsere Tochter fast 1 Jahr wurde früher im Wechsel von meinem Mann und mir ins Bett gebracht. Seit sie jede Nacht ab Ca. 23-24h zu mir ins Bett kommt (ungefähr seit 3 Monaten) lässt sie sich von mir abends nur sehr schwer zum einschlafen bringen. Sie kaspert dann rum, steht mehrfach auf, egal wie müde sie ist. Schreit wenn ich raus gehe. Bei Papa bleibt sie ruhig liegen, schreit nicht wenn er geht und schläft in ca 10 Minuten. Ich brauche meist ne 3/4 h. Auch tagsüber das gleiche. Selbst wenn ich mich mit ihr hinlege, schaukelt sie sich so hoch, dass ich teilweise richtig böse werde. Ich muss sie dann immer wieder einfangen und hinlegen. Dieses ständige Gezerre und auch mal festhalten bis sie dann endlich liegen bleibt, möchte ich nicht. Aber anders funktioniert es bei mir nicht. Wieso ist das so? Hat sie vor mir keinen Respekt? Nachts wenn ich sie zu mir hole ist es ok.

von Nesaja am 18.05.2016, 11:34


Antwort auf: Zubettgehen nur mit Papa

Liebe Nesaja! dieses Gekrampfe mit dem ins Bett bringen kann wirklich an den Nerven zerren. Ich kann Sie daher gut verstehen, wenn Sie das Verhalten Ihrer Tochter ärgert. Zumal ja hinzukommt, dass es beim Papa gut klappt. Da fühlt man sich als Mutter gleich doppelt bestraft. Ich kann Ihnen auch nicht mit völliger Sicherheit sagen, warum Ihre Kleine sich so verhält. Dafür kommen verschiedene Dinge in Frage. Was ich Ihnen aber versichern kann, ist dass es Ihrer Tochter (noch) nicht darum geht, sich durchzusetzen oder sie keinen Respekt vor Ihnen hat. Ihre Kleine will Sie auch nicht ärgern oder provozieren. Dazu sind Kinder in Ihrem Alter gedanklich noch überhaupt nicht in der Lage, weil Sie dafür zwei Dinge erst lernen müssen: a) Perspektivenübernahme: warum verhält sich der andere so und was hat das Ganze mit mir und meinen Verhalten zu tun a) echte Empathie: ich muss mich erst in die Gefühle des anderen hineinversetzen können um Rücksicht nehmen zu können Kinder in diesem Alter haben ein vollkommen egozentrisches Weltbild. Es ist Ihnen gar nicht klar, dass Sie anders denken, fühlen und handeln. Sie gehen davon aus, dass alles so ist, wie es für sie ist. Wir dürfen daher nicht ihr Verhalten mit unseren Erwachsenenaugen bewerten, denn das führt uns gedanklich in Irrwege, die eben für Wut, Frust und Hilflosigkeit sorgen. Hilflos zusehen und erdulden, müssen Sie aber nicht! Ich denke, dass Ihre Kleine einfach merkt, dass Ihr Verhalten bei Mama klappt, bei Papa aber zu keinem Ergebnis führt. Manchmal schaffen es die Väter schlicht, klarer und eindeutiger zu sein, weil sie selbstsicherer sind und sich nicht von den typischen Mütterzweifeln und -gewissenbissen geplagt werden. Sie wissen, ihr Kind ist müde, bringen es ins Bett und Punkt. Das merken auch die Kleinen und bekommen durch diese Sicherheit ebenfalls Sicherheit. Wir dagegen (und ich schließe mich da explizit ein), fragen uns dann schon meist nach dem ersten Seufzer, was wir falsch machen, ob wir unserem Kind schaden, was jetzt pädagogisch wertvoll wäre usw. Diese Unsicherheit merken Kinder. Und was tun Kinder bei Unsicherheit: Sie werden unruhig und probieren allerlei aus, um sich zu orientieren und herauszufinden, was jetzt wie laufen soll. Ihre Tochter weiß dabei nicht, was ihr Verhalten für Konsequenzen hat, sondern sie weiß, dass Mama sie bisher immer begleitet hat. Das dürfen Sie auch weiterhin, nur würde ich hier klarere Grenzen und damit auch klare Signale setzen. Vielleicht können Sie sich ja mit einer Art sanften Schlaftraining anfreunden: bringen Sie Ihre Kleine wie gewohnt ins Bett und setzen Sie dann ein zeitliche Limit für die Zeit, die Sie im Zimmer bleiben (vielleicht zunächst 15 Minuten). Dieses fahren Sie dann schrittweise runter. Reden Sie vorher mit Ihrer Tochter: "Mama guckt jetzt noch ein Buch mit dir an, danach ist Schlafenszeit" Dann verabschieden Sie sich (So, jetzt schlaf schön. Ich lass die Tür auf und guck gleich noch mal nach dir). Dann kommen Sie nach ca. 2-3 Minuten wieder rein und zwar egal ob Ihre Tochter schreit oder nicht. Wenn Ihre Tochter aufgestanden ist, legen Sie sie wieder ohne viel Gerede oder Tamtam hin und verlassen wieder den Raum usw.usw.usw. Die ersten Abende werden sicher nicht toll und sicher schlimmer als bisher. Es wäre jedoch auch widersinnig, wenn es anders wäre... Wichtig ist, dass Sie sich nicht verunsichern lassen! Jede Änderung braucht Zeit. Als Faustregel 14 Tage. Klappt es also nach ein oder zwei Tagen nicht, heißt es dranbleiben und weitermachen. Wichtig ist zudem, alles was klappt zu loben, loben, loben und zu motivieren (Du schaffst das!), während alles, was nicht klappt einfach unkommentiert bleibt. D.h. auch wenn es schwerfällt, sollten Sie sich negative Kommentare sparen, denn auch negative Aufmerksamkeit ist Aufmerksamkeit. Ansonsten suchen Sie sich Auszeiten, die Ihnen mal helfen abzuschalten. Wahrscheinlich ist Ihr Mann abends einfach ein Stückweit gelassener und ruhiger, weil es eben nicht den ganzen Tag "Kinderkram" zu meistern hat. In der Ruhe liegt die Kraft, gilt daher auch für uns Mütter! In diesem Sinne, alles Gute für Sie drei! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 23.05.2016